Korrespondenz und Notizen.
Aus Prag.
Im Monate Februar wurden Thalien wenig neue Opfer gebracht, und es scheint, als hätte diese Muse selbst ihre Verehrer in das Gebiet Terpsichorens gewiesen.
Am 12ten bereitete uns Hr. Grünbaum, als
am Tage seiner Einnahme (denn wir gewinnen meistens nur durch Benefize die Vorstellung
neuer, oder neu einstudirter Opern) den Genuß der herrlichen Pär'schen Oper: Achilles, nach einer eigenen Uebersetzung, die freilich keine reiche Ader von
Dichtergeist verräth, aber, mit Ausnahme einiger barocker Ideen, doch immer an die
Seite der Castellischen und Seyfried'schen ähnlichen Arbeiten mit Recht gesetzt zu werden verdient.
Die Aufführung derselben war nicht von befriedigender Art, und wenn wir gleich Dem. Müller als Brisels, Hrn. Grünbaum
als Achilles, und Hrn. Schreinzer als Agamemnon ihres schönen
Gesanges wegen loben müssen, so können wir doch ihr Spiel, noch weniger aber Spiel
und Gesang der übrigen darstellenden Personen genügend nennen.
Ein Herr Julius gibt seit einiger Zeit
Gastrollen auf unserer Bühne. Wir sahen ihn bisher als Lieutenant
Graf Werthen in dem Lustspiele: Die
beschämte Eifersucht; als Pankrazkus Wachtel in dem
Lustspiele: Sorgen ohne Noth und Noth ohne Sorgen (wobei ihm die Ehre des Hervorrufens zu
Theil ward); als Major von Sonnenschild in dem Lustspiele:
Der Hausdoktor, und endlich als Graf
Benjowsky in dem Schauspiele: Die Verschwörung auf
Kamtschatka. In seinen Darstellungen, die zu nicht unbedeutenden
Erwartungen berechtigen, offenbarte sich ein Geist, der durch gute Muster geleitet,
etwas Vorzügliches dereinst wird leisten können, und daher auf dieser Bahn zu
bleiben, ermuntert werden darf.
Mit dem bevorstehenden Benefize der Demois. Müller steht uns auch das Vergnügen bevor, die, in dem Andenken aller
Musikfreunde, immer noch entzückende Oper: Zemire und Azor von Gretry zu sehen, und dadurch
mehrere Abende angenehm zuzubringen.
Am 19ten Febr. gab Hr. Friedrich Brandt,
königl. bierscherbayerischer Kaammermusikus und erster Fagotist im Conviktsaale eine große
musikalische Akademie, die uns einen herrlichen Genuß gewährte, und dem
vortrefflichen Künstler enthusiastischen Beifall verschaffte. Folgende Stücke
bildeten das Ganze: im ersten Theile: Ouvertüre von J. Gänsbacher, Fagotkonzert, komponirt
von Karl Maria v. Weber und meisterhaft geblasen von Brandt, die Ideale von Schiller, deklamirt von Mad. Brede,
und Arie: gesungen von Müller; im
zweiten Theil: Ouvertüre von Pär, Krispin und Krispine von Gellert, deklamirt von Mad. Brede,
dann ein Andante e Rondo ungarese, komponirt von Karl
Maria v. Weber, geblasen von Brandt,
die durchgehends sehr gut exekutirt, und von dem Orchester
mit gelungenem Eifer unterstützt wurden.
Die Karnevalslustbarkeiten haben nunmehr ihr Ende erreicht.
Außer den gewöhnlichen Redouten, in welche die drei ersten Sonntage verschiedene, von
dem gegenwärtigen Pächter, Hrn. Liebich, veranstaltete
Spektakelstücke eine bedeutende Menge Neugieriger lockten, und die später, wie
immer, sehr zahlreich besucht wurden, hatten wir die Societätsbälle des hiesigen
Adels, dann die der Scharf- und Bolzenschützen und einen von dem Freiherrn von Bredtfeld zu Ehren der Prager hohen Schule gegebenen Ball,
welcher sich vor allen an Glanz und Schönheit auszeichnete, und dem beinahe alle
Großen der Stadt beiwohnten.
Die diesjährige Tanzmusik bestand aus Wiederholung alter
Gedanken und schlechter Verarbeitung neuer, die den Tanzlustigen nicht sonderliche
Schwungkraft verlieh, und die meistens von solchen Komponisten herrührte, welche
nichts mehr als ihren Namen dabei ihr Eigenthum nennen
können.
In unsern Buchdruckerpressen herrscht jetzt Stillstand. Schießler's längst erwartetes zweites Bändchen seiner neuen
Darstellung Prags und der Umgebungen desselben, wird in
einigen Tagen fertig.
Karl Maria v. Weber, auf dessen Besitz
als Kapellmeister bei unserm Theater, statt des mit Ostern von hier abgehenden W. Müller wir mit Recht stolz seyn können, arbeitet an einer
neuen Oper: betitelt: Libussa, die einen Berliner Dichter zum
Verfasser, und die böhmische Sage von dieser Prophetin zum Gegenstande haben soll.