## Title: Carl Maria von Weber an Johann Gänsbacher in Trient. Prag, Freitag, 13. Mai 1814 ## Author: Weber, Carl Maria von ## Version: 4.9.1 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A040683 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ S. Wohlgebohren des Kayserlich Königl: Oberlieutnant Johann Gänsbacher Vom 2t Battaillon des Löbl: Fennerischen Tyroler Jäger Corps per Wien, – Klagenfurt, Bozen Trient. abzugeben in der Casa, Baron Gaudenti No: 395. Mein theurer Bruder! Es ist wohl nicht recht daß du uns hier so ganz vergißt, und in der peinlichsten Ungewißheit wegen deinem Schiksale läßt. Vergeblich habe ich seit dem 5t März wo ich an dich einen recomandirten Brief nach Trient abschikte auf Nachricht von dir gehofft. So lange Firmians noch hier waren, hörte ich doch etwas, aber seitdem gar nichts. ich schikke diese paar Zeilen aufs gerathewohl in die Welt hinaus weil eine höchst traurige Nothwendigkeit mich dazu treibt. Gestern meldete mir der Orgelbauer Reiner aus Darmstadt daß den 6t huj: früh um ½ 5 Uhr unser theurer Lehrer Vogler schnell mit Tode abgegangen sey. Meinen Schmerz brauche ich dir nicht erst zu beschreiben. Friede sey mit seiner Asche, Ewig lebt Er in unseren Herzen. — Wenn nur seine Werke nicht verschleudert werden und er Einen von uns zu seinem Erben gemacht hat. auf jeden Fall schreibe ich sogleich an Reiner, und bitte mir seine Büste aus wo wir das Piedestal dazu machen ließen. — ich möchte dir gerne vielerley schreiben, aber mein Herz ist zu voll. Meine Gesundheit auch noch immer sehr wankend, vor 6 Wochen hatte ich den Friesel, so daß ich selbst bey meiner Akademie d: 4t Aprill nicht sein konnte. die auch ganz schlecht ausfiel. ich habe mich fest entschloßen meinen Kontrakt mäßigen Urlaub zu nüzzen, und eine Reise nach Gotha, Leipzig, Liebwerda und Berlin zu machen. ich verspreche mir viel von dieser Zerstreuung, wo ich endlich auch wieder Lust und Kraft zur Arbeit zu erhalten hoffe. Mein Leben hier ist zu elend, zu traurig, so ganz allein ohne eine theilnehmende Seele. — Jungs grüßen dich bestens und sind wohl. Schimpfen auch recht tüchtig über dein Stillschweigen. d: 30t Aprill haben wir als am Vorabend von Jungs Namenstag deine Serenade aus C, gemacht, die ich zum erstenmale hörte und mich sehr erfreute. du standst dabey so lebendig vor meiner Seele, ich wiegte mich in der Errinnerung und fühlte wie glüklich ich wäre wenn du hier sein könntest. Beruhige mich doch nur mit 2 Worten über dein Schiksal und deine ferneren Pläne und Leben. Wenn mich nichts abhält so reise ich d: 1t Juny ab und bleibe bis Ende August weg. ich bitte dich daher eine Antwort an mich an Ballabene zu adresiren die mir die Briefe nachschikken. alle Bekannten sind wohl, und grüßen dich. die D moll sehe ich wenig. am meisten erkundigt sich C moll nach dir, und so oft ich da eße, welches oft geschieht, bist du unser Gespräch. Wottassek hat seinen Grafen verlaßen, und ist Chorregent im Dom geworden. Brede hat uns verlaßen. Nun weiß ich nichts mehr als das Alte, nehmlich daß ich dich ewig innigst liebe und dein treuster Bruder bin W: Prag d: 13t May 1814.