## Title: Franz Weber an Friedrich Wilhelm Jähns in Berlin. London, Freitag, 16. Juni 1882 ## Author: Weber, Franz ## Version: 4.9.1 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A044405 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ 20 Maitland Park Road Haverstock Hill London N. W. Juni 16 / 82 Mein sehr geehrter Herr Professor, Von meinen Briefschulden Ihnen gegenüber vorläufig noch schweigend, muß ich Ihnen doch heute wenigstens mit ein paar Worten über die am vorigen Dienstag stattgefundene Vorstellung der „Euryanthe“ berichten. Die gegenwärtig unter Hans Richter's Leitung im Drury Lane Theatre statthabende deutsche Opern Saison beschäftigt sich fast ausschließlich mit der Vorführung Wagner'scher Opern, nur „Fidelio“ und „Euryanthe“ machen die Ausnahme, und die Vorführung der Letzteren, die seit Juni 1841 nicht hier gehört worden ist, war jedenfalls ein Ereigniß zu dessen Zustandekommen man dem Herrn Unternehmer nur danken kann. Die Aufführung war im Ganzen eine prächtige, Orchester und Chor, mit ein oder zwei Ausnahmen, ganz vorzüglich. Die Sucher überschrie sich hie und da, war aber sonst eine edle Darstellerin des Charakters der Euryanthe ebenso wie die P-Leutner der Eglantine. Nachbaur als Adolar war gar zu bühnenmäßig, dagegen Gura als Lysiart unübertrefflich, sowohl in Gesang als in Spiel, und seine Scene „Wo berg' ich mich“ riß alles mit sich. Das Publikum worunter natürlich sehr viel Deutsche (auch Benedict, der bei der ersten Wiener Aufführung zugegen war) war sehr freigebig in Beifallsrufen wie die Stimmung überhaupt eine festlich gehobene [war] die mir sehr wohlthat. Ich schließe den Programmzettel bei. Bald wieder etwas Ausführlicheres von Ihrem, scheinbar Untreuen, aber doch treu Ergebenen Franz Weber Ich war längere Zeit recht unwohl sonst hätten Sie schon lange von mir gehört.