Caroline von Weber an Ida Jähns in Berlin mit Nachschrift von Alexander von Weber
Dresden, erhalten Dienstag, 20. August 1844

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Meine liebe Ida!

Ich schreibe Dir heute nur in aller Eile um Dich völlig wegen Alexens Krankheit zu beruhigen, denn Gott lob! es geht ja jeden Tag etwas besser. Er hat schon einen kanibalischen Hunger und denkt den ganzen Tag nur immer „Essen![] Wohl uns dass wir so weit sind! Dies Thema, und die Reise nach Berlin sind es, worum sich unsere Unterhaltung dreht. Freylich fehlt zur realisierung seiner Hoffnung noch das Beste, denn wegen den Ankauf der wana will noch immer nichts verlauten, aber wenn ich es nur halbweg möglich machen kann so will ich ihm die Freude nicht verderben. Die Briefe von Max schicke ich hier, erbitte mir sie aber gleich wieder zurück weil ich Fr. Nostitz versprochen habe ihr bald etwas daraus vorzulesen. Auch den Walzer habe ich aus Prag bekomen und schicke ihn mit*. Villeicht kann ihn Wilhelm gut an Schlesinger verkaufen*. Aber dass er mir nicht verloren geht, denn ich habe keine Abschrift. Alex hofft villeicht nach Berlin walzen zu können* — nun Ihr werdet ja sehen was zu machen ist — — Will ihn Schlesinger nicht, so geb ich ihn Küstner in Leipzig. Wegen dem Preiss braucht Ihr mich nicht erst zu fragen, ich weiss schon, das Ida gute Geschäfte machen wird für Alex, wenn Sie kann. Auf Wilhelms Lied* freue ich mich sehr, schickt es nur gleich. Heute haben mich Devrients besucht, welche ich sehr liebenswürdig finde. Ich soll Euch von ihnen grüssen. Hoffendlich werden wir uns diesen Winter näher komen, denn ich fange an Idas Passion zu theilen. Morgen komen auch Jagemans an, und ich freue mich Ida wieder zu sehen. Leider bleibt sie nur zwey Tage — bey uns ist’s jetzt in höchsten Grade ungemüdlich, denn um Alex die Zeit zu vertreiben komen jetzt die jungen Maler häufig. Da weiss ich denn oft bei dem schlechten Wetter nicht wohin ich ausweichen soll. Ach das böse Wetter! ist’s denn bey Euch auch so toll? Nichts wie Sturm und Regen, oder Regen und Sturm — kurz, es ist zum auswachsen! In meinen Stadtlogie wird auch schon alles rein gemacht, damit wenigstens Alex, wenn er ganz gesund ist drüben schlafen kann. Nach so einer Krankheit mögte das luftige Gewächshaus wohl keine passende Schlafstelle sein Freylich werde ich mich sehr ängstigen wenn ich mit dem Mädchen ganz allein in dem Häuschen schlafen soll, aber ich kann nicht ehr hinüber bis die Möbel überzogen und der Fussboden angestrichen ist. Ende August aber gedenke ich mit Sack und Pack zu wandern, und gebt einmal acht, wenn ich fortgezogen bin wird noch das schönste Wetter kommen na, meinetwegen! wenn nur wenigstens der Max gut Wetter hat dann mag’s hier imerhin stürmen und toben. Neues ist nicht pasiert, und das alte, nehmlich dass ich Euch herzlich lieb habe wisst ihr, also fange ich an zu schliessen. Gott sey mit Euch. Villeicht kommt nun bald ein lebendiger Brief.

Schickt mir nur Max’ens Briefe gleich zurück Mit Herzlichkeit umarmt Euch die Mutter.

[Nachschrift von Alexander von Weber] Meine gute gute liebe Herrin! Du magst doch sagen was Du willst, Du bleibst doch die allergutste Schönste von der Welt!! Was für eine Freude ich über Deinen Ring und Deinen Brief empfand kann ich Dir höchstens mündlich sagen, schriftlich ist es mir unmöglich. Denn bedanken Wie die Sachsen sagen. kann ich mich für so ein Geschenk nicht. Deinen herzigen lieben Brif habe ich unendlich oft gelesen und mich immer kindisch darüber gefreut. Nur eine Stelle ist in dem Briefe, die mich sehr betrübt und für die ich Dich auch noch auf irgend eine Weise bestrafen muss. Wie kannst Du es nur übers Herz bringen mir zu schreiben; „bist Du Deines Pagendienstes überdrüssig, willst Du Dich lossagen von mir! So lege ihn ab.“ Glaubst Du denn dass ich je einen Ring wieder von Finger bringe so lange ich lebe; den ich Jemanden zu Liebe trage. Sieh’ das war nicht recht von dir, dass Du mir das schreiben konntest. Da Du doch weisst wie es mir weh thun musste und nicht ein mal Deine Ansicht und Ueberzeugung sein kann, denn Du willst mich ja kennen. — Na wenn Gott will bald mündlich mehr davon! — Mit meiner Gesundheit geht es Immer noch nicht gut. Die Schmerzen wollen sich immer noch nicht verlieren, Kräfte habe ich gar nicht (so, dass wenn Du hier wärst Du die Oese, und ich der Hacken sein müsste,) und eine Farbe habe ich wie Hiob. Ich wanke zwar jetzt einen grossen Theil des Tages in unserer kleinen Schachtel von einer Stube umher, aber die freie Luft fehlt mir und das ist, glaub ich, das einzige was mir meine Kräfte wieder geben könnte. Hier ist nämlich ein so schlechtes Wetter, das man keinen Hund hinaus jagen kann geschweige denn einen kranken Pagen. Es ist wirklich traurig. Ach Gott, wie oft wünsche ich Dich hierher! Das wäre doch eine Belohnung vom lieben Gott für tapfer bestande[ne] Schmerzen. Aber so grosse goldne Medaillien theilt er nicht aus an uns arme Erdenwürmer. Aber ich will nicht undankbar sein, habe ich ja ein Andenken von Dir aus der Ferne —

Nun aber lebe recht wohl Du schöne Herrin, mit dem Papier sind auch meine lumpigen Kräfte alle geworden.
Noch vieletausendmal grüsst Dich Dein treuer Page.

Viele Grüsse an Wilhelm und herzlichen Dank für die Cheartetten. — — —

Apparat

Zusammenfassung

berichtet über die langsame Genesung von Alexander, schickt ihr die Londoner Briefe von Max zum Lesen und bittet um sofortige Rücksendung, auch einen Walzer von Weber habe sie aus Prag bekommen und schickt ihn mit, vielleicht kann F. W. ihn an Schlesinger verkaufen

Incipit

Ich schreibe Dir heute nur in aller Eile

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Frank Ziegler; Eveline Bartlitz

Überlieferung

  • Textzeuge: Dresden (D), Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek (D-Dl)
    Signatur: Mscr. Dresd. App. 2097, 93

    Quellenbeschreibung

    • masch. Übertragung nach dem verschollenen Original (Nr. 93 des Konvoluts)
    • 3 S.
    • am Kopf die Notiz: „Empfangen den 20 sten August 1844.“

Textkonstitution

  • „wana“sic!
  • „Wie die Sachsen sagen.“am Rand hinzugefügt

Einzelstellenerläuterung

  • „… bekomen und schicke ihn mit“Verbleib dieses Manuskripts unbekannt; F. W. Jähns ließ für seine Sammlung eine Kopie anfertigen: D-B, Weberiana Cl. IV A, Bd. 25, Nr. 49.
  • „… Wilhelm gut an Schlesinger verkaufen“Der Erstdruck des Walzers (Orchesterstimmensatz) erschien im Oktober 1845 nicht bei Schlesinger, sondern bei Immanuel Guttentag (Trautwein’sche Buch- und Musikalien-Handlung) in Berlin (VN: 83).
  • „… nach Berlin walzen zu können“D. h. das Honorar für den Verkauf des Walzers sollte die Reise finanzieren.
  • „… Sie kann. Auf Wilhelms Lied“Die Königskugel, patriotische Ballade von 1844.

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