## Title: Ignaz Franz Edler von Mosel an Friedrich Rochlitz in Leipzig. Wien, Freitag, 29. April 1825 ## Author: Mosel, Ignaz Franz Edler von ## Version: 4.9.1 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A042400 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ H: Hofr: Rochlitz #lb#Wien am 29. April 1825Vielgeliebter, theurer Freund! Endlich – so hoffe ich wenigstens – wird es mir gegönnt seyn, Ihr liebes Schreiben vom 10. v. M. zu beantworten, das, ein strenger Mahner, seit dessen Empfang mir immer vor Augen liegt. […] Es ist nämlich – wie sie wohl ohnehin wissen – Barbaja's Pacht des Hof:Operntheaters mit Ende März aufgelöst worden, und wir haben den Auftrag erhalten, jenes Theater zu übernehmen; doch nicht die Opern- und Ballet-Vorstellungen, sondern das Haus, die Geräthe, Decorationen, Garderobe u. s. w. Da nun Barbaja diese Gegenstände, nach einer gerichtlichen Schätzung gekauft hatte, und im Contracte stipulirt war, daß sie, nach Ablauf desselben, auf eben die Art an die Staatsverwaltung wieder zurück gehen sollen; so macht das Arbeit vollauf, und wahrlich nicht die angenehmste […] Mit dramatischer Musik wären wir also hier zu Ende, und, wenn es fortan so bleibt, bald mit aller Musik, denn woher Solo:Sänger und Chöre zu Oratorien und Concerten nehmen, wenn keine Oper mehr besteht, woher selbst Instrumentisten bekommen, die Gesang zu begleiten verstehen, wenn es kein Opern-Orchester mehr gibt? Das Dilettantenwesen, mit seiner Hohlheit und Flachheit, mit seinem Streben nach außen und seiner Produzirsucht, wird täglich eckelhafter, so, daß ich mich schäme, selbst unter diese Zunft zu gehören. Ich habe Ihnen mittlerweile zwei junge Künsterlinnen empfohlen, worunter Sie mir besonders für Dlle Sonntag Dank wissen werden. Möchte das herrliche Mädchen sich doch nicht auch vom (bösen) Geist der Zeit zum Fodorisiren und Catalanisiren hinreissen laßen! Ihr AbschiedsConcert, in welchem sie uns blos Beweise ihrer, in der That bewunderswürdigen Kehlfertigkeit gab, und gar nichts für's Herz oder den Kopf hören ließ, macht mich das beinahe fürchten. Sollte es so kommen, so führen Sie, werther Freund, dieses niedliche verirrte Schäfchen auf den rechten Weg; es lohnt sich wohl der Mühe. […] und schimpft auf meine Musik zur Oper „Cyrus“, die er weder gesehen noch gehört hat. Ich muß mich schon damit trösten, daß Sie, liebster Freund, und andere achtungswerthe Literatoren meine „Schule p“ gelungen fanden; daß Gottfried Weber, gewiß einer der ersten jetzt lebenden musikal: Theoretiker, meinen „Versuch p“ – vielleicht in einem Uibermaß von Güte – classisch nannte, und sowohl Salieri in Wien als Persais in Paris meinen „Cyrus“ für eine ausgezeichnete dramat: Musik erklärten. […] […] Leider habe ich Jacobi's Briefwechsel noch nicht zu Gesichte bekommen, und wäre, hätte ich ihn auch, in diesem Augenblicke nicht im Stande, ihn zu lesen, da meinen ohnehin überhäuften Geschäften noch eine – zwar vorübergehende – Vermehrung bevorsteht. Wir setzen nemlich, für die liebenswürdige Schauspielerin, Mad: Neumann (deren schönes Talent Sie auch bald erfreuen wird) C. M. von Weber's „Preciosa“ in die Scene, und da unser Theater keinen Kapellmeister hat, auch, so lange ich da bin, für die currenten musikalischen Angelegenheiten keinen braucht, muß ich das Einstudieren und Probieren der Chöre und des Melodramat: Theils der Musik übernehmen, welches bei unserem, an derlei Musik gar nicht gewohntem Orchester eine schwere Aufgabe ist. Die Chorsänger habe ich, dienstweise, von der eben aufgelösten Oper genommen. […]