## Title: Carl Maria von Weber an Friedrich Kind in Dresden. Kiel, Freitag, 22. September 1820 ## Author: Weber, Carl Maria von ## Version: 4.9.1 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A041641 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Kiel, den 21sten Sept. 1820. Herzlieber Freund! Ihre lieben Briefe vom 27. und 29. August habe ich den 17. Sept. in Louisenlund, 2 Meilen von Schleßwig zu erhalten die Freude gehabt. Wenig Tage nach Abgang Ihrer Schreiben werden Sie auch meine Zeilen aus Oldenburg erhalten haben, ich eile nun Ihre zu beantworten, und dann in Erzählung meiner Fata fortzufahren. Das ist ein gewaltiger Mantsch mit dem Freyschützen in Berlin. Es ist mir aber doch nicht glaublich, daß Brühl ein freiwillig gegebenes Wort und Anerbieten zurücknehmen wolle und könne. Wir müßens abwarten. Also unserm guten Vitzthum hatte er auch gefallen. nun das versteht sich. Die Nachricht wegen seiner Entlaßung hat mich höchst schmerzlich überrascht; besonders nach allen denen Prämißen, die Sie mir mittheilen, und die nichts erfreuliches hoffen lassen. Je nun, auch hier Geduld und Gelassenheit. Fac tuum officium etc. So lange ich aber nicht von Vitzthum selbst die Bestätigung erfahre, laße ich mich noch immer in Zweifeln wiegen. ich verliehre unendlich viel an ihm. – Das Pakt Noten bei Baßenge, liegt zu Disposition von Ballabene in Prag da. Mit großer Freude lese ich Ihr Beyfallswort über mein Künstlerleben. ich zweifle nicht, daß manches dran zu meistern sein wird, und bin darüber sehr beruhigt, da ich weis in weßen Händen es ist. Ey!!! Herr Hofrath S...... ist kein Narr; so klug wie Er sind andre Leute auch, die doch etwas näher am Brete sizzen. Die Theater und Kunstnotizen, die Sie mir mittheilten, intereßiren mich sehr, ich sehe mich dadurch ganz nach Dresden versetzt. Sie glauben es wär gut wenn ich jetzt in Dresden wäre? ich glaube das nicht. So vermeide ich doch den ersten Sturm und Andrang der theatralischen Staatsumwälzung, und finde beide Theile schon in einem bestimmten Verhältniß gegeneinander. Nein, ich bin recht froh daß ich nicht da bin, besonders auch bei den Protektionsgeschichten. Nun zu meinem Tagebuche. In Oldenburg gab ich den 29. August in der Stadt und den 30. bei Hofe Concert. Letzteres blos für den engern Hofcircel, wo man auch meiner Lina keine Ruhe ließ, bis sie einige Lieder sang. Auf- und Einnahme waren gut. den 31. giengs nach Bremen zurück, wo den 2. Sept. mein Concert Statt fand. Die Kaufleute die sonst immer Sonnabends auf ihre Landgüter fahren, blieben alle da, und ich hatte ein erlesenes, zahlreiches, und wie überall, höchst warmes Publikum. Von da giengs nach Hamburg wo ich den 6. ankam und nur 3 Tage blieb um meine Briefe theilweise abzugeben, damit ich weiter welche erhielt. Im Theater sah ich nur das Opferfest, welches denn freilich gewaltig gegen unseres abstach. Hier nun traf mich der schmerzlichste Punkt der Reise, nehmlich die Trennung von meiner geliebten Lina. obwohl ich sie bei guten Leuten einquartirt hatte, auch Rombergs und viele andre Familien die lebhafteste Theilnahme zeigten, so kann ich doch nicht beschreiben, wie sehr es mich angriff, sie so allein in fremder Stadt zu wißen. Aber was half es, es war besser den geringern Schmerz ertragen als das größere Uebel vielleicht herbei zu führen, denn alle Aerzte kamen darin überein, daß ihr die größte Ruhe nöthig wäre. den 10. also fuhr ich mit meinem Bruder Fritz nach Lübek wo ich Abends ankam und von da meinen andern Bruder, Edmund auch mit nach Eutin meiner Vaterstadt nahm. Hier wurde ich mit großem Jubel empfangen, und gab den 13. mein Concert, wozu der dortige Sangverein einen Chor von mir sehr brav einstudirt hatte. Zu diesem Concert kamen aus der ganzen umliegenden Gegend die Musiker 6–8 Meilen weit, auf ihre Kosten, und nahmen durchaus keine Bezahlung an. Das findet man nicht überall. Fürstenaus Onkel der da Stadtmusikus ist, nahm sich der Sache mit außerodentlicher Liebe an. den 15. gab ich Concert in Plön. wohin mir gegen 40 Eutiner nachreisten, und den 16. fuhr ich schon früh 4 Uhr nach Schleßwig zu. traf meinen Pathen den Fürsten Carl aber krank in Louisenlund seinem Sommer Aufenthalt. Er freute sich mich zu sehen, sprach über 2 Stunden mit mir, that aber weiter nichts als daß er mir Briefe nach Koppenhagen mitgab. – den 18. reißte ich zurück nach Kiel. Hier hatte man unterdeßen ein Concert arrangirt, das den 20. Statt fand, und den 21. wollte ich mit dem Dampfschiff nach Koppenhagen abreisen. aber leider ist es noch nicht von da zurük, weil wiedrige Winde es abhalten, und ich sizze nun hier in der peinlichsten Ungeduld, weil jede Stunde Verzug mir so kostbar ist; ich begreife noch gar nicht die Möglichkeit Ende 8br. zu Hause zu sein, wenn ich nicht allen Vortheil meiner Reise aufgeben will. Es hängt nun alles davon ab, wie ich in Koppenhagen expedirt werde. Die Rükreise zu Lande hält nur so lange auf. – – So eben erhalte ich die Nachricht mein lieber Freund daß ich in einer Stunde mit dem Dampfschiffe in See gehe. also herzliches Lebewohl für heute! Wollen Sie mich noch mit Antwort erfreuen so bitte ich nach Hamburg unter meiner Frau Adreße, Valentin[s]-Kamp 162. Alles Erdenkliche an die lieben Ihrigen und den ganzen Liederkreis. Ewig Ihr wahrhaft treuer Weber.