## Title: Caroline von Weber an Friedrich Wilhelm und Ida Jähns in Berlin. Dresden, Dienstag, 21. Juni 1836 ## Author: Weber, Caroline von ## Version: 4.9.1 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A046107 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Meine lieben guten Kinder Mit vollen Herzen nenne ich Euch so, Ihr guten, guten Menschen! Welch innige Freude habt Ihr mir gemacht! wie soll ich Euch so viele Liebe danken! Mit Freudenthränen habe ich Euren Brief gelesen mein guter Jähns, und hätte viel darum gegeben Ihnen dankend die Hand drüken zu können. Vergelten kann ich es nie was Ihr für mich thut, nur herzlich, mütterlich, Euch lieben das werde ich so lang ich lebe. Wie oft schon habe ich gewünscht guter Jähns Sie mögten Weber persönlich gekant haben, und doch dünkt es mir auch oft, es ist so besser. Sie kennen sein schönstes Selbst aus seinen Werken; seine Seele spricht zu Ihnen aus seinen Tönen; und Sie verstehen ihn. Sie gehören ihm, er ist Ihr Eigenthum, kann es ein schöneres Band geben als das was Sie ihm verbindet? Nicht der kleinste Schatten des nichtigen Erdentreibens stört Ihr schönes verklärtes Bild, ihnen ist er ganz was er war. O lieben Sie ihn ferner! Sein Geist wird Sie leitend umschweben immerdar! — Einsam, wie immer, brachte ich den 6t Juni in den Gedanken an Ihn und Euch zu, und mit herzlicher Theilnahme dachte ich Eures liebevollen Strebens ihm eine würdige Todtenfeyer zu bereithen. Ist es doch als ob sein Geist, wie im Leben so nun jenseits noch, selbst das unvermeidlich Trübe uns mit rosigen Schleier verhüllen wollte; als ob grade an diesen Tage seine Liebe bey Gott eine Freude für uns erflehte. Vor 4 Jahren erstandt mein Max an diesen Tage von langer gefährlicher Krankheit, und diesmal danke ich seinen Andenken ja die Zeichen der liebevollsten kindlichsten Theilnahme guter Menschen. Ja ich weiss und fühle es „noch jetzt kömmt uns alles Gute durch ihn[“]. Wie freue ich mich darauf meine lieben Euch zu sehen! wie sehne ich mich, die liebe kleine Frau zu umarmen! Recht viel habe ich mir schon von der hübschen Susanne Wollank von Euch erzählen lassen, so dass selbst die äussere Erscheinung der lieblichen Ida mir nicht fremd sein wird. Fremd? wie könnte mir auch etwas fremd erscheinen was ich schon so herzlich liebe? Aber besten Kinder warum wollt Ihr denn in Neustadt wohnen? Die Brücke trennt gar so sehr, besonders bey grosser Hitze. Viel hübscher wäre es Ihr stieget in Stadt Berlin ab, da habt Ihr alle Kunstschätze in der Nähe, und Mutter Weber wohnt auch gar nicht weit. Ich hatte mir alles schon so ausgemalt, wie wir unser Beysammensein geniessen wollen. „Morgens mögt Ihr laufen und in der Stadt sehen was zu sehen ist, wozu ich Euch auch einen Führer mitgeben kann. Mittags esst Ihr bey der Mutter ganz einfach, und nachmittags besuchten wir zusammen die hübschen Punkte um Dresden die man zu Fuss erreichen kann. Die weiteren Partien macht Ihr dann wohl mit den Eltern. Das Theater wird auch wieder eröffnet sein bis Ihr kommt. Denn wir fassen uns mit der Trauer kurz und Ihr könnt auf den Genuss hoffen eine schlechte Vorstellung auf dem Bade zu sehen[“]. Dass ich nicht nach Loschwitz ziehe in Erwartung Eures Besuchs, versteht sich wohl, aber mein kleines Nestchen auf den Berge, wollen wir doch besuchen, wenn Frau Ida steigen darf — — — Haben Sie bester Freund denn den Brief von Herrn Rotter, den Ihnen durch mich empfohlenen Mannes nicht erhalten? er schrieb so viel ich weiss gleich an Sie, und wartete schmerzlich auf Antwort. Nun ist er nach Leipzig abgereisst um dort sein Heil zu versuchen. Max und Alex freuen sich auch recht auf Ihr Wiedersehen obgleich ich Ihnen immer versichre dass Sie nun eine Respectsperson sind die man nur mit Ehrfurcht lieben darf. Max arbeitet fleissig an einen Fernrohr um sich als künftiger Mechaniker kund zu thun, aber Ihr Alex hat umgesattelt, der will kein Musikant, sondern ein Lithograph werden. — Es betrübt mich dass ihm die Musik weniger Freude macht als sonst, aber erzwingen lässt sich die Lust nicht, und den künftigen Lebensweg müssen sie sich frey wählen. Leider höre ich von der Wollank dass es mit Lichtensteins Herkomen noch gar nicht gewiss ist — ach das würde mich schmerzlich betrüben! ich hatte mich so unbeschreiblich gefreut, hatte in so vieler Hinsicht auf ihn gehofft! – Doch vielleicht kommt er noch, ich will noch nicht jede Hoffnung schwinden lassen. Vielleicht bringen Sie mir eine frohe Gewissheit mit. Nun, meine Kinder sage ich Euch ein freudiges Lebewohl denn ihm folgt ein frohes Wiedersehen. Gott sey mit Euch! Mit dankbarer Liebe gedenkt Eurer Eure Carolina v. Weber. den 21. Juni 1836 Komt Ihr mit dem Eilwagen? Dann kann ich die Stunde wissen wann ihr ankomt, aber ist es möglich nur nicht den Freytag – ich bin sehr abergläubisch. Ueber die Beendung der Oper „die 3 Pinto[“] die Meyerbeer aufs neue versprochen hat, habe ich Ihnen mündlich manches mitzutheilen.