## Title: Carl Maria von Weber an Ignaz Franz Edler von Mosel in Wien. Dresden, Montag, 19. August 1822 ## Author: Weber, Carl Maria von ## Version: 4.9.1 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A041953 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ S: Hochwohlgebohren Herrn Edl: von Mosel K: K: wirklichem Hofrathe Vice Director der K: K: Hof- Schaubühnen pp zu Wien. Hochwohlgebohrner innig verehrter Herr und Freund! Unmöglich kann ich die sich mir bietende Gelegenheit vorbei gehen laßen, ohne Sie mein Hochverehrter, und die theuren Ihrigen aufs herzlichste zu begrüßen. Ueberbringer ist ein sehr talentvolles Mitglied unsrer Bühne. H: Devrient. Neffe des berühmten Devrient in Berlin. Sein auf der Bühne ungemein schönes Äußere, und herrliches volles Organ geben ihm bedeutende Vorzüge die er durch Fleiß und Studium zu heben suchen wird. Ehe er zu uns kam, hatte er die Sucht, Alte, und Karikaturen zu spielen, hier hat man ihn aber in das ihm von der Natur angewiesene Liebhaberfach zurükgewiesen. ich glaube ihn mit Recht Ihrem alles vermögendem Schuzze empfehlen zu dürfen, dem ohnedieß jedes Streben von selbst empfohlen ist. Er möge Ihnen dann auch erzählen wie es mir geht. daß ich an Gesundheit bedeutend gewonnen habe, aber leider diesen Sommer unglaublich mit DienstGeschäften überhäuft bin, durch die Krankheit meines Collegen, und durch die unzähligen Gast-Probe-Spiele, die leider fast gar keine Resultate erzeugen, und die Lükken des Personals nicht füllen. Die Anwesenheit S: K: Hoh: des Erzherzogs beschäftigte uns auch sehr, und somit können Sie wohl folgern, daß meine Euryanthe wenig gepflegt werden konnte, und ich bedeutend später erst das Glük wieder genießen kann, Sie zu umarmen. durch ihre geistvollen | Bemerkungen aufmerksam gemacht, ist das ganze Gedicht fast umgeschmolzen worden. bedeutend zusammengedrängt, in 3 Akte statt 2, gebracht, und besonders auch das Versmaß häufig verändert worden. So haben Sie mich schon wieder, erneut zum Danke verpflichtet, und so viele Schuld könnte mich bald ängstigen, wenn es nicht eine Freude wäre Jemand den man so herzlich liebt und innig achtet, Schuldner zu sein. Mit wohlbegründeter Besorgniß blikke ich auf Wien, und meinen nächsten Aufenthalt allda. die Virtuosität der italischen Sänger muß die Lage der deutschen Oper noch sehr verschlimmert haben. ich halte daher die Verzögerung meiner Arbeit fast für ein Glük, um erst den Enthusiasmus wieder etwas verrauchen zu laßen, und muß nur jezt suchen doch früher in Szene zu gehen, als die fremden Meistersänger wieder kommen. Was halten Sie davon? Nun lieber theurer Freund muß ich für heute enden. Gott erhalte Sie so froh und heiter als ich es wünsche, und meine gute Frau mit mir, die sich Ihnen sämtlich achtungsvollst empfiehlt, und behalten Sie ein bischen lieb, den Ihnen herzlichst treu ergebenen Freund vWeber. Dresden d: 19t August 1822.