No: 1.Die Briefnummer steht am unteren Blattrand 1v (Adressenseite) in umgekehrter Schriftrichtung, auf demselben Blatt am oberen rechten Rand: ich bitte, beyliegendes durch den Joseph auf die Stadthauptmanschaft tragen zu laßen.
Wie könnte ich meinen ersten ruhigen Augenblik beßer anwenden als mit dir mein
theures Mukkerl zu sprechen,
und mich so wenigstens an deine Seite zu träumen, und mich
damit zu trösten daß du gewiß in diesem Augenblik auch an deinen
Carl denkst.
Die paar Worte die ich dir Gestern durch den Kutscher ThomasZum Kutscher, mit dem Weber von Prag nach Liebwerda gereist war und der Webers erste Kurznachricht an Caroline Brandt (darin zweimal erwähnt) nach Prag mit zurücknahm, liegen keine weiteren Informationen vor. schrieb mögen confus genug gewesen
sein, doch waren sie vielleicht hinreichend dich über meine glükliche Ankunft zu
beruhigen. Die so glüklich vollendete Reise fieng mit einem Abentheuer an, denn der
Postillion fuhr gleich aus dem Liebichschen Hause
in denen kleinen Straßen so irre, daß ich aussteigen, einen Weg suchen,
und den Wagen mit vieler Noth zurükschieben helfen mußte. ich dachte dabey an dich,
und war froh daß du diesen üblen Anfang nicht wißen konntest,
um nicht wegen der Folge ängstlich zu sein. Von diesem Augenblik an gieng es
aber ohne Anstoß und Gefährde weiter bis ans Ziel. Die sich häuffenden Ereigniße der
lezten Tage wo immer ein schmerzlicherer Schlag, ein unangenehmerer Vorfall dem anderen
folgte, hatte mich so angegriffen, daß ich im Wagen in ein dumpfes Dahinbrüten versank.
ich kann sagen daß ich von Freytag ½ 12 Uhr an bis Samstag Abends 11 Uhr wo wir in
Reichenberg ankamen, wie ein Automat gelebt habe,
eine unwiederstehliche Schlaflust hatte sich meiner bemächtigt, drükte mit Zentnerschwere auf meine Augen,
und diente nur – immer unterbrochen und von 1000 sich durchkreuzenden bunten Traumbildern beunruhigt –
dazu, mich noch mehr abzumatten. In Reichenberg endlich
gab mir eine ruhige Nacht, auch die Fähigkeit wieder, zusamenhängend denken und fühlen zu können.
Jeden Augenblik war ich bey dir, und folgte deinen Beschäftigungen.
Meine ReiseGefährten unterhielten sich mit Singen und Schwazzen
und waren diskret genug mein Schweigen zu ehren.
Gestern d: 10t früh, fuhren wir von Reichenberg
nach Friedland. aßen da zu Mittag und kamen hier
gegen Abend an. ich pakte aus brachte meine Sachen so viel als möglich in Ordnung, und
entschlief mit dem Gedanken an dich, und dem innigen Wunsche, daß du sanft ruhen, und
freundliche Bildervon deinem treuen Carl
dich umschweben mögen.
Heute d: 11t früh 8 Uhr wurde meinen
gebratenen bestaubten Gliedern das Glük eines Baades zu Theil, dann ordnete ich meine
Papiere und ging zu Tische. Wenige Leute, und wahrscheinlich
gar keine Menschen. Desto beßer, so fällt es ihnen wenigstens
nicht ein Ansprüche auf mich zu machen, da ich meiner Seits herzlich froh bin, wenn ich
nach Pflichtschuldigem Kourierlaufen
nachauf
das Baden, mein friedliches Stübchen ungestört betreten, und darin in
meiner beßern Ideen Welt hausen kann. Ich sehe gerade auf Wald und Wiesen. An dem
einzigen Fenster steht der einzige Tisch an dem ich dieß schreibe, 1 Bett, eine Komode,
und wenn du mich besuchst noch ein Stuhl, ist alles was die 4 gelbweißen Mauern umfaßen.
Ach Gott ein Klavier hätte ich bald vergeßen daß außer der
Abwesenheit von einigen 20 Saiten im besten Zustande ist, und wie Käfer Geschwirre im
Sonnenschein klingt. – Meinetwegen, ich danke doch Gott und dem OberAmtmann daß ich nur
das habe, und wahrscheinlich wird es kräftiger tönende Sachen gebähren, als mein
Wiener Fortepiano in Prag.
Die Natur ist, so viel ich im Vorbeyfahren gesehen habe, – herrlich, künftig bade ich
schon um 6 Uhr und um 8 Uhr kannst du dir immer denken daß ich auf einem Berge herumkrabble.
Daß ein Das einzig mal wo ich auf der Reise ausstieg, - bey Liebenau, - lokte mich eine Menge der Blümchen heraus, deren Namen ich dir hoffentlich nicht zuzurufen brauche.
ich pflükte sie für dich, und drükte Sie innig an meine Lippen, laß mich sie einst fröhlich wieder
aus deiner lieben Hand empfangen.
Mit Sehnsucht warte ich auf Nachricht von dir, wie es Dir geht, ob du gesund, zufrieden, ruhig bist.
eine andere Frage zu thun wäre Frevel, denn ich vertraue dir so herzlich. Gott schenkeDir nur Kraft, die mancherley
schweren Lasten mit Faßung zu tragen, die das Schiksal dir auferlegt hat. Ich beschwöre
dich bey allem was dir werth ist, suche Ruhe zu erringen, und begegne allem Harten, mit
Ergebung und Festigkeit. Gieb dich nicht dem Schmerz hin, und bedenke daß nur
der Gedanke mich froh in die Zukunft blikken läßt, daß ich meine
Lina heiter wieder umarmen könne.
Alle 14 Tage geht aus dem Clamschen
Hause eine Gelegenheit hieher wo man Pakete schikken kann. ich habe mancherley vergeßen.
Laße Dir von Liebich doch die beyden Opernbücher,
Alfred von Körner und die Oper, von Rochlitz geben,
und schikke Sie mir. auch Strümpfe liegen noch bey Dir.
Das grüne Tuch war mein treuer Reise Gefährte, und das blaue hat mich heute ins Bad begleitet.
Freundlich hat es mich überrascht daß meine Serviete am Tisch, auch mich mit
einem blauen Bande gebunden war, und ich zog fröhliche Vorbedeutung daraus.
Nun lebe wohl, mein liebes, theures, Leben. Schreibe mir recht bald und viel, du weißt wie lieb mir das kleinste ist was dich angeht; sey offen, und glaube daß du kein reiner mitfühlendes Herz finden wirst, als das deines dich unveränderlich liebenden
C:
Liebwerda d: 11t July 1814.
1000 Grüße an Vater, Mutter und Bruder.
an die gute Bach, nebst Angehörigen,
und andere Bekannte die sich meiner errinnern wollen.
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