## Title: Karl Theodor Winkler an Charlotte Birch-Pfeiffer. Dresden, Donnerstag, 3. März 1842 ## Author: Winkler, Karl Theodor ## Version: 4.10.0 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A045663 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Dresden am 3. März 1842. Hochgeehrteste Freundin! Immer hofte ich, Sie sollten Ihrem so außerordentlich gütigen Briefe noch einen zweiten, oder lieber ein Päktchen folgen lassen, das mir die Bearbeitung der Fesseln brächte, aber bis jezt vergebens, ich darf es daher nicht länger anstehen laßen, Ihnen meinen Dank für alles Gute und Liebe zu sagen, was mir Ihr freundliches Schreiben brachte. Alles was Sie mir über die Weber-Meyerbeersche Oper schrieben, ist so vollkommen wahr und verständig, daß ich nur das freudigste Ja dazu sagen kann. Vor allen sende ich Ihnen nun anliegend das vollständige Buch, wie ich es für Weber gearbeitet hatte. Doch sollte auch schon für ihn manches, besonders im lezten Akte anders gemacht werden, was ich nur notirte, aber noch nicht ausführte. In der Composition selbst ist aber nur Weber bis zu den beiden ersten Musikstücken im zweiten Akte gekommen, folglich nur so weit als das erste Mscpt. reichte, das ich Ihnen sendete. Diese Musik muß nun benuzt werden, und Text wie Situation geben Rithmus und Charakter an. Mit Ihnen fühle ich die unsagliche Schwierigkeit einer neuen Bearbeitung; ich habe das auch Meyerbeer gesagt und mich ganz losmachen wollen von irgend einem Versuche, aber er bestand darauf, aber nun muß man wenigstens etwas thun. Ihre rege Phantasie sollte daher nur eine Idee angeben, etwas Scenirtes, die eigentliche Textausarbeitung würde dann mir zu Theil werden. Aber Meyerbeer treibt und wünscht es bald. Thun Sie also was Sie können. Freilich eröfnen Sie mir für den Sommer ein recht freundliches Zusammenarbeiten, aber das ist noch sehr weit hin, und es wäre doch besser bey M. das Eisen zu schmieden, so lange es warm. Aber kommen sollen Sie ja. Durch Empfehlung an unsre trefliche Königin wird es Ihnen gewis nicht schwer werden, zu Darstellung einiger Gastrollen zu gelangen, und das Publikum wird auch gern die trefliche Frau als Künstlerin sehen wollen, der es als Dichterin so viele geistige Genüsse verdankt. Ich sollte hoffen, daß sich das combiniren laßen würde, aber Lüttichau hat sich vorbehalten, daß dies alles durch seine Hand gehe, und da muß ich mich bescheiden in den Hintergrund zurückziehen. | Meine Bearbeitung der Fesseln ist nun in Leipzig, Breslau, Cassel und Nürnberg mit vielem Beifalle gegeben worden, ja selbst die Leipziger jungdeutsche Kritik hat recht vieles Gute darüber gesagt, und es als Muster fürs Lustspiel aufgestellt. Nur in Hamburg hat eine andere Bearbeitung von Eichler vom zweiten Theater aufgeführt nicht gefallen. Hier kommt es erst, so der Himmel will, im August und mit der Bauer und Emil Devr. dran. Sie sehen daran, wie wenig ich meine eignen Arbeiten vorwärts bringen kann, was Wunder daher, wenn mirs aller Mühe ohnerachtet, noch nicht mit Ihrem Steffen geglükt ist. Es ist ein Jammer. Lüttichau und Tiek sind jetzt ganz für Laube und alles andre wird bei Seite geschoben. Allerdings hat auch vorigen Sonntag Monaldeschi außerordentlich gefallen. Fragen Sie mich aber aufs Gewissen, so antworte ich ja, aber durch das vortrefliche Spiel von Devrient in der Titelrolle und der Berg als Königin Christine, durch 2. neue köstliche Dekorationen — der 4te Akt spielt auf dem Schifsverdek — und durch das höchstsorgfältige Einstudieren, da wir 5. Proben und manche von 5. Stunden gehabt haben. Genie ist allerdings in dem Werke, aber dramatische Wahrheit und Wärme nicht. Jezt gehts nun an Tieck Lieblingsgericht Rococo, Lustspiel, da aber Devrient darinn nicht mitspielt, und nichts Aeusseres mitwirkt, so wird der Erfolg ein bei weitem weniger günstiger seyn. Ist aber Devrient fort, so hoffe ich doch noch mit Schöpe, der für den Steffen viel beßer paßt als jener, und Ditmarsch, der ein guter Peter seyn wird, etwa Ende April das Stück herauszubringen, das jedenfalls sehr anziehen wird, denn es ist voll drastischer Momente und mit einer dabey wohlthuenden Biederkeit geschrieben. Kunde sollen Sie dann sogleich davon haben. Und damit genug für meine vielbeschäftigte Freundin. Erhalten Sie mir Ihre wohlwollende Theilnahme, da uns ja jezt ein schönes Geheimnis verknüpft, und bleiben Sie überzeugt von der vollkommensten Hochachtung Ihres ganz ergebensten KWinkler.