Zu Webers Schuldentilgung nach seiner Ausweisung aus Württemberg Joachim Veit

Version 4.9.1 of February 5, 2024

Download of this file: 2024-03-28T19:24:33.51Z

Carl-Maria-von-Weber-Gesamtausgabe
Hornsche Str. 3932756 D Detmold
Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0) http://weber-gesamtausgabe.de/A090053

Written directly in Oxygen

font-style: italic;font-style: italic;text-decoration: underline;vertical-align: super; font-size: 0.8em; line-height: 0.7em;vertical-align: sub; font-size: 0.8em; line-height: 0.7em;display: block; text-align: center;display: block; text-align: right;font-style: italic;display: block; text-align: left;letter-spacing: 0.15em;font-size: smaller;font-weight: bold;font-variant: small-caps;content: '"'content: '"'content: "'";content: "'"; als Version 1.0 eingestellt Datei angelegt und teilweise ausgezeichnet
Die Ausgangslage

Im Themenkommentar zu den Stuttgarter Prozessakten ist die Höhe der Schulden Webers nach der Anhörung der Gläubiger am 17. Februar 1810 mit insgesamt 2.092 Gulden angegeben, hinzu kamen 573 Gulden, die Weber als bei auswärtigen Creditoren schuldig angab, d.h. die Gesamthöhe belief sich demnach auf stattliche 2.665 Gulden.Vgl. dazu u.a. A100275 und A046019. In einer eigenen Auflistung vom 12. Februar 1810 hatte Weber die Schulden mit ca. 2.300 Gulden angegeben, sein Aktiv-Vermögen auf ca. 8–900 Gulden und die künftigen Einnahmen durch den Verkauf seiner Oper hypothetisch auf 1.400 Gulden geschätzt. Da Webers Arretierung von diesem Zeitpunkt an zu Lasten der Gläubiger ging und diese rasch erkannten, dass ihr Schaden so noch größer würde, beantragten sie am 22. Februar die Aufhebung des Civilarrests. Auf Anordnung des Königs wurde Weber dann am 26. Februar samt seinem Vater aus Württemberg ausgewiesen und zur Grenze bei Fürfeld eskortiert, die beide am 27. Februar passierten. Laut TB verfügte Weber dabei noch über 40 Gulden und der Polizist Ludwig Friedrich Götz überließ ihnen nach der Zwischenübernachtung in Heilbronn noch 25 Gulden, die aber für die Reise bis Mannheim erforderlich waren, wo beide Webers am selben Tag abends ankamen und zunächst im Pfälzer Hof Quartier nehmen mussten. Webers erstes Konzert am 9. März diente daher der dringlich notwendigen Aufbesserung seiner Kasse – allerdings blieb laut TB nach Abzug der Kosten für ihn ein kaum nennenswerter Ertrag übrig. Nur durch die Unterstützung des Sängers Ludwig Berger, den Weber aus Stuttgart kannte und bei dem er nun in Mannheim zunächst fast alle Abende verbrachte, sowie durch das etwas bessere Ergebnis seines zweiten Konzerts am 28. März (vgl. TB) war die finanzielle Situation überhaupt noch tragbar. Ab 1. April erhielt Weber dann bei Berger dauerhaft Quartier (wofür er fast 24 Gulden monatlich aufzubringen hatte). Seine intensiven Bemühungen um Konzerte und den Verkauf seiner Opern sind angesichts dieser Kassenlage nur allzu verständlich – an eine Tilgung der in Stuttgart hinterlassenen Schulden war also zunächst noch nicht zu denken, zumal Weber auch in Breslau Schulden hinterlassen hatte. Zugleich musste er sich auch um die Schulden seines Vaters kümmern.Rudolf Krauß gibt allerdings in seinem Beitrag zu Webers schwäbischen Flegeljahren an: Die Schulden des Vaters, der ja aus der Tasche des Sohnes gelebt hatte, waren jedoch belanglos und konnten mit dem Erlöse seiner Effekten, der nach Abzug der Auktionsunkosten 120 Gulden 31 Kr. ergab, gedeckt werden. Diese Auktion fand aber erst nach der amtlichen Bestätigung der Schulden vom Mai 1810 statt. Zu Franz Anton von Webers Schulden vgl. auch den Themenkommentar Zur Tilgung von Franz Anton von Webers Mannheimer Schulden. Die deplorable Finanzsituation war offensichtlich Anlass für das am 26. Februar einsetzende Führen eines Tagebuchs, das vornehmlich der Dokumentation von Einnahmen und Ausgaben dienen sollte und am Ende des Jahrgangs 1810 auch eine Moralische Uebersicht des Jahres 1810 enthält, in der es u.a. heißt: Ich kann mit Beruhigung und Wahrheit sagen daß ich diese 10 Monate über beßer geworden bin, meine traurigen Erfahrungen haben mich gewizzigt.

Die Tilgung der Schulden bis zum Ende von Webers Anstellung in Prag

Zwei Quellen sind für den Nachweis der Schuldentilgung von besonderem Interesse: Webers Tagebuch und sein Briefwechsel mit Christian Friedrich Klüpfel, der die Abwicklung der Schulden bei der Stuttgarter Stadtschreiberei betreute. Er bestellte mit einer vom 17. April 1810 datierten Anzeige die Gläubiger für den 21. Mai ins Stuttgarter Stadtoberamt, um ihre Ansprüche nun rechtsbehörig zu erweisen. Aus dem Briefwechsel geht hervor, dass der notwendige Verwaltungsvorgang zusätzlich dadurch kompliziert wurde, dass Gegenstände, die Weber in Stuttgart zurückgelassen hatte, teilweise in die Tilgung einbezogen wurden. Diese Gegenstände, zu der auch seine Oper Silvana und 4 kleine vortreffliche Niederländer Gemählde auf Holz. gehörten, hat Weber in einem undatierten Verzeichniß derer Sachen die ich meinen Gläubigern cedire vom Februar 1810 erfasst. Dort ist auch ein 1 Großer Flügel von Mahagoni mit Bronze genannt – nach einem verschollenen Dokument im Stuttgarter Stadtarchiv vom 24. Oktober 1811Bestätigt werden Summe und Rückgabe-Absicht durch ein erhaltenes Dokument im Hauptstaatsarchiv Stuttgart vom 17. Februar 1810. wurden für den vom Hofinstrumentenmacher Haug zurückgenommenen Flügel 279 Gulden 56 Kreuzer erstattet, so dass sich dadurch die Schuldensumme reduzierte. Die zurückgelassenen Gegenstände gingen in eine Auktion, die insgesamt 612 Gulden 33 Kreuzer erbrachte und deren Erträge der Stadtschreiber Klüpfel detailliert in seinem Schreiben vom 12. März 1813 auflistete. Den größten Betrag erhielt dabei Webers Hauptgläubiger Hönes.

Aufgeführt in dem Verzeichnis sind auch ein Noten Repositorium und mehrere Kisten. Aus dem Brief des Stadtschreibers Klüpfel an Weber vom 12. März 1813 geht hervor, dass Weber sich Anfang des Monats bei diesem nach dem Verbleib von in Stuttgart zurückgelassenen Musikalien, Büchern und Familienportraits erkundigte. Klüpfel bemerkte dazu: Die Musikalien, Manuscripte und einige Bücher die Sie hier zurükließen erhielt Löwen Wirth Höhn, der auch die vorhanden gewesene Familien-Gemälde aus der Masse an sich zog, weil er der vorzüglichste Gläubiger war. Wenn ich gewußt hätte, daß Ihnen an deren Wiedererlangung gelegen gewesen wäre; So hätten alle Stüke um ein geringes Geld von ihm erkauft werden können. Er habe sich inzwischen bei Hönes erkundigt – die Gemälde seien noch vorhanden, lediglich von den Musikalien seien ihm einige Blätter weggekommen. Im Brief vom 28. Juli 1813 dankte Weber Klüpfel dann dafür, dass er die Musikalien, Bücher, Gemählde, Manuscripte pp zurücknehme und bat sie an Gottfried Weber in Mannheim zu spedieren. Im Brief vom 3. August erwähnt Klüpfel dann, dass Hönes ihm die Sachen in einer Kiste überbracht habe. In einem Brief vom 16. August 1813 bestätigt Gottfried Weber schließlich Klüpfel den Empfang dieser Kiste, enthaltend u.a. zwei Familien Portraits und die Partitur einer Oper. Peter Schmoll; es folgt dann eine Liste mit übersandten Büchern, die mit einem von unbekannter Hand geschriebenen BücherVerzeichniß übereinstimmt, das Webers Brief an Gottfried Weber vom 21. Juli 1817 aus Dresden beiliegt und das Gottfried seinem Freund zu einem früheren Zeitpunkt einmal geschickt hatte.Vgl. zu diesem Bücherbestand den Beitrag von Eveline Bartlitz: Ein-Blick in Carl Maria von Webers Bücherschrank, in: Weberiana, Heft 17 (2007), S. 29–66, speziell S. 31–34. Am Ende des Briefes von Gottfried Weber an Klüpfel sind noch die Partitur einer Messe von HasseWährend hier von einer Messe Hasses die Rede ist, war in der dem Brief vom 21. Juli 1817 beiliegenden Liste zunächst Graun eingetragen; der Name ist aber in Bleistift durch Hasse ersetzt und Hasse ist als Autor auch in dem Gottfrieds Brief an Klüpfel vom 16. August 1813 beiliegenden Verzeichnis genannt., C. Ph. E. Bach’s Heilig (für zwei Chöre und Orchester Wq 217), und einige durchaus unvollständige Fragmente von Musikalien aufgelistet. Erst in Dresden erhielt Weber diese Dinge zurück – am 6. September 1817 ist im TB die Ankunft der Kiste aus Mainz vermerkt.Vgl. dazu ebenfalls den genannten Beitrag von Eveline Bartlitz.

In einem nicht näher datierten Verzeichniß der bis jezt noch unbefriedigten Gläubiger des Herrn Baron Carl Maria v. Weber ist als Zwischenbilanz eine Summe von 1.974 Gulden, 51 Kreuzer und 5 Groschen festgehalten (die größten Anteile hatten dabei die beiden Gastwirte Hönes und Siegele) – diese Summe wird auch auf einer weiteren undatierten Notiz zur Schulddenabtragung in Stuttgart und Ems zwischen 1812 und 1816 genannt.

Dass Weber 1813 die Stelle als Kapellmeister in Prag annahm, hatte offensichtlich auch damit zu tun, dass er hoffte, auf diese Weise seine Schulden rascher zu tilgen, denn dem TB vertraute er am 13. Januar 1813 nach den Verhandlungen mit Liebich an: aber um die Wonne zu genießen bald meine Schulden als braver Kerl bezahlen zu können, thue ich schon etwas.Schon bei dem Angebot der Wiesbadener Stelle 1811 hatten diese Erwägungen eine Rolle gespielt, vgl. den Brief an Gottfried Weber vom 8. Juli 1811. In der Tat gelang es Weber die Stuttgarter Schulden bis zum Ende seiner Prager Dienstzeit vollständig zu begleichen.

Folgende Zahlungen lassen sich im einzelnen nachweisen: Datum Beschreibung Quellen 16. 02. 1811 von Frankfurt aus an den Arzt Brückmann in Bad Ems Uebersendung meiner halben Schuld mit 55 ƒ A065212, Zusatz zu A040529; A100016 02. 05. 1811 in München die Würzburger Zahlung für seine beiden Opern eincassirtmit 165 ƒ. sogleich an Hiemer geschikt für die Silvana und meine Schulden 100 ƒ –. Diese Zahlung lief demnach nicht über die Stadtschreiberei.Rudolf Krauß hatte noch Zugang zu den Hiemer betreffenden Teilen der Schuldenakte und schreibt dazu: Unter den Gläubigern befand sich auch der Librettist der Silvana, der Stuttgarter mit Weber befreundete Schriftsteller Sekretär Franz Karl Hiemer. Er hatte für Herstellung der Oper 58 Gulden 6 Kr. bar ausgelegt. Hiemer versuchte nun, sich des Vertriebes anzunehmen. Er machte in einem Schreiben vom 17. Februar 1810 an das K. Stadtoberamt den Vorschlag, er wolle an alle ihm bekannten deutschen Theater schreiben und sich zum Nutzen der Weberschen Gläubiger den Vorschluß seiner Oper, ohne eine Belohnung dafür zu fordern, angelegen sein lassen. Laut mündlichem Vertrag hatte der Textdichter nach Abzug der Unkosten ein Drittel vom Erlös zu beanspruchen, während zwei Drittel dem Komponisten zufielen. Hiemer wollte indessen bis nach Tilgung aller beim Stadtoberamte angemeldeten Weberschen Schulden freiwillig auf jeden Anteil verzichten und beanspruchte nur jene 58 Gulden, die er von seinem letzten Besoldungsquartal (Lichtmeß 1810) Weber zum Behuf seiner Oper bar vorgestreckt habe. Man scheint sich auf diesen uneigennützigen und gut gemeinten Vorschlag, bei dem freilich nichts herauskommen konnte, eingelassen zu haben, denn am 21. Februar quittierte Hiemer, bei dem Fahrnisanschlag des Herrn v. Weber einen Klavierauszug von dem Schlußchor seiner Oper Silvana erhalten zu haben, um denselben durch den Kompositeur in Partitur setzen zu lassen, ferner noch 6 Bogen vierzehnlinichtes Notenpapier zu eben dem Gebrauch. A065287 28. 03. 1812 In Potsdam hatte Weber am 28. März 1812 mit Heinrich Baermann vereinbart, dass die Gelder aus dem Erlös des Verkaufs ihrer gemeinsam im November 1811 gekauften Kutsche (vgl. Themenkommentar Webers Kutschen) nach Stuttgart fließen sollten (im TB heißt es anschließend: für die Prager Silvana, so dass denkbar ist, dass es sich hier um zusätzliche Kosten für eine Partiturkopie handelte). Vgl. dagegen den Eintrag unter 31. 12. 1812. A065618, A100016 (dort als Anweisung an Baermann unter dem 27. März eingetragen) und A065896 01. 10. 1812 aus Gotha an die Stadtschreiberei 20 # in Gold oder 65 rh:– übersandt (als Teil des Honorars von 20 #, das Weber am 28. August in Berlin für seine Opern Silvana und Abu Hassan erhalten hatte, vgl. TB bzw. A100016, wo die Summe mit umgerechnet 115 ƒ ausgewiesen ist). Laut Begleitbrief vom 1. Oktober sollten damit vor allem die Forderungen des Gastwirts Schwaderer getilgt werden (offensichtlich ging die Zahlung aber an Hönes). A065805, A040529, A100016, A046824 17. 12. 1812 laut Klüpfels Verzeichnissen ein Wechsel über 66 Gulden an den Bankier Marx Pfeiffer gegeben; Summe in Webers TB in der Übersicht Ende Dezember 1812 erwähnt (demnach handelt es sich um die Summe, die Weber von Bärmann für den Verkauf ihres gemeinsamen Wagens erhielt; vgl. Eintrag zum 28. März 1812) A065896, A040568, A040748 02. 03. 1813 am 1. März Wechsel von 140 ƒ im 24 ƒ fuß 154 ƒ – aufgenommen, am 2. März an die Stadtschreiberei übersandt; die Summe erhielt der Löwenwirt Hönes A062314, A062315; Vermerk in A040568; vgl. auch A062344 19. 05. 1813 in Prag am 19. Mai im TB Wechsel für Brückmann mit 65 ƒ erwähnt; am 22. 5. an ihn die übrigen schuldigen 55 ƒ im 24 ƒ fuß geschikt A062393, A062396, A100016 28. 07. 1813 sendet aus Prag einen Wechsel von – 150 ƒ 24 ƒ fuß nach Stuttgart und erwähnt, dass er auch Doctor Brukmann in Ems mit 110 ƒ bezahlt habe; Klüpfel übergibt davon 109 Gulden an Hönes (den Rest seiner Forderung) und 41 Gulden an Carl Siegele. A062463, A040629, A040569, A100016 19. 01. 1814 von Prag aus Wechsel von 500 ƒ an die Stadtschreiberei geschickt (laut Klüpfels Antwort vom 21. MärzWeber fragte laut TB am 16. März nach, weil er bis dahin keine Antwort auf die Sendung erhalten hatte. war der Brief mit 18. Januar datiert); Klüpfel tilgte damit den Rest der Schuld bei Carl Siegele und erwähnt, dass er den Rest unter mehreren Gläubigern verteilen wolle A062638, A062694, A040655, A100016 11. 03. 1815 von Prag aus an die Stadtschreiberei einen Wechsel von 500 ƒ abgeschikt (am 10. März bei Ballebene erstanden). Zu den Details und der Verwendung gibt Klüpfels Brief vom 21. März 1815 Auskunft und beziffert die Restschuld auf 500 Gulden. A062831, A062832, A040771, A040748, Zusatz in A040655, A100016, A100058 06. 04. 1816 von Prag aus an die Stadtschreiberei einen Wechsel zur lezten Tilgung meiner Schulden geschikt, von Ballabene auf die Hof-Banque mit 500 ƒ im 24 ƒ fuß. A064015, A100016

In seinem Begleitbrief zur Sendung vom 6. April 1816 bat Weber Klüpfel um ein Gerichtlich bestätigtes Verzeichniß meiner bezahlten Schulden und regte eine Zeitungsanzeige an, in der aufgefordert werden sollte, ggf. noch bestehende Forderungen an ihn zu melden. Auf Klüpfels vorausgehendem Brief vom 21. März 1815 notierte Weber am Rand: hoffentlich das Lezte. Te Deum laudamus. Aus Stuttgart kam zunächst keine Reaktion, so dass sich Weber am 24. Juli 1816 bei Klüpfel erkundigte und um den Verlust der letzten Geld Sendung fürchtete. Erneut blieb die Antwort aus, so dass Weber sich mit einem Brief vom 27. August nochmals an die Stadtschreiberei wandte. Eine Antwort scheint im TB nicht vermerkt. Ein letzter Brief der Stadtschreiberei ist im TB am 20. Februar 1820 genannt, ohne dass etwas zum Inhalt notiert ist.