## Title: Carl Maria von Weber an Georg Friedrich Treitschke in Wien. Hosterwitz, Sonntag, 23. Juni 1822 ## Author: Weber, Carl Maria von ## Version: 4.9.1 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A041948 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ S Wohlgebohren dem Herrn Fried. Treitschke Regisseur des k: k: HofOpern Theaters nächst dem Kärntnerthor zu Wien Mein herzlieber Freund! Seit meinem lezten Brief hatte ich nicht eben Veranlaßung an Sie zu schreiben, da ich durch mancherley häusliche Freuden und Leiden, nebst einer mehr als hinlänglichen Anzahl Dienstqualen, nicht eben im Stande war Ihnen mit so heiterem Sinn zu begegnen als ich es wohl so gerne thue. d: 25t Aprill gebahr mir meine Lina einen gesunden Jungen, Max geheißen, der nebst Mutter und Vater bis jezt schon manches gelitten hat und leiden machte. der Vater leidet außer eigenem Unwohlsein auch besonders an der Krankheit des H: Schubert, der sonst seinen Dienst versiehet, und wo es jezt umgekehrt der Fall ist. Seit dem 15t May wohne ich auf dem Lande und brauche eine Kur, in der ich aber alle Woche 4-5 bis 6 mal unterbrochen werde um nach Drasden zu fahren. Sie glauben nicht wie mich das zerstört, und mich in die übelste Stimmung von der Welt versezt, da ich von diesem Sommer alles für meine neue Oper hoffte. Von der Vollendung derselben zum Herbste, kann gar nicht die Rede sein, und ich gestehe daß alles was ich von Wien höre, mich eben auch nicht sehr aufmuntert. der Komponist allein kann nicht alles thun, besonders nachdem man nun so treffliche Sänger gehört hat, und sie noch mehr preisen wird, wenn man sie nicht mehr hat. Wir sind mit Gastrollen überschüttet um uns zu rekrutiren — — lauter betrübende rechtschaffene Mittelmäßigkeit. Siebert hat gar keine Sensation gemacht, ist aber doch auf 1 Jahr engagiert worden. eben so Mlle. Veltheim. Ihre Mad: Ernst ist durchgefallen? | o weh! o weh! wie soll das werden? Steiner habe ich nur auf Augenblikke gesehen, und von ihm das Honorar von Lemberg erhalten. 1000 Dank für Ihre stete Bemühung mein theurer Freund. Graf Palfy Exc. haben eiligst sich von Holbein die Preciosa kommen laßen. wie soll ich das verstehen? Partitur und Buch liegen ja bereits bei Freund Schwarz. Unser Freund Duport wollte sie erst geben, wenn er eine ordentliche Preciosa hätte. und warum schreibt man nicht an den Dichter oder an mich? ich bitte Sie verehrter Freund darüber S: Exzellenz in meinem Namen ergebenst zu befragen, und überhaupt als Freund meine Rechte zu wahren. Ihre Urtheile über die Italiener pp waren mir sehr intereßant, und zeugen abermals für Ihre gediegene Einsicht und unbefangenen ruhigen Blik, der Jedem von Herzen gern giebt und läßt was ihm gehört. Wie lange dauert die Oper noch? und ist gar keine Aussicht zu Vervollständigung der deutschen Oper? Ihre Schmetterlings Angelegenheit ist nicht vergeßen, am Ende fange ich Ihnen hier selbst welche. mit Grillen könnte ich allenfalls dienen, ich fürchte aber, man ersucht Sie zuweilen ohne Ihren Wunsch und Willen ein derley Fänger zu sein. Gott stärke uns alle, die mit der TheaterWelt zu thun haben, und gebe uns Geduld. | Laßen Sie mich bald wieder etwas hören, und bleiben Sie so Freund Ihrem Weber, als er es Ihnen von ganzer Seele ist. [ohne Unterschrift] Hosterwitz bei Pillnitz d: 23t Juny 1822.