## Title: Carl Maria von Weber an Ignaz Ritter von Seyfried in Wien. Dresden, Dienstag, 6. April 1824 ## Author: Weber, Carl Maria von ## Version: 4.9.1 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A042282 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Hochgeehrter Freund und College! Wie erfreulich ist mir die Hofnung mit Ihnen vereint wirken zu können. Ich werde Ihnen offenherzig die Verhältnisse des verstorbenen Kirchen-Compositeurs Schubert vorlegen. Von Privat-Einstudieren mit Sängern oder Choristen war keine Rede. Aber wohl machte er Clavier- und Quartett-Proben bei der italienischen Oper, die alsdann der Kapellmeister Morlachi die ersten 3 bis 4 Vorstellungen übernahm und dirigirte, die andern Wiederholungen aber dem Kirchen-Kompositeur zukamen, doch war dieses nicht bei allen Opern der Fall. In den übrigen Dienstleistungen stand er ganz den Kapellmeistern gleich. Ich war es natürlich der ausgezeichneten Achtung, die ich für Sie hege, schuldig, vorzustellen, daß Se: Majestät Ihnen billigerweise nicht den Kapellmeisters-Karakter vorenthalten können, und nach meiner Ansicht solle sich dann alles dienst gleichmäßig unter uns 3 austheilen. Ausgenommen die Hofdienste, die immer dem Aeltesten nach hiesiger Sitte zukommen. In wie ferne nun Morlachi seine Rechte in etwas wird schmälern lassen wollen weiß ich freilich in diesem Augenblicke nicht, da er noch in Mayland ist. Aber ich hoffe alles von seiner natürlichen Billigkeit und der Achtung, die er einem Manne wie S. schuldig ist. Empfangen Sie meinen herzlichsten Dank für die mich hoch ehrende Zueignung Ihrer Overture, mit der Sie mir einen schönen Beweis Ihrer Freundschaft geben. Ich werde Herrn Probst ersuchen lassen, daß er mir sie baldigst sendet. Die Quittung für Ahasverus wollen Sie gefälligst dem H: geh: Rath Winkler, oder mir einsenden. Welch wahrhaftes Meisterstück haben Sie da geliefert. So kann Mozart nur von dem ihm verwandten Geiste verstanden werden. Euryanthe ist den 31. März und 3ten April mit unglaublichen Enthusiasmus aufgenommen worden. Der Himmel gebe, daß ich bald Sie mündlich versichern könne mit welcher wahrhafter Hochachtung und Freundschaft ich bin Euer Hochwohlgeborn unterthänigst ergebener C. M. Weeber. Dresden d. 6. April [1]822.