WeGA, Rezeptionsdokumente, Digitale Edition Tonkünstlers Leben. Fragment VIII (Entwurf) Carl Maria von Weber Veit, Joachim Stadler, Peter

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Machine-Readable Transcriptions of Newspaper Articles about Music and Theatre Performances in the early 19th Century

Nach der Karnevalsszene sinniert Felix allein über das Erlebte, denkt an Emilie und komponiert ein Lied auf das Gedicht des Teufels; er wird dabei von Dihl überrascht, der ihn in ein Gespräch über das Komponieren verwickelt

D; Berlin; Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung; Mus. ms. autogr. theor. C. M. v. Weber WFN 6 (I), Bl. 14a/r–14b/r

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Deutsch 14. November 1810 (laut A und TB) Subst hinzugefügt Text eingefügt und Korrektur gelesen Datei angelegt und header angepasst
d: 14t 9b Mannheim. Nachts.

Schlaflos . . . durchwachte ich die Nacht, Gedankenlos durchträumte ich einige Tage d: ich war in jener unglükseligen Stimmung in der leidenschaftliche Menschen so oft sich finden, weil der Stoff des Unglüklich Fühlens mehr in ihnen liegt, als von außen erzeugt auf sie wirkt wird. wo andere Menschen bloße Freude fühlen, möchten Sie jauchzen, wo andere wehmüthig werden, verzehrt Sie der Schmerz. in Extremen leben, fühlen, Handeln Sie, und Nichts erhebt Sie, wie eben diese unendliche alles umfaßende Wärme, die allein Schillers = seid umschlungen Millionen diesen Kuß der ganzen Welt = versteht, ist es was ihr Unglük im Gefühl nie zu füllender Leere in Ihrem Innern, erzeugt.

Ich floh zur Musik und hoffte von diesen Leidenschaften getrieben, ja bis zur Fieber Hizze entflammt, mein Gefühl in Tönen aussprechen zu können, aber umsonst, ein Chaos waren meine Ideen die Fülle meiner Empfindung verschlang sich selbst gebährend wieder, und stumpfes Gedankenvolles Nicht denken war das jedesmalige Ende.

Die gewöhnliche Bemerkung also, = der Lustige könne gut Lustig und der Traurige gut Traurig komponiren, = wurde an mir zu Schanden. Wer diese Bemerkung nachsagt, kennt den Menschen nicht, alles tief empfundene fühlt, sich, aber sagt sich nicht. Der Moment GeistesProdukt zu erschaffen, muß eine gewiße ruhige Stimmung seyn, die eigner, in dem Augenblik willkührlich erzeugter Begeisterung fähig ist, die das individuelle Ich so zu sagen, ganz zu verlaßen, und in das andere, das zu schaffende, überzugehen im Stande ist. – dieser Zeitpunkt war nun für mich nicht da, und ich hatte nur nach und nach, konnte ich wieder meiner ruhigen ungetrübten Stimmung habhaft werden, indem ich nach diesem lezten Zufall der mich so glüklich meiner Emilie zu nähern schien, und noch dann mir aber und doch wieder meine schönen Wunsch Träume in ihr altes Nichts zurüksinken hieß, da ich aller Nachforschungen ungeachtet keine Spur dieser Emilie mehr von ihr entdekken konnte – fest überzeugt war, daß ich Sie nie finden würde, daß das Schiksal Sie mir nicht bestimmt habe, und Vernunft und Ueberlegung mir endlich auch weis machten ich werde mich beruhigen ja, Sie vergeßen können.

der zufällige Anblik meines Masquen Kleides wekte wieder Sehnsuchtsvolle Errinnerungen an Sie in mir auf, mechanisch fuhr ich in die Tasche des Rokes den ich jenen Abend an hatte, fand ein Papier darin, und erkannte es bey erstem Anblik für das Gedicht ... welches mir der Teufel zum comp: gegeben, und ich auf die nächste Redute zu bringen versprochen hatte, daß es an eine Emilie gerichtet war, war mir ja hinreichender Beweggrund gewesen, aber jezt wollte ich auch deßen Inhalt meinem Prüfenden Blikke unterwerfen. ich las – – –

Der herzliche liebe In Geist der im Ganzen leuchtete begeisterte mich, und beym zweiten Lesen stand die Melodie klar vor meiner Seele, und ich eilte sie zu Papier zu bringen, und während dem niederschreiben vollends zu feilen und zu runden, als mein Freund Dihl mich bey der Arbeit überraschte. Na! Gott sey Dank, endlich wieder ein zufriedenes heiteres Gesicht, denn du arbeitest. störe ich? ich ganz und gar nicht, sprich nur fort, Dihl Sieh, das ist mir unbegreiflich, und ich habe dich schon lange fragen wollen wie du ein Gespräch fortführen und dabey arbeiten kannst. ich. ja lieber Freund ich möchte beynah mit Plato glauben, der Mensch, oder wenigstens ich, habe zwey Seelen; wenigstens habe ich offenbar zwey Wesen Dinge in mir wovon das eine das TonWesen, und das andere das zum Gesprächsel abgerichtete ist. denn ich kann sehr bequem von ganz andern Gegenständen zusammenhängend sprechen, und doch mit voller Seele und ganz von meinem Objekt erfüllt, TonIdeen bilden und componiren., doch muß ich gestehen, daß es mich angreift, und ich mich dabey bey wie ein Magnetisirter befinde, deßen Mund von Dingen spricht, von denen er eigentlich nichts weis und nichts denkt. Dihl, und ist dir das bey allen Arten von Componirtem gleich? ich nein, doch nicht ganz. die sogenannten eigentlich strengen Kunst Arbeiten, als Fugen, pp halten mich mehr ab, beydes zu vereinen; Dihl das ist kurios, denn ich sollte denken just bey dem Zeug brauchte man am wenigsten seine ganzen Verstand beysamen zu haben, und Einbildungskraft beysam zusammen zu nehmen, und dafür nur seinen Kirnberger, Fux, Wolf, oder wie die Thiere alle heißen, gehörig im Leibe zu haben. ich ach eigentlich thut es einem bey diesen abstrakten Arbeiten, am nöthigsten das Gefühl als Leitstern zu haben, damit man nicht durch die SchulGelehrsamkeit und ihre Künste sich in den Sumpf der Langeweile oder in den trokenen Sand der Lücke leiten läßt. Dihl da du jezt so vernünftig mit mir sprichst, machst du wohl keine Fugen? ich daß ihr Layen die armen Fugen nicht ungeschoren laßen könnt – nein ich habe eben ein Lied komponirt.