WeGA, Rezeptionsdokumente, Digitale Edition Dramatisch-musikalische Notizen (Dresden): Bemerkungen zum Bericht von Th. aus dem Winkel über die <q>Vestalin</q>-Aufführung vom 14. Januar 1818 Weber, Carl Maria von Veit, Joachim Stadler, Peter Übertragung Albrecht, Christoph Fukerider, Andreas

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Machine-Readable Transcriptions of Newspaper Articles about Music and Theatre Performances in the early 19th Century

Reaktion Webers auf den Bericht von Therese Emilie Henriette aus dem Winkel über die Vestalin-Aufführung vom 14. Januar 1818 Da Weber seine Reaktion lt. TB und Entwurf bereits am 18. Januar niederschrieb, der Aufsatz von Th. aus dem Winkel aber erst am 23. Januar erschien, ist anzunehmen, dass Weber von Winkler das Manuskript des Artikels vor dessen Druck erhalten hatte mit der Bitte um Stellungnahme. Nachrichten aus dem Gebiete der Künste und Wissenschaften Dramatisch-musikalische Notizen Winkler, Karl Gottfried Theodor Kind, Friedrich Abend-Zeitung Arnoldische Buchhandlung Dresden 2 22 27. Januar 1818 2v Fraktur MMW III, S. 172–175 Kaiser (Schriften), S. 377–381 (Nr. 126) D Berlin Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung Mus. ms. autogr. theor. C. M. v. Weber WFN 6 (VIII), Bl. 57r–57v

über dem Ms. Titel: Einige Bemerkungen das von dem Buchstaben C über die d. 14 Jan. Aufführung der Vestalin d: 14t. Jan. niedergeschriebene betreffend. von Carl Maria von Weber.; Incipit: Es ist eine schöne Sache um den Enthusiasmus.

auf einzelnem Bl. 1r und v, Format 32,5x20,6 cm, graues Papier, WZ: Lilienblüte, Kettlinien ca. 2,7–2,9 cm links neben dem Textbeginn Vermerk von Weber: d: 18t. Januar in No: [sic!] der Abendzeitung; laut TB 18. Januar 1818: Aufsaz gegen den Buchstaben C geschrieben.; dort erst am 27. Januar (Nr.22) abgedruckt ; am 23. Januar (Nr. 19) in der AZ erschien die Kritik von C, auf die Weber hiermit reagierte; Webers Schrift bei MMW datiert mit 18. Januar, bei Kaiser mit 23. Januar 1818

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Deutsch 18. Januar 1818 (laut TB); in A ebenso; Fußnoten nicht im Entwurf enthalten, sondern vermutlich von Redaktion hinzugefügt Generalkommentar und weiteren Kommentar ergänzt, Datierung erweitert, Endkorrektur, Status erhöht formale Korrektur der Überschrift Faksimile verlinkt mit Entwurf verglichen und Lesarten verzeichnet, Metadaten geändert Korrektur gelesen nach ED mit Schriftenliste abgeglichen Korrektur gelesen Überschrift korr; n gesetzt; kleine Korrekturen (Gedankenstriche) ID und @keys gegen nicht-sprechende ersetzt. Fußnoten-refs hinzugefügt Tippfehler korrigiert Korrektur der Angaben von revisionDesc Weitere Anpassung an die Vorgaben der Besprechung vom 13.10.2010 Anpassung des Headers an die Merkmale aus der Besprechung vom 13.10.2010 Auszeichnung des Textes und Anpassung des Headers Herstellung von Originalorthographie und Layout
Dramatisch-musikalische Notizen. Einige Bemerkungen, das von dem Buchstaben C. über die Aufführung der Vestalin den 14ten Januar in No. 19. der Abendzeitung Niedergeschriebene betreffend. Von Carl Maria v. Weber.

Es ist eine schöne Sache um den Enthusiasmus. Dem Künstler muß er besonders theuer seyn; und ich ehre ihn, selbst wenn er sich in südlich helle Dunkelheit und alle erdenkliche Blumendufte gehüllt – hinreißen läßt, seine Puppe mit dem purpurfarbensten Glanze zu umgeben.

Wenn nun aber dieses zarte Pflänzchen – vom Auslande oft mit verwundernden Blicken betrachtet – bei uns, von allen Wohldenkenden und Unterrichteten bisher recht freundlich geduldet, im fetten Boden nun gar zu ungestört so heranwächst, daß es glaubt, Alles was es ausduftet, sey auch wirklichwirklich auch wahr und richtig, weil es noch keinen Widerspruch empfunden, so muß ich zur Steuer der Wahrheit, und mit offenem Helme – wie ich es gewohnt – ihm begegnen.

im Entwurf sind die beiden folgenden Abschnitte in ihrer Reihenfolge vertauschtMöge es ruhig die Begegnung empfangen, und glauben, daß sie wahrhaft wohlwollend für den Buchstaben C. sey, von dessen Willen zum Guten ich gern überzeugt seyn will, der aber nur immer die fast entgegengesetzt wirkenden Mittel wählt.

Ich kann miches bei dieser Gelegenheit mit um so größrer Beruhigung aussprechen, als das mir gespendete Lob bei weitem den Tadel überwiegt und es desto klarer am Tage liegt, daß ich nicht persönlich beleidigt, – sondern nur als Anwald der Wahrheit auftrete, die gegründete Urtheile fordert.

Es ist alten Herkommens, daß man die Sache, die man beurtheilen will, auch verstehen soll. Sollte dies hinlänglich bei dem Buchstaben C. der Fall seyn???Dieß ist bei dem Buchstaben C nicht der Fall wozu hier nur das nahe liegendste als Beweise.

Was das Klassische des gewiß hochzuehrenden, genialen und feuriglodernden Spontinis betrifft, höre manhier das Wort Försters:

Das Klassische.

Hier erfreut der Geist und dort der Reiz der Gestaltung. Aber im Klassischen schmilzt Wesen zusammen und Form.

Der lobenden Anerkennung der SängerleistungenLeistungen der Sänger, die Steuer der Wahrheit, und freundlichen Dank für das dem weiblichen Chor und mir Gespendetehöflichsten Dank für das mir und dem weiblichen Chor gespendete Lob.

Im Entwurf sind die folgenden vier Abschnitte durch die vielen am Rand ergänzten Korrekturen sehr unübersichtlich und im Satzbau abweichend.Die Chöre dieser Oper überhaupt betreffend, so treten, der Sache gemäß, die Weiberchöre herrschend hervor und stellen die der Männer in Schatten *)*) Wie im Cortez das Gegentheil vorhanden., wenn auch sonst die vereinte Stimmenzahl in gutem Verhältnis gegenseitig stünde. In DresdenHier bei uns mangelte früher der weibliche Chor gänzlich, daher das heuteheute das in überwiegendem Lichte Hervortreten desselben, welches sonst umgekehrt der Fall war. Bei den vorigen Chören, wie bei dem jetzigen, fehlte den Männern, namentlich den BässenBassisten, die kräftige Fülle, die nur das mit dem männlichen Alter sich erzeugende physische Vermögen geben kann. Dieser Mangel muß mit demdurch den Verlauf jedes Tages weniger fühlbar werden, welches bei den sich halbjährig stets erneuenden Kreuzschüler-Chören nicht möglich war. Künftige größere Auswahl ungerechnet.

Rücksichtlich des Fehlens des Männer-Chors, so hat der Buchstabe C. wohl etwas bemerkt, aber nicht gewußt, wo es herkam noch wie esund entstand. Eben der weibliche Chor war es, der zu spät eintrat und den unmittelbar daran sich schließendendarauf folgenden Männer-Chor zu demselben veranlaßte **)**) Die zweite Vorstellung war in dieser Rücksicht tadellos, und in der dritten war hin und wieder die Intonation nicht ganz sicherDie 2. Vorstellung fand am 17. Januar, die 3. Vorstellung am 21. Januar statt, vgl. Webers TB-Einträge und die Rezension in der Abend-Zeitung...

Wer aber das falsche Eintreten des Weiber-Chors veranlaßte, auszusprechen, verbietet mir die Achtung und Nachsicht, die jedem unwillkürlichen Versehen gebührt, und die jeder wahre Kritiker, freilich nicht der Krittler – hat, und haben muß.

Alles so in's Blaue hinaus wallende Loben oder Tadeln, ist gleich wirkungslos zum Guten, und der grundlose Tadelleztere kann höchstens bewirken, daß ein Theil gezwungen wird, zur SelbstvertheidigungVertheidigung Dinge zu entwickeln, die nicht für das größere Publikum gehören, oder als Ankläger der andern aufzutreten. Z. B. sollten sonst wirklich die Chöre nicht gewankt haben???

Die Stellung der Instrumente eines Orchesters richtet sich nach dem Bedarf der jeweiligen Oper, und ihr Haupterforderniß ist, daß kein Instrument wirkungslos versteckt stehebleibe, der Direktor Bühne und Orchester gleich gutalles übersehen, und eben so von allen einzelnen Gliedern wieder gesehen werden könne. Die Wirkung ist auf das ganze Haus berechnet. Die Bänke dicht hinter dem Orchester sind in allen Theatern am übelsten berathen; aberund eine Kunstanstalt kann keine so höflichennicht so höfliche Rücksichten wie ein Gesellschaftszirkel beachten.

Hält der Buchstabe C. es vielleicht für besser, wenn die Trompeten und türkische Musik so unter den Logen verstecktso verstekt unter den Logen sind, daß sie weder sehen noch hören? und immer außer dem Takte seyn müßen; wie ich öfter gehört habe.? Sollen die so sehr bedeutenden Violonzell-Fguren, auf deren Wirkung Spontini so viel hält, ferner auch noch blos von einem Violonzell gespielt werden, das mühsam unter und über dem Arm des Dirigirenden sich ängstlich durchwinden muß, um seine Noten zu erhaschen?mühsam unter und über dem Arm des Dirigirenden sich ängstlich durchwindend müßend um seine Noten zu erhaschen, gespielt werden?

Die Zeiten sind vorbei, wo der Baß einer italienischen Oper so friedlich 8 oder 10 Takte auf die nämlicheder nehmlichen Note gelagert – und durch unzählige Proben fast auswendig gelernt war, daß er gefahrlos aus der Partitur gespielt werden konntegefahrlos die Bäße aus der Partitur spielen konnten. Ueberhaupt der am Clavier Sitzende nur sein höflicher Blattumwender war, und das meiste dem Primo Violino überlassen blieb. Dieß alles geht bei den Musiken unserer Zeit nicht mehr oder höchst unsicher; in Deutschland und Frankreich nirgends mehr, nur noch in Italien kaumbei uns gar nicht, nur noch hin und wieder in Italien kaum.

Doch es würde sehr weit führen zu rechtfertigen, was eigentlich keiner Rechtfertigung bedarf, und was hier ausgesprochen wurde, geschah aus Achtung gegen Etwas, das der öffentlichen Meinung angehörig ist, und, meiner Ueberzeugung akustischen und andern langjährigen Beobachtungen und Erfahrungsgründen gemäß, angeordnet wurde; aus meiner Ueberzeugung akustischer und langjährigen Beobachtungen und Erfahrungsgründen gemäß.

EndlichSchließlich erlaube ich mir noch die Frage: warum der Buchstabe C. nur so ganz ausschließlich den italienischen Leistungen des Königl. Theatersder Königl: Theater seine Dinte geweiht hat? Es ist ein übel Ding um einseitigen Enthusiasmus. Er gereicht fast immer dem Lieblingskinde zum Schaden, und die Kunst ist eine gute Mutter, die alles mit gleicher Liebe, gleicher Strenge umfaßtumfängt alles mit gleicher Liebe, und gleicher Strenge.

Festes, gegründetes Urtheil gebt, und ladet durch Anderes nicht den Verdacht der Partheilichkeit auf VerwaltungHerren, Publikum und Redaktion. Will Letzterer doch individuelle Entzückungen drucken lassen, so möge der Entzückte nur auch sagen: derdas bin ich.