Dresden d: 3t Xbr: 1851.
Geliebter Herzensbruder!
Gestern hieß es, die arme Weber habe nur noch 2, 3 Tage zu leben. Da kam Dein Bf: Heute früh 10 Uhr fuhr ich zu ihr hinaus. Sie sieht Niemand mehr bei sich, ließ mich aber durch Max zu sich in ihre Krankenstube kommen. Ich küßte ihr die Hand, (was ich dann sehr bedauerte, und mit vielem Waßer wegzubringen suchte,) und fand sie erstaunlich hinfällig, doch glaube ich daß sie noch zu retten ist. Ich las Deinen Bf: vor, und sie sagte: „Du werdest bei diesem Wetter nicht kommen; es sei auch nicht nöthig, und werdeEuch Beide nur aufregen“. Nun mußte Max Deinen Revers herbeiholen, damit ich sehen möge, daß Du ihr noch 2000f seit längerer Zeit zu zahlen habestLaut Vertrag vom 23. September 1844 bezüglich der Vollendung des Operntorsos Die drei Pintos bis spätestens April 1847.. Außerdem beansprucht sie noch 1000f für die Oper: Peter Schmoll und seine Nachbaren, (wovon sie nicht mal eine Abschrift besitze, die noch nie gegeben sei, und von der sie sich großen Erfolg verspricht,) für 2 Ackte der Silvana, und mehrerer anderer Piècen, die Du von ihr habestVgl. das entsprechende Musikalienverzeichnis von ca. 1837 und das Rückgabeprotokoll von 1852; in beiden Verzeichnissen ist die Silvana nicht genannt.. Ich konnte ihr nur sagen, daß ich Dir dies Alles mittheilen wolle, Deine Générosität (die sie ja auch vollkommenanerkennt,) sei ich überzeugt, werde Dich so handeln laßen, wie es am Billigsten ist. Eine kleinere Summe als tausend Thaler, schiene mir jedoch genügend, mit dem Versprechen Deinerseits, die gedachten Werke, als das Eigenthum der Weber's, ihnen wenn sie sich fänden zurück zu geben. Doch könne ich durchaus hierinnen nichts bestimmen; selbst nicht eventuell vorschlagen, sondern müße Alles gänzlich Dir überlaßen. —
Was sagst Du zu Paris und dem PräsidentenBeim Staatsstreich vom 2. Dezember 1851 hatte Staatspräsident Charles Louis Napoléon Bonaparte die Nationalversammlung aufgelöst; ein Jahr später ließ er sich zum Kaiser der Franzosen ausrufen.. Ich habe immer die Ansicht gehabt, daß in diesem Mann viel steckt, und prophezeihe ihm völliges Gelingen.
Mit Freude vernehmeich, daß es Dir, Gottlob, und unberufen wohl geht! Gott erhalte Dich so!
Von FelixFelix Gustav Kaskel (1833–1894), Sohn des Ehepaars Kaskel, ab 1867 geadelt als von Kaskel, ab 1869 Felix Gustav Freiherr von Kaskel Bankier, Großunternehmer, Mitinhaber des Bankhauses Kaskel, Mitbegründer der Dresdner Bank und Vorsitzender des Aufsichtsrates der Dresdner Bank., dem guten Jungen, habe ich gute Nachricht. Er besucht mich, G. G. zu Weihnachten.
Dein treu-eigner
Carl
Meine gute Mutter empfiehlt sich Dir, und Deiner würdigen Mama auf das Angelegentlichste!