## Title: Carl Maria von Weber an Louise Reichardt in Hamburg. Dresden, Montag, 23. Dezember 1822 ## Author: Weber, Carl Maria von ## Version: 4.9.1 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A041999 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ An Fräulein Louise Reichardt Wohlgebohren Hamburg Im Sillmschen Hause abzugeben. Wie gut sind Sie, meine verehrte Freundin, daß Sie diesen kleinen Beweiß meiner herzlichen Achtung so hoch aufnehmen wollen. Ja, könnte ich dabei der Welt erzählen mit welcher reinen Achtung und Dankbarkeit mein Inneres erfüllt war als ich Ihnen das unbedeutende Sträußchen wand, deßen einzelne Blümchen Sie schon liebgewonen zu haben schienen, — und daß sie daher dieses Titelblatt ja nicht mit denen tausend und abermal tausend seiner Gesellen die sich aus Hunger oder Convenienz beugen, ja nicht verwechseln möge; dann könnte ihm vielleicht der Werth nicht ganz abzusprechen sein den auch die kleinste Gabe durch die treue Meynung des Gebers erhält. Und nun laßen Sie mich Ihnen danken, daß Sie so mich erfreuten, und mit dem Herzen nahmen was von Herzen kam. Damit aber auch keinem Licht der Schatten fehle, so muß ich Ihnen nur sagen, daß ich doch recht böse wurde als ich Ihren Brief gelesen hatte, — aber, auf wen? auf meinen heillosen Verleger. ist es nicht über alle Begriffe toll, Werke in die Welt hinaus zu schikken die ich noch gar nicht gesehen habe? und mir so die Freude zu rauben, sie Ihnen selbst darreichen zu dürfen. Ja; wären Sie weniger milde und gut, könnten Sie es mir nicht mit Recht als eine Ungezogenheit anrechnen, daß das Gesindel in der Welt herum läuft und Ihre Farbe trägt, ohne gehörig vom Aussender gemeldet zu worden zu sein? Ich hoffe im Ernste darauf, theuerste Freundin, daß Sie mir so etwas nicht zutrauen. | Wie gerne möchten wir Sie einmal wieder in Ihrer Zelle aufsuchen. aber — dazu ist wohl nicht so leicht Hoffnung. Die Welt macht ihre Günstlinge eben so zu Sklaven, wie andre Tyrannen; nur mit dem Unterschiede daß man deßhalb doch nicht vor ihr zu kriechen braucht. Eine Feßel anderer, lieblicher Art, ist mein kleiner Max, den 25t Aprill mir von meiner Frau geschenkt. heiter und gesund. Der Mutter und mein Glük. Mit unauslöschlichem Danke gedenkt meine Lina der Stunden, die Ihre Güte und Theilnahme ihr verschönten, und wie Sie Sich opferten, Trost und Heiterkeit in meiner Lina Einsamkeit zu bringen. So etwas kann man eben so wenig vergeßen als würdig verdanken. Gott lohne es Ihnen tausendfältig; Er, der allein lohnen kann. — Die freundlichen Grüße Ihrer verehrungswürdigen Hausfrau erwidern wir bestens. Möge doch endlich dauernde Gesundheit in Ihrem Hause wohnen. Dieß und die Fortdauer Ihrer Freundschaft wünscht aus Grund des Herzens Ihr, innig ergebener Freund CMvWeber Dresden d: 23t Xb 1822. darf ich um Abgabe einliegender Zeilen für unseren guten Clasing bitten?