WeGA, Rezeptionsdokumente, Digitale Edition Aufsatz über Friedrich Kaufmanns künstlichen <q>Trompeter</q> Carl Maria von Weber Veit, Joachim Stadler, Peter

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Machine-Readable Transcriptions of Newspaper Articles about Music and Theatre Performances in the early 19th Century

die Erfindung von Kaufmann übertrifft lt. Weber die Mälzelsche Konstruktion; das Neuartige ist v.a. das Hervorbringen von Doppeltönen; außerdem können die hohen Töne a-h ohne Hilfsmittel angeblasen werden; weist auf weitere Erfindungen Kaufmanns hin Zuschreibung: autographer Entwurf (s. Überlieferung); vgl. Bartlitz, S. 66; entstanden lt. TB 12. September 1812. Zum Versand der Rezension vgl. Brief von Weber an Rochlitz vom gleichen Tag sowie TB Monatsübersicht September 1812; Weber besichtigte Kaufmanns Erfindung mehrmals, vgl. TB vom 12. Februar 1812 und 8. Januar 1813 Carl Maria von Weber Der Trompeter, eine Maschine von der Erfindung des Mechanicus, Hrn. Friedrich Kaufmann, in Dresden Allgemeine Musikalische Zeitung 14 41 7. Oktober 1812 663-666

D; Berlin; Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung; Mus. ms. autogr. theor. C. M. v. Weber WFN 6 (V), Bl. 37b/r–38a/r

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Deutsch Niederschrift und Versand 12. September 1812 (laut A und TB) geprüft, weitere Kommentare und Status erhöht Kommentare ergänzt mit Entwurf verglichen und Abweichungen als Apparat vermerkt Notenbeispiel eingefügt notatedMusic-Elemente Text eingefügt, ausgezeichnet und Korrektur gelesen nach ED mit Schriftenliste abgeglichen Initiale Transformation aus der Schriftenliste.xml (Ticket #813)
Der Trompeter,eine Maschine von der Erfindung des Mechanicus,Hrn. Friedrich Kaufmann, in DresdenEinen kurzen Hinweis auf diese Erfindung beabsichtigte Weber am Ende seines Aufsatzes über Anton Dreyssigs Singakademie zu geben; dieser Abschnitt wurde jedoch von der Redaktion der Zeitung für die elegante Welt gestrichen und ist nur noch über den Entwurf rekonstruierbar..

Hr. Kaufmann in Dresden ist als Erfinder des HarmonichordsAugust Apel widmete sich in der AmZ in einem Beitrag ausführlich diesem Instrument; vgl. Nr. 64 (19. Dezember 1810), Sp. 1030–1038, mit dem er verflossenes Jahr eine Reise durch einen Theil Deutschlands machte, rühmlichst aufgetretenVgl. Aufsatz über die Erfindungen der Kaufmanns und über das Konzert am 13. Juni 1811 in München. Seine neuern Schöpfungen aber sind so ausgezeichnet, merkwürdig, besonders für den Akustiker, dass sie verdienen, der Welt so viel als möglich bekannt zu werden. – Der Mechanicus, Hr. Mälzel in Wien, ist bekanntlich der erste Erfinder der Vorrichtung, die die natürliche Embouchure(von frz.: bouche = Mund), zwei Bedeutungen: 1. Mundstück von Blasinstrumenten sowie 2. Mundstellung bzw. Ansatz beim Blasen eines Blasinstruments des Menschen an der Trompete nachahmt. Er bereicherte dadurch die Orgel und andre ähnliche Werke bedeutend, die sich bis dahin nur mit Pfeifenregistern, (Rohrwerken) die dem Trompetenton ähnelten – behelfen mussten. Späterhin vervollkommnete er seine Erfindung so weit, dass er durch diese künstliche Embouchure auch auf Einer Trompete, wie ein Bläser, mehrere Töne zu erzeugen wusste; da er früher zu jedem Ton eine Trompete nöthig hatte. – Auf diesem Wege ist nun Hr. Kaufmann weiter geschritten, und hat einen künstlichen Trompeter verfertiget, der den Mälzelschen in jeder Hinsicht weit übertrifftVgl. dazu Rebecca Wolf, Friedrich Kaufmanns Trompeterautomat. Ein musikalisches Experiment um 1810, (Diss. Archiv für Musikwissenschaft. Beihefte, Band 68)), Stuttgart 2011 sowie dies., Die Musikmaschinen von Kaufmann, Mälzel und Robertson. Eine Quellenedition, Deutsches Museum München 2012 (PDF). Ref. hatte während seines Aufenthaltes in Dresden Gelegenheit, diese Maschine noch unvollendet auf dem Schraubstocke zu sehen und zu hörenVgl. TB 12. Februar 1812. Sie war aller Bekleidung beraubt, und jede Täuschung durch verborgene Mittel musste daher wegfallen. Die höchst einfache, compendiöse Maschine blies auf einer, ihr angesetzten Trompete (welche Ref. mehrere Male wechselte, um Versuche zu machen) mit vollkommen schönem, gleichem Tone, und fertigem Zungenstoße die Töne

in verschiedenen Aufzügen, Fanfaren u. dergl. Schon hierin sind die Töne a und h nebst den Clarino-Tönen merkwürdig und bey Mälzel nicht zu finden. Aber noch interessanter und an das Unbegreifliche gränzend ist das Hervorbringen von Doppeltönen in der gleichsten Stärke und Reinheit. Ref. war sehr überrascht, als er nach einigen einstimmigen Sätzen auf einmal ein Paar muntere Aufzüge in Octaven, Terzen, Quinten etc. und einen sehr schönen Doppeltriller auf f/d zu hören bekam. Nach akustischen Erfahrungen ist freylich die Gewissheit des Mitklingens der zu gewissen Accorden gehörigen Töne bekannt, und einzelne Versuche, besonders auf Horn und Flöte, wurden schon von ausübenden Künstlern unternommen, aber nur als sehr unsicher in der Ausführung, und als Künsteleyen betrachtet. Es ist daher höchst merkwürdig für die Theorie der Tonerzeugung, dass ein Instrument dasselbe mit eben der Vollendung, wie zwey Trompeten, hervorbringen kann. Was einer Maschine möglich wurde, sollte wol dem Vorbilde – dem natürlichen Ansatze – auch nicht unmöglich seyn. Die Töne a-h konnten bisher nur vermöge des bekannten Stopfens mit der Hand geblasen werden, und waren aus der Reihe der brauchbaren Töne ganz verbannt, weil sie sowol schwer zu blasen, als auch zu ungleich und abstechend im Ton von den sogenannten natürlichen Tönen waren. Hier stehen sie aber alle im schönen Verhältnis, in gleicher Kraft, und zwar ohne ein anderes Hilfsmittel, als das des Mundstückes. Wenn auch die Doppeltöne für den gewöhnlichen Gebrauch unausführbar wären, welche Bereicherung wüchse uns nicht schon durch jene Töne zu! Wie viel effectvoller und zweckmässiger könnten künftig die Trompeten benutzt werden! – Sonderbar ist, dass Hr. Kaufmann, trotz aller angewendeten Mühe, bis jetzt noch keine Sexte zugleich, erzwingen konnte, da er doch sogar Secunden, grosse und kleine Terzen, Quarten, Quinten und Octaven hat. – Hr. Kaufmann ist der Vollendung des Aeussern nahe, (ein Trompeter in altspanischer Tracht, in dessen Kopfe auch eine Uhr angebracht wird, vermöge welcher man es bestimmen kann, zu welcher Stunde er von selbst blasen soll etc.) und wird dann hoffentlich mit diesem interessanten Kunstwerke, das auf jeden Fall Stoff zu vielen neuen Ansichten und Versuchen darbietet, eine Reise unternehmen.

Nächst diesem ist bey Hrn. Kaufm. noch zu finden:

1) Ein Trompetenwerk mit Uhr von 24 Trompeten und 2 Pauken, welches mehrere Stücke spielt. Hier hat zwar jede Trompete nur Einen Ton: die Zahl derselben erzeugt aber doch Mannigfaltigkeit, und Ref. fand daran besonders auszeichnungswerth, dass sie die Abwechslungen des Piano und Forte besitzt. Bey dem Paukenwirbel wird das Crescendo durch einen auf besondere Art gefertigten Klöppel hervorgebracht, wo auch zugleich das Unangenehme des unwillkührlich doppelten Anschlags derselben bey Mälzel – vermieden wird. Das Gehäuse von Mahagoni und Bronze, wo die Trompeten selbst eine natürliche Trophee bilden, ist geschmackvoll und zweckmässig. – Diese Maschine ist im Ganzen den Mälzelschen Trompetenwerken nachgebildet, doch vollkommner, namentlich des Piano und Forte wegen etc.

2) Eine Maschine eigner Erfindung, mit Uhr. Sie spielt auf dem Fortepiano, (nicht, wie bey gewöhnlichen Spieluhren, auf Harfe) Flöte und Flageolet mehrere Ouverturen, Concerte etc. Ganz neu bey Spieluhren ist hier der wirklich natürliche Anschlag des Fortepianos durch Hämmer, so wie der bey denselben übliche Gebrauch der einzelnen Dämpfer oder Züge, welche, so wie es der Vortrag verlangt, von der Walze selbst gehoben werden. Da übrigens auch durch willkührlichen, schwächeren und stärkeren Anschlag der Hämmer selbst, Piano, Crescendo, Decresc., Forz. etc. hervorgebracht wird, und die Flöte ebenfalls sich durch Cresc. und Decresc., und zwar in aushaltenden Tönen auszeichnet – so ist natürlich, dass dadurch weit mehr Geist und Leben in die Musik gebracht werden kann, als bis jetzt bey dergleichen Maschinen der Fall war. Ein Bureau von Mahagoni mit einem Tempel auf Marmorsäulen geziert, in dessen Kuppel sich eine Uhr befindet, – umschliesst das Ganze.

Ausserdem hat Hr. Kaufmann seit seiner letzten Reise wieder ein neues Harmonichord gebaut, welches stärker und voller im Ton und in der Höhe weniger spitz ist, auch geschwinderen Anspruch, und daraus entspringende grössere Deutlichkeit, vor dem ersten voraus hat.

Die beyden Spieluhren sind von der Erfindung des Vaters, J. G. Kaufmann; das Harmonichord ist durch gemeinschaftlichen Fleiss entstanden, der Trompeter aber alleinige Schöpfung des Sohnes, Friedrich Kaufmann.

Möge dieser thätige, genievolle, junge Mann die Unterstützung und Aufmunterung finden, die seines rühmlichen Strebens würdig ist! –

September 1812. Carl Maria von Weber.