## Title: Franz Weber an Friedrich Wilhelm Jähns in Berlin. London, Mittwoch, 15. Dezember 1886 ## Author: Weber, Franz ## Version: 4.9.1 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A044504 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ 86 Regina Road Tollington Park N. London 15 Dez. 1886. Mein lieber hochgeehrter H. Professor, Ihr liebenswürdiges und so freundlich ausführliches Schreiben vom 15–18 vor Mts enthielt, neben vielem Erfreulichen, auch gar manches des Betrübenden, in Betreff namentlich Ihrer Gesundheit und derjenigen Ihrer Gattin, daß ich daran den allerherzlichsten Antheil nehmen mußte. Auch Ihre Besorgniß über den Zustand der Letzteren konnte ich wohl zwischen den Zeilen lesen, und so traf mich die sobald danach folgende Trauernachricht nicht ganz unvorbereitet an. Ist es nöthig, mein lieber Professor, daß ich Sie in längeren Reden meines innigsten Antheils an Ihrem herben Verluste versichere? Ich denke zwischen uns bedarf es dessen nicht, und auch nicht der Trostgründe von meiner Seite; die haben Sie aus der Tiefe Ihres eigenen, reichen Gemüths längst hervorgesucht, und in der liebevollen Umgebung von Kindern und Enkelkindern Linderung Ihres Schmerzes gefunden. Was die Verewigte Ihnen gewesen, kann ich einigermaßen aus vereinzelten Andeutungen in Ihren lieben Briefen schließen. Noch Ihre neuliche Bemerkung, in Betreff der Abschrift der 289 Weber'schen Briefe, schien mir ein beredtes Zeichen der Antheilnahme an den Studien und geistigen Interessen des Gatten zu sein. Sicher habe ich mich darin nicht getäuscht, und kann die Größe Ihres Verlustes einer solchen wahren Lebensgefährtin um so eher ermessen. Daß Sie dabei noch immer von der leidigen Gicht heimgesucht sind ist mir doppelt betrübend. Möge dieser schlimme Gast Sie doch recht bald verlassen, und der Allmächtige Ihnen Muth und Kraft verleihen zur Vollendung Ihres schönen Weber Denkmals; das wünsche ich Ihnen von ganzem Herzen! Ich schließe für heute, sonst zieht sich die Absendung dieser Zeilen noch mehr in die Länge als es bereits der Fall ist. Meine Zeitung muß vor Weihnachten noch fix und fertig sein, und so drängt sich die Arbeit in diesem Monat stark zusammen. Ueber die Livius'sche Bearbeitung des „Freischütz“ schreibe ich Ihnen noch mal ausführlicher, falls nämlich für meinen „Weber in London“ sich kein opferfreudiger Verleger finden sollte im lieben deutschland. Mit herzlichstem Gruß der Ihre F.Weber Sollten Sie Gelegenheit finden nochmals mit Lienau meine Angelegenheit zu besprechen, so bin ich Ihnen sehr dankbar. Hat er denn gar keinen Vorschlag zu machen?