Darmstadt den 18 Octob. 64.
Mein lieber Herr und Freund!
Ich erwiedre Ihre Anrede so herzlich als sie mir von Ihrer Seite geworden. Es kann
mich nur freuen, wie nur ehrenvoll sein von einem Manne wie Sie Freund genannt zu
werden! — In Eile nun noch eine Mittheilung um Sie zu beruhigen. Die Weimarer Archive
kenne ich durch und durch. Von der Partitur des Waldmädchens
ist keine Spur
dort zu finden. Entweder hat sie Anno damals Kirms dem alten Weber wieder
zurückgesendet, oder, war sie vorhanden, so ist sie bei dem
großen Theaterbrande (1821 oder 25, ich weiß es in diesem Augenblick nicht genau), zu
Grunde gegangen, mit andern Schätzen. Die W.Weimarer
Theater-Bibliothek besitzt ein Exemplar der Partitur der Silvana, jedoch in Copie wie W. damals an alle Theater sandtePartiturkopie mit autographen Eintragungen, D-WRdn, Bestand Deutsches Nationaltheater Weimar DNT 116.. Ich habe diese Partitur zu Hause und es passirte mir sogar ein
kleines Mahleur damit. Ich erinnere mich nicht mehr genau ob Weimar die Silvana
aufgeführt hat, gewiß aber weiß ich daß das Waldmädchen
nie aufgeführt worden ist, denn bei Abhaltung jener Episode
aus Goethes Theaterleitung, den alten Weber betreffend, sah ich nach, genau nach und
fand obiges Resultat. Es ist also nichts dort zu wollen und zu haben. Wünschen Sie aber etwas von Weimar, so geben Sie mir nur einen Wink; ich habe dort Freunde die mir Alles zu Gefallen thun. Also verfügen Sie über mich, ich stehe gerne, wie immer zu Diensten.
Die Canon-Frage hoffe ich auch zu Ihrer Zufriedenheit zu lösen — in irgend einer entscheidenden Weise. Sie müssen nur etwas Geduld haben. Künftige Woche hoffe ich
Ihnen darüber schreiben zu können.
Im Falle Sie die PartiturD-F, Mus Hs Opern 609 (1). von Frankfurt nicht mehr gebrauchen bitte ich Sie mir
solche anherzusenden. Ungemein hat es mich gefreut zu vernehmen daß Ihnen dieselbe zwei Fragen beantwortet hat.
Die Briefe des alten Webers an Kirms sind doch recht interessant; sie enthalten sogar
Details die der Sohn in seinem Lebensbilde nicht benuzte, und doch habe ich demselben
einen ersten Abdruck des Artikels (erschien in den Wiener Recensionen vor einigen
Jahren) unter Xband nach Dresden gesendet, erhoffend daß ihm die Mittheilung nicht ungelegen käme!
Jezt behüte Sie Apoll, oder die heilige Caecilia und gebe Ihnen Muth und Ausdauer Ihr
schönes aber schwieriges Unternehmen weiter und zu glücklichem Ende zu führen!
Mit herzlichstem Gruß und der Bitte mir meine flüchtigen Briefe vergeben und zu Gute
halten zu wollen, verbleibe ich wie immer Ihr Sie hochschäzender
und ergebenster
Ernst Pasqué
Noch halb im Vertrauen die Mittheilung daß die Original-Urkunden worin Goethes
Theaterleitung, die ich sämtlich in Weimar an den
verschiedensten Orten als Maculatur kaufte und erwarb, sich
nunmehr wieder in Weimar befinden. Ich habe sie dem GroßherzogCarl Alexander Großherzog von Sachsen-Weimar-Eisenach (1818–1901) übermacht und — — kaum einen Dank dafür erhalten! — So gehts!
EP.