## Title: Der Adelstitel der Familie von Weber ## Author: Frank Ziegler ## Version: 4.9.1 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A090047 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Carl Maria von Weber führte sein gesamtes Leben hindurch den Titel eines Freiherrn / Baron; seinen Siegelring wie auch sein Siegel-Petschaft ziert das freiherrlich von Webersche Wappen. Sein Vater Franz Anton stammte allerdings, wie Friedrich Hefele nachweisen konnte, aus einer bürgerlichen Familie und war nie geadelt worden. Er hatte sich den Adel vielmehr „von eignen Gnaden“ verliehen. Sohn Carl Maria scheint um diese Manipulation nicht gewusst zu haben, war er doch mit dem väterlichen Titel aufgewachsen. Die „Standesaufwertung“ Franz Anton von Webers fällt bereits in seine Hildesheimer Zeit: In der Ernennungsurkunde zum Amtmann von Steuerwald vom 24. Mai 1758 wird er noch als bürgerlicher „Franz Anton Weber“ tituliert, bei seiner Eheschließung am 13. Februar desselben Jahres hatte er sich im Kirchenbuch jedoch als „Franciscus Antonius de Weber“ eintragen lassen, als wolle er sich seiner Ehefrau Maria Anna, geb. von Fumetti, als gleichrangig erweisen. Der Titel Freiherr / Baron findet sich in Zusammenhang mit der Familie Weber erst viel später: Bei der Taufe der jüngsten Tochter aus zweiter Ehe am 16. Juni 1797 ließ der Kindsvater die Patin, seine Schwester Adelheid (von) Weber, als „verwitwete Baronin von Webern“ ins Taufregister eintragen (tatsächlich war sie eine geschiedene Frau Krebs). Des Freiherrentitels scheint sich Franz Anton von Weber allerdings schon zuvor bedient zu haben; das freiherrlich von Webersche Wappen führte er jedenfalls bereits 1778, zumindest trägt sein Brief vom 12. Juli 1778 an den Verlag Breitkopf & Härtel ein entsprechendes Siegel. Webersches Wappen auf einem Albumblatt von Otto Cyriak Weber (1584) Dieses Wappen war zweimal offiziell verliehen worden, erstmals im August 1568 an den bürgerlichen Arzt-Sohn Johann Baptist Weber (I.) bei seiner Erhebung in den niederösterreichischen Ritterstand. Erst dessen Enkel Johann Baptist Weber (III.) erhielt am 23. Dezember 1622 den Freiherren-Titel. Diese tatsächlich geadelte Familie mit Stammsitz in Bisamberg (nördlich von Wien) starb mit der dritten Generation im Mannesstamm aus, hatte also keinen männlichen Erben, der den Titel weiterführen konnte. Daher wurde das frei gewordene Wappen am 29. Dezember 1718 wiederverwendet, als der (nicht verwandte) thüringische Pfarrerssohn Johann Conrad Weber in den Adelsstand erhoben wurde, dessen Nachfahren offenbar noch in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts lebten. 1804 versuchte Franz Anton von Weber, der offenbar um die zweite Wappensverleihung von 1718 nicht wusste und das Wappen für „verwaist“ hielt, seiner „Selbstadelung“ auch offiziellen Charakter zu verleihen. Die Zeit schien dafür günstig; die napoleonischen Kriege und die damit verbundenen Territorialverschiebungen führten allerorten zu einer Neuordnung. Am 17. Februar 1804 wandte der selbsternannte Freiherr sich mit einer Bittschrift an Hieronymus von Colloredo-Waldsee, die an Dreistigkeit kaum zu überbieten ist: Er behauptete, einen kleinen (frei erfundenen) Landsitz bei Augsburg besessen zu haben, der von den heranrückenden französischen Truppen geplündert worden sei, wobei er alle Familienpapiere, besonders die Adels-Diplome, verloren habe. Kurzerhand erklärte er den 1643 ohne männlichen Erben verstorbenen Johann Baptist Weber (III.) zu seinem „Urälter Vater“ und erbat eine erneute Abschrift von dessen Adelsdiplom. Tatsächlich erhielt er am 19. März 1804 einen entsprechenden Auszug, aus den Adelsmatrikeln, in dem Franz Anton von Weber ausdrücklich als „Urenkel“ genannt ist, d. h. die unterzeichnenden Beamten hatten Webers Phantasiegeschichte für bare Münze genommen und keine zusätzlichen genealogischen Überprüfungen vorgenommen. Dabei hätte ein Blick in Gauhes Adelslexikon von 1747 genügt, in dem es ausdrücklich heißt: „Der letzte Johann Baptista Freyherr von Weebern, so um die Mitte des vorigen Seculi verstorben, hinterließ nur eine Tochter“, d. h. die Familie war in männlicher Linie erloschen. Aber auch in der Beglaubigung durch den Wappenmaler Heideloff wird die angebliche Erblinie bestätigt („Uraltvater“). So ermuntert ließ Franz Anton von Weber noch zwei weitere Dokumente ausstellen: die mit 12. April 1804 datierte Bestätigung der Erhebung des letzten Johann Baptist Weber in den Freiherrenstand sowie undatierte, vom Archivar des Ritterstandsarchivs Groppenberger von Bergenstamm zusammengestellte ergänzende Aktenauszüge. Nach Augsburg zurückgekehrt, suchte Vater Weber einen Notar auf und ließ sich die Heideloff-Beglaubigung zum Adelsmatrikel-Auszug nochmals bestätigen. Die Urkundenfälschung ging soweit, dass Franz Anton von Weber die in Wien erhaltenen Unterlagen mit einem Umschlag versah, auf dem er notierte, dass es sich um „Vidmirte“ (also beglaubigte) Kopien handele; er selbst unterschrieb diese Notiz im Namen eines Registrators der Reichshofkanzlei: Nikolaus von Wolf. Mit wachsendem Alter wuchs offenbar auch die Geltungssucht Franz Anton von Webers; in seiner schlesischen Zeit versuchte er weiter, seine Adelslegende zu legitimieren. Am 30. August 1806 entwarf er eine Stammtafel seiner Familie, in der mehr oder minder geschickt Tatsachen und Fiktion vermischt werden. Auch dort wird Johann Baptist Weber (III.) zum „UrälterVater“ erklärt und die französische Plünderung ins Jahr 1796 verlegt (in diesem Jahr lebte die Familie allerdings nicht in oder bei Augsburg, sondern bis Februar in Salzburg, ab März in Hildburghausen, also weitab von allen Kriegshandlungen). Offenbar behelligte Vater Weber auch den Gastgeber seiner Familie im schlesischen Carlsruhe, Eugen Friedrich Heinrich von Württemberg, mit seinen Adels-Schwindeleien; der fühlte sich jedenfalls bemüßigt, als er Carl Maria von Weber zu seinem „Musick-Intendanten“ ehrenhalber ernannte, zu betonen, dass er dessen „persönlichen Charakter und guten Eigenschaften“ schätze, seine „Familien Verhältnisse“ dabei aber keineswegs berücksichtige. #lb#Carl Maria von Weber dürfte keinen Zweifel an seiner vermeintlichen adligen Abstammung gehegt haben; unter seinen Schriftstücken findet sich nur ein einziger Hinweis darauf, dass er sich überhaupt mit dieser Thematik auseinandersetzte: Der Tagebucheintrag vom 14. September 1822 besagt, dass man ihm aus Weimar das „Adels-Diplom des Conrad Weber“ (wohl in Kopie) zugesandt hatte. Ob die Initiative dazu von ihm selbst ausgegangen oder Weimarer Bekannten das identische Wappen der thüringischen Webers aufgefallen war und sie auf eigene Faust recherchierten und Weber lediglich über die Ergebnisse ihrer Nachforschungen informierten, darüber gibt die kurze Notiz keine Auskunft. #lb# Webersches Wappen in Siebmachers Wappenbuch, Tafel 39 Erst folgende Generationen setzten sich intensiver mit der familiären Tradition auseinander, so Friedrich Hubert von Weber, der etliche ältere Personalpapiere in Verwahrung hatte und an einer (leider nicht überlieferten) Familiengeschichte arbeitete. Auch Max Maria von Weber stellte seinem Weber-Lebensbild eine genealogische Einleitung voran und hielt dabei an der Festschreibung Johann Baptist Webers (I.) als Stammvater der Familie fest, obwohl er wusste, dass „dessen direkte Abkommenschaft [...] ausstarb“, wie er in einem Brief von 1862 schrieb. Zur Untermauerung der angeblichen Familientradition wies er ausdrücklich auf ein Schriftstück von Johann Baptist Weber (III.) hin, das sich unter den von ihm verwahrten Familienpapieren befand. Dessen Quittung vom 11. Juli 1619 war freilich kein lang gehütetes Familien-Erbstück; vielmehr hatte Friedrich Wilhelm Jähns sie offenbar im Antiquariatshandel erworben und erst am 8. September 1850 an Max Maria von Weber verschenkt. Schließlich gelang es den Nachfahren in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, mit ihren falschen Abstammungsangaben Aufnahme in mehrere Adelsverzeichnisse zu finden, freilich nicht in das einschlägige, den „Gotha“ (Genealogisches Taschenbuch der Freiherrlichen Häuser). Die Webers tragen bis heute – nun übrigens rechtmäßig – den Titel Freiherr; die Legende von ihrer adligen Herkunft ist jedoch seit der Publikation der Forschungsergebnisse von Friedrich Hefele 1926 eindeutig widerlegt.