WeGA, Rezeptionsdokumente, Digitale Edition Aufführungsbesprechung Mannheim: Gastrollen von Johann Gottfried Wohlbrück Dusch, Alexander von Veit, Joachim Stadler, Peter Übertragung Fukerider, Andreas

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Machine-Readable Transcriptions of Newspaper Articles about Music and Theatre Performances in the early 19th Century

Schreibtafel von Mannheim: Gastrollen von Johann Gottfried Wohlbrück Dusch, Alexander von Hof- und Nationaltheater in Mannheim Wohlbrücks Gastrollen Schreibtafel von Mannheim Ferdinand Kaufmann Mannheim 47 1. Dezember 1810 1r Fraktur

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Hof- und National-Theater in Mannheim. Wohlbrücks Gastrollen. Den 20. Nov.: Abbé de l'Epée.

Man konnte es wohl etwas gewagt nennen, daß Herr Wohlbrück, wiewohl sein Ruf schon lange begründet ist, zuerst in einer Rolle hier auftrat, die so allgemein und besonders dem hiesigen Publikum als Ifflands vorzügliche Gastrolle bekannt ist; allein der Erfolg seines Spiels mußte ihm nur um desto werther seyn, je trefflicher das Bild eines Abbé de l'Epée den Zuschauern vorschwebte. Dieses Bild hat er dem Publikum wieder schön vor die Augen geführt, und wenn auch nicht mit so voller Schattirung wie Iffland, doch mit eben so meisterhaften Conturen. Auch blieb er (ich bin ja einmal im leidigen vergleichen) an imponirender edler Würde hinter Iffland, dem schon sein Aeusseres hierzu, ich möchte sagen, mehr Stoff gibt; hingegen wich er ihm nicht an Natur, Einfachheit und Reinheit der Deklamation. Mlle. Frank gab die Rolle des jungen Taubstummen mit Fleiß, indessen bleibt die Darstellung eines Taubstummen immer eine höchstschwierige Aufgabe; für die reine Pantomime, bei der das Gebehrdenspiel nicht das Wort bekleidet, sondern selbst das Wort ist, wird ein vollendeter Künstler gefordert. Nach Endigung des Stückes zeigte ein lautes Hervorrufen des Herrn Wohlbrücks auf die Bühne von der Zufriedenheit der Anwesenden.

Deklamatorisch-musikalischer Abend im Museum.

Es sey mir vergönnt unter meiner obigen Rubrik (Gastrollen) auch ein Wort von diesem Abende zu sagen. Deklamirte doch wenigstens Herr Wohlbrück im Museum als Gast, wenn man ihm gleich nicht, wie vielen, den Vorwurf machen kann, aus bloser Deklamation eine Rolle gemacht zu haben. Möchte dies unser braver Schauspieler Kaibel bei seinen Vorträgen doch berücksichtigen, und weniger theatralisch dabei zu Werke gehen. Dies that er wieder in Schillers Ballade: die Bürgschaft, womit der Abend eröffnet wurde. Ein Deklamator muß durchaus, wo er nicht an der Stelle des Dichters erscheinen kann, bloser Vorleser seyn. Herr Kaibel wirft sich schnell in den verschiedensten Charakteren hin und her, indem er sie noch ausser dem Dichter lebendig darstellen will. Er bewirkt durch diese Sprünge ein Mißbehagen zu schnellen Wechsels beim Zuhörer. Ueber den Vortrag der Bürgschaft habe ich übrigens noch folgende Bemerkung zu machen: Herr Kaibel pflegt gewöhnlich (ich habe die Bürgschaft schon öfter von ihm gehört) bei dem Verse: Um des Freundes Willen erbarmet euch, das Wort Götter als Einschiebsel noch zuzusetzen. Wozu soll dies? glaubt er etwa, daß Schiller hier eine licentiam poeticam gebraucht, und das Wort blos ausgelassen habe, welches doch darunter gemeint sey?; wahrscheinlich wird er sich den folgenden Vers:

„und drei mit gewaltigen Streichen erlegt er,“

nicht recht im Zusammenhange haben erklären können, ohne jenes Flickwort. – Aber das war gar nicht Schillers Meinung, und Möros rief hier nicht die Götter an, sondern blos die raubende Rotte. Im ungeheuern Drange seinen Freund zu retten, wo ihm jeder Augenblick theuer seyn mußte, versuchte er alles auf einmal gegen diese Räuber, Bitte und Gewalt, und flehte um Erbarmen in demselben Augenblick, wo er sie mit der Keule erlegte.

Sehr verdienstvoll und mit allgemeinem Beifalle deklamirte Herr Kaibel noch das Lied vom braven Manne und die Leonore von Bürger. – Herr Wohlbrück trug Schillers treffliches Lied von der Glocke meisterhaft vor. Glücklicher konnte er, d. h. geeigneter für Deklamation kaum wählen, wiewohl die Aufgabe nicht leicht war. Mit heiterer Ruhe sprach er das ernste Wort beim Glockengusse und mit seltener Reinheit der Deklamation, hinreißend schön, und mit tiefem Gefühl sagte er die Stelle:

„Einen Blick „nach dem Grabe „seiner Haabe „sendet noch der Mensch zurück &c.“

eben so vortrefflich schloß Er die Deklamation jenes Abends mit Schillers Würde der Frauen.

Herr Ahl hat in Variationen für Klarinettbaß, die er blies, aufs neue bewiesen, daß er, der schon lange das Dolce seines Instruments erschöpft hat, auch täglich an Kraft und höherer Fertigkeit gewinne. The unknown man.

(Die Fortsetzung folgt)