## Title: Josef Gänsbacher an Friedrich Wilhelm Jähns in Berlin. Wien, Mittwoch, 7. März 1866 ## Author: Gänsbacher, Josef ## Version: 4.9.1 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A043229 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Verehrtester Herr Kapellmeister Sie müßen mir mit Recht zürnen, daß ich Ihr werthes Schreiben so lange unbeantwortet ließ. Ich wollte gerne Ihren Wunsch erfüllen u. Ihnen senden was ich noch an interessanten Briefschaften meines Vaters im Besitze habe – inzwischen kam Professor Nohl aus München u. entführte mir Alles, mit dem Versprechen der Zurücksendung binnen 4 Wochen. Seither sind Monate vergangen u. ich habe noch immer nichts bekommen. Ich benutze indessen die sich darbiethende gute Gelegenheit Ihnen wenigstens Ihre Weber-schen Tänze zurückzustellen, die Sie durch die Güte der Frau Marie Wilt erhalten. Zugleich erlaube ich mir Ihnen diese Dame, eine langjährige musikalische Freundin, fast darf ich sagen Schülerin von mir auf das Wärmste zu empfehlen. Sie ist von sehr guter Familie, ihre Mutter die Schwester des ehemaligen Justizministers Baron Pratobevera, ihr Gatte Ministerial-Ingenieuer. Schon seit Jahren als Concertsängerin in Wien sehr geschätzt, ließ sie sich endlich durch den Drang ihres Talent[s] u. das Zureden vieler musikalischer Autoritäten bewegen sich der Bühne zu widmen, wozu sie ihre wunderbar schöne u. große Stimme u. ihre seltene musikalische Begabung in hohem Grade befähigen. Sie wird in Berlin auf Engagement gastiren, u. im April für diese Saison nach London gehen, wohin sie von der Direktion des Convent-Garden Theaters hier engagirt wurde. Wenn Sie dieser Dame, welche in Berlin ganz fremd ist, mit freundlichem Rathe an die Hand gehen, u. sie mit weiteren musikalischen Empfehlungen unterstützen wollen, so werden Sie mich zu dem größten Danke verpflichten. Die großen u. nach den Zeugniße der Journale u. ganz unpartheiischen Privatpersonen wohlverdienten Triumphe welche sie bei ihrem Auftreten in Graz als Donna Anna Valentine u. Fidelio errang, laßen mich hoffen, daß es ihr auch in Berlin an einen guten Erfolge nicht fehlen werde. Verzeihen Sie, verehrtester Herr Kapellmeister, daß ich die flüchtige Bekanntschaft aus Briefen, welche zwischen uns besteht, u. welche leider noch nicht zu einer persönlichen geworden ist, dazu benutze, Sie um einen Dienst zu bitten, seien Sie aber überzeugt, daß ich lebhaft nach einer Gelegenheit verlange, Ihnen einen Gegendienst zu erweisen. — Genehmigen Sie die Versicherung vorzüglicher Hochachtung mit welcher ich verharre Ew. Wohlgeboren ergebenster Dr. Gänsbacher Wien 7. März 1866.