Aufführungsbesprechung Dresden, Hoftheater: 30. August bis 2. September 1824, darunter „Euryanthe“ von Carl Maria von Weber am 30. August und „Otello“ von Gioachino Rossini am 2. September 1824 (Teil 1 von 3)

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Chronik des königl. sächs. Hoftheaters in Dresden.

Erklärung.

In dem Nächstfolgenden erhalten die Leser dieser Blätter noch die Fortsetzung der bis hieher fortgeführten Bühnen-Chronik des königl. sächs. Hoftheaters von der Hand des Freundes, welcher während meiner Abwesenheit dieses Geschäft übernahm*. Gemachte Erfahrungen haben mich überzeugt, daß bei der mir in meinen bürgerlichen Verhältnissen angewiesenen Stellung zur königlichen Bühne trotz meiner besten Absicht dennoch manche Mißverständnisse nicht zu vermeiden gewesen sind, ich halte es daher für diese Zeitschrift sowohl, als für mich selbst am vortheilhaftesten, von der Redaction dieses Zweigs der Abendzeitung ganz zurückzutreten, und solchen lediglich in die Hände der Verlagsbuchhandlung zu geben*; doch wird deßhalb die Beurtheilung der hauptsächlichsten Erscheinungen auf der hiesigen königl. Bühne nicht unterbleiben, jedoch diese Bühnen-Chronik sich nur auf das Wesentlichste erstrecken. Denn sowohl meine verehrten Freunde Herr Hofrath Böttiger und Herr D. Tieck, als auch mehrere andere geachtete Freunde der Kenner der dramatischen Kunst haben mir die Versicherung gegeben, ihre belehrenden und partheilosen Mittheilungen ferner dieser Zeitschrift zu widmen, aber solche entweder mit ihrem Namen, oder einer bezeichnenden Chiffer zu bestätigen, damit die Quelle jedes Urtheils von dem Leser sogleich anerkannt werden könne. Ich selbst aber stelle mich ohne alle Verantwortlichkeit für die somit näher bezeichneten Aufsätze nun selbst in diesem Fache in die Reihe der übrigen Mitarbeiter und werde, wenn ja meine Ansicht gewünscht werden sollte, oder ich dem eigenen Verlangen sie mitzutheilen nicht widerstehen konnte, mich nur als ein solcher Einzelner unterzeichnen,

Th. Hell.

Am 30. August. In der Stadt: Euryanthe.

Ueber die heutige Wiederholung dieses großartig-genialen Meisterwerks, wodurch sich unser verehrter Kapellmeister v. Weber einen neuen, nie welkenden Lorbeerkranz errungen, war sowohl bei dem einheimischen, als fremden Theile des versammelten Publikums nur eine Stimme des allgemeinsten und wärmsten Beifalls. Schien es doch, als ob Sänger und Kapelle sich das Wort gegeben hätten, zur Ehre ihres nun wieder anwesenden Meisters in Präcision, Kraft, Feuer, Delicatesse und feiner Nüancirung heute das Höchste zu leisten. Den glänzendsten Triumph feierte jedoch auch an diesem Abend Mad. Devrient mit Dlle. Funk, als Euryanthe und Eglantine. Fürwahr, mit so viel Innigkeit, Kraft und Wahrheit des Spiels, bei so ausgezeichneter Virtuosität des Gesanges, welcher sich trotz der leidenschaftlichsten Situationen von der ersten Note bis zur letzten vollkommen gleich blieb, dürften diese Rollen schwerlich anderwärts ausgeführt werden. Das entzückte Publikum rief beide Künstlerinnen am Ende der Vorstellung einstimmig hervor. Auch dem trefflichen Tonsetzer selbst wurden nach der meisterhaft executirten Ouverture, so wie am Schlusse jedes Akts begeisterte Beifallbezeigungen dargebracht. Hätten doch alle die, welche in den geheimnißvollen Bau dieses geisterfüllten Werks nicht einzudringen vermögen, heute in unserer Mitte seyn können. Auch ihnen wäre der Genius in seiner Weihe auf des Tempels Schwelle vertraulich entgegengetreten.

[…]

Apparat

Verfasst von

Zusammenfassung

„Chronik des königl. sächs. Hoftheaters in Dresden“:

„Erklärung. In dem Nächstfolgenden erhalten die Leser dieser Blätter noch die Fortsetzung der bis hierher fortgeführten Bühnen-Chronik des königl. sächs. Hoftheaters von der Hand des Freundes, welcher während meiner Abwesenheit dieses Geschäft übernahm....“; tritt ganz zurück, Böttiger und Tieck wollten das in Zukunft übernehmen; gezeichnet: Th. Hell

30. Aug., Stadt: Euryanthe

1. Sept., Stadt: Schule der Ehescheuen, Lustspiel in 3 Akten, Schink

2. Sept., Stadt: Otello, ossia il Moro di Venezia, Rossini (Herr Cornet aus Braunschweig als Otello)

Entstehung

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Amiryan-Stein, Aida; Ziegler, Frank

Überlieferung

  • Textzeuge: Abend-Zeitung, Jg. 8, Nr. 262 (1. November 1824), S. 1048

    Einzelstellenerläuterung

    • „… meiner Abwesenheit dieses Geschäft übernahm“Von besagtem Freund stammen auch die Theaterberichte der Ausgaben vom 15. September bis 7. Oktober 1824; vgl. dazu Winklers Hinweise zu seiner mehrwöchigen Reise und der Vertretung in den Berichten der Ausgaben vom 18. August und 15. September 1824.
    • „… Hände der Verlagsbuchhandlung zu geben“Winklers Rückzug aus der Verantwortlichkeit für die Bühnenchronik steht direkt mit dem Wechsel in der Dresdner Intendanz in Zusammenhang: Im September hatte W. A. A. von Lüttichau die Leitung der Dresdner Hoftheater übernommen. Unter ihm schwand Winklers Einfluss als Theater-Sekretär auf die administrativen Abläufe, denn Lüttichau förderte vor allem Tieck, dessen Anstellung am Hoftheater er bereits im November betrieb (vgl. seine Eingabe an den sächsischen König vom 25. November 1824; Sächsisches Hauptstaatsarchiv Dresden, 10026 Geheimes Kabinett, Loc. 15148/05, Bl. 1). Bereits im Januar 1825 wurde Tieck die literarische Beratung der Bühnenleitung bezüglich des deutschen Hoftheater-Departements exklusive ökonomischer Belange zugewiesen. Tieck erhielt zwar keine Weisungsberechtigung, aber über Besetzungsvorschläge (inkl. der Begutachtung und Verhandlungsführung bei Neuanstellungen von Schauspielern und der Ausbildung junger Schauspieler), Mitsprache bezüglich Umarbeitungen und Übersetzungen, Überwachung von Lese- und szenischen Proben sowie den letzten Hauptproben sowie der Richtigkeit von Dekorationen, Kostümen und Requisiten umfangreiche künstlerische Einflussmöglichkeiten, auch durch seine verpflichtende Teilnahme an der Regisseurs-Versammlung (vgl. ebd., Bl. 8: Instruktionen vom 8. Januar 1825). Tieck hatte schon seit Beginn des Jahres 1823 zahlreiche Theaterberichte für die Abend-Zeitung geliefert, nun verloren die Dresdner Theaterberichte aber vollends ihren Charakter als möglichst vollständige Bühnenchronik zugunsten einer stärkeren Auswahl. Als Chronik (allerdings weitgehend frei von Wertungen) setzte Winkler allerdings weiterhin die Statistik im Tagebuch der deutschen Bühnen fort.
    • derrecte „und“.

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