## Title: Friedrich Rochlitz an Carl August Böttiger in Dresden. Leipzig, Freitag, 14. März 1817 ## Author: Rochlitz, Johann Friedrich ## Version: 4.9.1 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A045245 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Herrn Hofrath Böttiger Wohlgebℓ. in Dresden. frey. Leipzig, d. 14ten März 1817. Ich muß denn auch einmal wieder anklopfen am reichen Museum des Coselschen Palastes! Erst lauf' ich Ihren Brief vom 9ten durch, den mir Ihr wackerer, geistig u. körperlich vollkräftiger Sohn selbst brachte. Daß der junge Sie plagt, dazu gratulire ich – nicht sowol Ihnen, als uns. Was er aber holet, hätte näher bezeichnet werden sollen, mir, dem erklärten Parteygänger der Vor- u. Nachfreuden im Leben. Daß Ihnen, und allen Männern, wie sie seyn sollen, der Mar. Weber gefallen würde, wußte ich vorher; und nach Jahr und Tag, wenn er erst mehr gewirkt haben wird, werden ihn selbst die Andren hochhalten. Sein Verhältnis zur Brand aber ist ein großes Unglück für ihn selbst. Wer ihn liebt, muß dagegen zu würken suchen, so lang' es abwendbar ist; und für den Augenblick sich nicht schonen: um für die Zukunft sich freuen zu können. Ich werd' es: Sie nicht auch? – Was Sie von Mad. Schirmer leicht berühren, wundert mich gar nicht, sondern nur, daß Sie, der vieljährige Prakticus, dies wundert. Die allerbesten sind Aurelien; und, wollen wir billig seyn, sie müssen's ja wol. – Sehen Sie Weber'n, so sagen Sie ihm, bitt' ich: die ihm bewußte Arie von Hoffmann in Berlin werde nun doch gedruckt, obgleich einige Wochen später, weil die Setzer eben dringend beschäftigt sind. Ich habe es erreicht, indem ich sein Argument – es sey ihm ein Honorar gezahlt worden, und er wolle auch keines – zur Beschämung des Hrn. Härtel gelten gemacht, der mir stets vorrechnet, daß alle Mitarbeiter honorirt werden und ihn mithin die Zeitung so und so viel koste! – Den Unstern der guten Sessi beklag' ich, und besonders auch darum, weil sie nun schwerlich den – gegen uns doch immer angestochenen Dresdnern sich so vortheilhaft wird haben zeigen können, als sonst sicher geschehn wäre. Ihrer Versäumnis zürne ich um so weniger, da sie sich leidlich ausgleichen ließ. | An Prof. Hartmann verlieren Sie viel; ja vielleicht, was eben vorzüglich noththat und keineswegs ersetzt werden wird. Matthäi wird immer vornehmer, absprechender und sich selbst hervordrängender. Auch an unsern Kügelchen denk' ich bey jener Veränderung mit einiger Sorge. Für das, was Sie im Morgenblatt über meinen Sandrart gesagt haben, danke ich herzlich; und da Sie Kind'n oft sehen, so bitte ich Sie, auch ihm für das zu danken, was er für die Abendzeitung von meinen Erzählungen geschrieben hat. Ich muß überhaupt für die Theilnahme in diesem Verkehr mich sehr bedanken; im Herzen nämlich: so wie manches was mir für die Tage der Gefahr hier und in Dresden zu Theil worden, still verschmerzen – was aber nicht schwer ist, da ich es verachten kann An Thätigkeit wird es der neuen General-Redactrize des Morgenblatts gewiß nicht fehlen: sonst aber hat sie dazu doch gewiß auf der rechten Seite zu wenig, auf der linken zu viel. Da übrigens Frauen in männlichem Geschäftskreis sich, bewußt oder unbewußt, stets an Männer lehnen: so wird's darauf ankommen, welche sich ihr geschickt als Stütze unterzuschieben wissen werden. Sie scheinen viel Zutrauen von ihr erlangt zu haben: Sie können da wol Manches zum Guten würken. Wenn Ihnen das cnoblochsche Taschenbuch für 1817, so schnell es zu Stande gebracht werden mußte, nicht mißfiel: so wird Ihnen das, für 1818 sehr gefallen – dafür steh' ich, und kann es, nach dem, was ich dafür schon in Händen habe. Das berolinisirte Lutherbild lege ich bey. Ich hatte nicht gewußt, daß Sie es zurückverlangten. Von der Ordnung der Reformationsjubelfeyer kann ich noch nichts sagen, und ist auch wol noch nichts im Reinen. Kann wirklich, wie man durchaus will und wozu man alles aufbietet, die Universitätskirche dabey neu geweihet werden: so ist schon das eine schöne Art Mittelpunkt. Die Facultät brauchte zur Beschleunigung des Baues 10.000 Rh, und ließ zum | Darlehn derselben (auf Actien à 200 Rh, zu 3 p. C. Interessen) auffordern. Sie waren in zwey Wochen unterzeichnet und großentheils auch sogleich erlegt. Mit Freuden nahm ich Theil. Übrigens soll ich etwas dabey sagen? Wie denn das? Privatim fragt man mich schwerlich; öffentlich? vielleicht in der musikal. Zeitung? Dann, wenn's geschieht, wenigstens nicht im voraus. Hr. Hofr. Beck, hör' ich, will zunächst bey der Anordnung thätig seyn. Nun, wird’s dann auch nicht genialisch, so wird’s doch gewiß verständig, passend, achtbar. Wenn er nur nicht auch da allein Hahn im Korbe seyn will, wie sonst wol! Ihr Herr Sohn, der als Philolog und Historiker mit ihm zusammenstößt, wird von ihm daher auch nicht eben beseeligt werden, und kaum wird die Freundschaft für den Vater so weit gehen, daß ihm, findet er erst den Eingang, der ihm, kann er's abwarten, ganz gewiß nicht fehlen wird, nicht hart gebettet werde! – Mit wahrem Vergnügen verweile ich noch eine Minute bey diesem kräftigen jungen Gelehrten. Seine Disputation machte ihm große Ehre, allen fachkundigen Freunden große Freude. Ich rühme an ihr vorzüglich 1) die Wahl des Gegenstandes, eben so anziehend, als eingreifend u. bedeutsam; 2) das Umfassende im Überblick und in der Ausarbeitung; 3) die gründliche, lichtvolle Durchführung des Ganzen, vornämlich aber des Verhältnisses und der Verbindung der kirchlichen (nicht der gewöhnlich sogenannten Kirchen-) Geschichte mit der politischen in jener Zeit; 4) die Sprache, die ich mir jedoch – ich Stümper – hin und wieder noch einfacher und gehaltener wünschen möchte. – Wir sehen uns doch zur Messe? Ich muß das um so mehr wünschen, da ich dieses Sommerhalbjahr schwerlich, oder höchstens auf einige Tage nach Dresden kommen kann. – Meine Frau ist nicht wohl. Hoffentlich geht’s bald vorüber, und so sagen Sie Gutschmids nichts davon. Sie grüßt freundlichst. Das thue ich auch, und zwar Sie, Ihre gute Frau, Nostiz, Kapp, Kind, Winkler, u. wer sonst meiner gedenkt und Ihnen nahe kömmt. Ihr R.