Liebe gute Koch!
Ihr herzlieber Brief hat dem Muks und mir
viele Freude gemacht, denn Ihr langes Stillschweigen lies uns
fast befürchten, die Reise mögte Ihnen nicht gut bekomen sein.
Drum war ich auch doppelt froh ein lebens, und gesundheits
Zeichen von Ihnen zu erhalten. Ich kann es mir wohl denken liebe Freundin in welchen
Trubel von Geschäften, und Besuche geben und empfangen Sie sich gleich stürtzen musten
und habe Sie mit Weber schon recht
bedauert. Jetzt geht aber wohl schon alles wieder den alten gang, und so hoffe ich nun
auch dann und wann etwas von Ihnen zu hören. So, Sontags morgen
ehe die Kleider weg gekramt werden giebts wohl so ein halb
Stündchen daß mit den WebersLeuten verplaudert werden kann, nicht wahr? Sie glauben
nicht liebe Koch, wie einsam und öde es uns die ersten Tage nach Ihrer Abreise war!Ausrufungszeichen mit Komma anstelle des PunktesFriederike Koch war nach mehrwöchigem Besuch beim Ehepaar Weber am 10. September 1818 nach Berlin zurückgereist.
noch einige Morgen ging ich in ihr Zimmer,
Sie zum Früstek zu rufen, und mein Alter lächelte dann recht wehmüthig. Jeden Tag sprechen wir
von Ihnen, und wünschen Ihnen so viel heitern leichten Sinn als man wohl bedarf die
Freuden des Lebens zu geniesen, und seine trüben Stunden nicht
zu Tagen und Jahren auszudehnen. Ich
hoffe aber Ihre wiederkehrende Gesundheit wird unseres Wunsches
Erfüllung im Geleite führen.
Doch nun soll ich auch wohl ein bischen
erzählen, wie die köstlichen Tage mit all ihrer Pracht erschienen – und vorüber gingen?Regierungsjubiläum von König Friedrich August I.
ich könnte Sie da freylich an ein Blatt der Abendzeitung verweisen wo all die
Schönensachen beschrieben stehen; aber da würden Sie mich faul
schelten, und den Vorwurf will ich mir doch nicht machen laßen.
also – umgewant –
den 15t eröffente Herr Linke auf dem Bade das Fest durch ein recht schönes Feuerwerk wo sich
besonderst ein, in blau brennender Tempel schön ausnahm der die
Elbe hinunter schwam. den 17t19 war in der erleuchteten Frauenkirche des Herrn
Kantor Ubers Kantate
– die aber gar nicht schön war, so wenig wie der Text,
von Kuhn. Aber der Sontag war der
eigendliche Festag. Da brumte schon um 6 Uhr unsere grose
Gloke und der ganze Magistrat zog über den Markt in die
Kreuzkirche. Das wimmeln und treiben auf unsern Markt hätten Sie sehen sollen, da war
alles voll, Kopf an Kopf. Später war dan in der katolischen Kirche
Te DeumTagebuch 20. Sept.: von Hasse
pp und großes Amt unter immerwährenden Kanonen Salwen und geläut
der Gloken, was, wie Sie denken können einen ergreifenden Eindruk machte. Um 4 Uhr ging
man schon in das grose Conzert ins OpernHaus, wo alles aufs prächtigste geschmükt war.
Schon den Saal zu sehen mit seinen 6000 Lichtern ist ein
imposanter Anblik, und nun vollens gefüllt mit Köpfen voll Brillianten, und den ganzen Hof in grösten Glanz – ich wollte nur, Sie
hätten das sehen können. Das Conzert an sich, war ganz
unbedeutend und Webers Ouvertüre das eEinzige was Efekt machte, dann sang Mell Funk eine gar nicht hieher paßende Arie, dann
ein Duett, mit Sasarollin recht falsch.
Dan spielte Poledro ein rusisches Conzert, dan Herr Rode ein Rondo auf der Klarinette,
und den Beschluß machte ein elendes TerzettQuartett, von der Funk, Sasarolli, und Tibaldi gesungen. Aus dem Conzert ging man nun die
Illuminationen besehen wo besonderst auf unsern Markt eine hohe ThriumpfSeule
recht schön war. Auch der Hoff fuhr, unter lauten Vivat geschrey
durch die Stadt, und gegen 11 Uhr kam noch ein groser Zuch mit Fakeln der dem König ein
Vivat am Schloße brachte. So endete dieser, gewiß für alle Sachsen recht frohe Tag, und (was würklich ein groser Beweiß der Sittlichkeit hier
ist) und endete ohne die geringste Unortnung oder pöbelhafte Ausgelaßenheit erzeucht zu
haben: es war eine reine
Herzens Fröhlichkeit die alle belebte. Den Montag war wiederZu den Aufführungen des Festspiels am 20. (Sonntag) und 21. September 1818 (Montag) vgl. den Spielplan in der Abend-Zeitung vom 7. Oktober 1820. im
Theater das kleine Festspiel, vom Dr: Rumlak welches mit lauten
Beyfall aufgenomen wurde; doch nun kome ich zur Nachfeyer, und
da hieß es: Ende gut, alles gut! Sie können nicht glauben was schon nach den Proben von
Webers Cantate für ein Redens und Rühmens davon war, und wie sich alles darauf freute.
Die Kirche war ganz voll, und schon die Ouvertür machte eine außerortendliche Würkung. Nun kam Herrn Morlachis Arbeit, die etwas
langweilig war, und auch nicht gut ging, dann einige Chöre von Händel, und zum Schluß
Webers Kantate. Sie hätten sehen und hören sollen mit welcher Lust und Liebe die von
Seiten des Orchesters und der Sänger vorgetragen wurde!Ausrufungszeichen mit Komma anstelle des Punktes wie alles gleich von einen andern Geist beseelt schien.
Der gute Küsting der der Aufführung beywohnte, kann Ihnen
erzählen, wie diese Arbeit die ich selbst für eine der
gelungensten halte, aufgenomen wurde. Allgemein wurde sie noch einmal begehrt, und die
Aufführung war auch schon auf den 25ten festgesetzt, aber Herr Morlachi fand es für gut sie zu hintertreiben indem er es veranstaltete das einige
seiner Sänger krank wurden. Seit dieser Zeit ist bey ihm wieder Feuer in allen Eken, und
er spaart Ränke und Kniffe nicht meinen Muks das Leben sauer zu machen, aber er hat auch
zugleich, durch sein niedriges Betragen, bey dieser Gelegenheit, sich so viele Feinde
gemacht, daß man öffendlich, sagte: man sollte die Italiäner auspfeifen, und Herrn M: düchtig durchprügeln.
den 19t Oc: wird
nun Webers Cantate in Leipzig in der Kirche zum besten der Armen aufgeführtZur Aufführung in der Leipziger Universitätskirche vgl. die Presseberichte., und ich
bedaure nur das wir nicht hin können es mit anzuhören. Ein Gedicht auf Webers Arbeit,
können Sie in der AbendZeitung No: 231
lesen. So! nun habe ich all unsere Herlichkeiten erzählt, und
nun an die eigendliche Beantwortung Ihres Lieben briefs; also: Das bewuste Länge- und
Dike-Maas wird bald verschikbar sein, und mein Appetit nimt täglich zuCaroline von Weber war schwanger; am 22. Dezember 1818 brachte sie Auguste von Weber zur Welt.. Auch mit dem
Schlaf geht es noch so ziemlich. Mit der Christel bin ich noch
sehr zufrieden, denn sie folgt nicht den Beyspiel der Frau in
Betreff des länge- und- Dike-Maases; das ist ein groser Trost für mich. Meine
Einkäufe sind gut von Statten gegangen, und ich habe dabey unentlich oft an Sie gedacht.
denn die Leinwandt wie Sie sie zu Tüchern haben, hätten Sie für
3 bis 6 Groschen bekomen. Ich habe für 5 gr: recht sehr hübschen Katun gekauft, der sich
gut wäscht.
Nach Ihren Strümpfen habe ich fragen laßen
weil wie mir die Segnitz hat sagen laßen eine Gelegenheit wäre
Ssie Ihnen zu schiken, aber die Hannmann lies mir sagen: erst in ein paar Tagen
würden sie fertig, doch hoffe ich sie Ihnen noch mit Mell Markuse schiken zu können wenn
sie erst Dinstag abreistVgl. den Tagebucheintrag vom 14. Oktober 1818.. Wegen der Preiselbeeren kann ich Ihnen noch nichts bestimtes
schreiben weil Wiesner erst den Mann abwarten muß, der sie für ihn besorgt, doch hoffe
ich auch daß wird sich machen laßen.
Der armen Hellwig geht es sehr schlecht, und Sie können immer ihre Verwanten auf eine nahe
TodesPost vorbereiten, denn seit 3 Tagen erwartet man stündlich
ihre Auflösung. Was die arme Frau für Schmerzen leidet, und wie jeder Augenblik eine
neue Qual für sie bringt, davon kann man sich keine Idee machen – Er ist außer sich,
und ebenfals ganz unkentlich vor Gram und Sorge – der arme Mann! Er leidet
unentlich.
Nun meine beste Koch, habe ich aber auch genug
geplaudert und Sie werden sagen: nun gott Lob! gehts einmal zu Ende! Ja sehen Sie: wenn
ich einmal anfange da ist es mir eine rechte Freude mich ausschwazen zu können, und ich
rechne dabey freylich auf Ihre Güte und Gedult. Auch habe ich die Spekkulation dabey daß
Sie auf ein[en] so langen Brief auch werden viel antworten müßen, und das ich mir also
doppelte Freude damit mache.
Doch nun Punktum. nun nur noch 1000 herzliche Grüße an alle Bekante und Ihnen 1000 Küße von
Ihrer Lina.
Meine liebe gute Koch!
Sie werden nun schon öfter mit den Berichten meines dikken Sekretärs
vorlieb nehmen müßen, der denn doch eher Zeit als ich findet, mit unsern Freunden zu plaudern
und ihnen zuweilen einen kleinen Ueberblik unsers Lebens, Leidens, und Freuens zu
gewähren. Ich habe seit meinen lezten Arbeiten, wegen manichfachen kleinen Verstimmungen
nicht wieder zum arbeiten kommen können, deshalb habe ich H: Schleßinger noch nicht
gewantwortet dem ich nun ganz bestimmt zugleich wenigstens Etwas
mitsenden will, ich bitte ihm dieses mit meinen freundlichsten Grüßen zu sagen, auch daß
es mich freue daß Er die Kantate übernehme, weßhalb ich ihm auch noch zugleicher Zeit
andere bedeutende Vorschläge machen werde.
Strümpfe folgen hier 3 Paar, die übrigen mit
nächster Gelegenheit, für beikomenden Schmalz und auch noch nöthige Baumwolle habe ich
13 gr: 6 pf: ausgelegtVgl. die Tagebuchnotiz vom 14. Oktober 1818., die ich mir Gelegentlich per Wechsel auf
irgend ein großes Handelshaus erbitte.
An Lichtensteins, Wollanks
p p p p p p alles Erdenkliche, besonders auch ins Beersche Haus.
Wir gedenken Ihrer sehr oft, thun Sie daßelbe und behalten Sie lieb
Ihre wahren
Freunde Webers
d: 14t 8b 1818.
Hier ist eine gewiße Frau Dr: Heinike
aus Berlin , will Composition studiren, –
kann nicht dienen – wer ist das Wesen?