## Title: Heinrich Blümner an Friedrich Kind in Dresden. Leipzig, Montag, 30. August 1824 ## Author: Blümner, Heinrich ## Version: 4.9.1 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A042194 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Leipzig, den 30. August, 1824. Gestern, mein theuerster Freund, hat Ihr Freischütz hier sein Jubiläum gefeiert, er ist zum fünfzigstenmale aufgeführt worden. Küstner wollte dies, nicht blos auf dem AnschlagZettel, bezeichnen, und eine Feier des Wort- und des Ton-Dichters damit verbinden. Die deshalb nöthig befundne Abänderung der Katastrophe war bereits ausgeführt, als er sie mir mittheilte. Vielleicht wäre der Gedanke anders zu behandeln gewesen. Indeßen mußte die Hauptsache bleiben, und ich konnte nur die Einleitung abändern. Annchen nehmlich – (der Schluß von des Eremiten Worten: [„]doch jezt erhebt“ blieb weg,) bat den Grafen, den Brautleuten das Probejahr zu erlassen. Der Graf wieß dies zurück, weil er selbst von zwei Obern abhängig sey, die nun einmal das Probejahr wollten, und bezeichnete den Dichter und den Tonkünstler. Kind und Weber! erwiederte Annchen, die lieben Leute! sie kenne sie beide wohl, und bei ihnen werde der Graf die Gewährung der Bitte schon verantworten. Schon 49.mal wäre das Brautpaar auf das Probejahr verwiesen worden. Sollten sie heute zum 50sten male vexirt werden? So kämen Sie ja nimmermehr zum Ziel. – Lächelnd gab der Graf nach, versprach es bei dem Künstlerpaar den Obern zu vertreten, die sie aber auch immer recht in Ehren halten sollten. Annchen winkte den Brautjungfern, und diese brachten einen bekränzten Altar, auf welchem […] zwei Lyren hing[en]. Sie stimmten wieder die Brautgesangs Melodie an, feierten und ließen hoch leben den Dichter und Künstler, und ein Transparent zeigte sich mit den Worten: Heil dem Meisterpaar. – der Vorhang fiel, und das Publikum bezeigte seine lebendige Theilname. So, liebster Freund, haben wir hier an Ihrem Werke gepfuscht, was Sie des guten Willens wegen uns zu Gute halten mögen. Devrient aus Berlin ist nun bereits 14. Tage hier, und hat, bedenklicher Krankheit halber, noch immer nicht auftreten können. Übermorgen endlich, hoffen wir, wird er den Juden geben. Unterdeßen hat uns Mad. Grünbaum in einigen Opern sehr ergetzt. Ein neuer Tenorist, Vetter, ist angenommen, der viel verspricht. Morgen wird M. Werner – die wir auf Ihrer Villa besuchten, Sie wißen doch noch? – auf der Eilpost nach Dresden reisen. Ich weiß nicht, ob Ihnen einen Gegenbesuch zu machen. Immermann, der Verfasser des Thales von Ronceval war einige Tage hier. Ein interessanter junger Mann. – Leben Sie wohl, theuerster Freund, und erhalten Sie Ihre Gesinnungen Ihrem H. Blümner