Erster Entwurf eines Scenariums der Euryanthe, Operndichtung für Carl Maria von Weber

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Erster Entwurf eines Scenariums der Euryanthe, Operndichtung für
Carl Maria von Weber.

Von Helmina v. Chezy, geb. Freyinn Klencke.

Alterthümlicher Königsaal, König, Große, Frauen, Fräulein; Alix von Burgund singt ein Lied auf des Königs Bitte. Gerhart den Sperber auf der Hand, den Rosenkranz in den Locken, tritt ein, neidisches Gemurmel Lysiarts und seiner Freunde, Unwille der Übrigen. Gerhart singt auf des Königs Ersuchen ein Lied zu Ehren seiner Braut Euryanthe, Lysiart kann sich nicht halten, er läßt gegen Gerhart seinen Grimm in höhnischen Worten aus. Die Königinn mit den Damen bricht auf, um den Streit | zu hemmen, doch nun wird Lysiart zügelloser, die Wette geht vor sich; der König ist dagegen, die Freunde haben vergebens gewarnt, sie suchen die Wette rückgängig zu machen, doch es wird beschlossen, daß Lysiart unter dem Vorwande einer Botschaft von Gerhart, der seine Verlobte an den Hof ladet, nach Schloß Nevers abgehn, und suchen soll, sich bey ihr in Gunst zu setzen; kann Lysiart ein sichres Zeichen von Euryanthe’s Treulosigkeit aufweisen, so fällt ihm Land Nevers zu, im Gegentheil Gerhart Lysiart’s Land. Alle ab.

Zweyte Scene. – Verwandlung. Euryanthe im Burggarten mit der Verrätherinn Eglantine; diese hat sie belauscht, daß sie Mitternachts aufsteht, und in der Schloßcapelle am Fuße der Bildsäule des Ahnherrn Gerhards betet. Die durch die Trennung von Gerhart weich und bang gestimmte Euryanthe, der Falschen vertrauend, sagt ihr, dieß nächtliche Gebet in der Gruft thue sie in Folge eines Gelübdes: Gerhard habe ihr einst ein Geheimniß unter Auflegung des tiefsten Schweigens vertraut, das seinen Nächten den Schlummer raube; sie bete für den Frieden des Ahnherrn. Eglantine nimmt sich vor, die Entdeckung zu benützen.

Dritte Scene. – Graf Lysiart und seine Ritter kommen, Euryanthens Botschaft ihrer Einladung nach Hofe zu bringen. Lysiart überzeugt sich von Euryanthe’s treuer Liebe zu Gerhart, und wagt nicht einen Schritt zu thun, der ihr Mißtrauen einflößen könne. Sie verläßt ihn, um sich zu ihrer bevorstehenden Fahrt zu bereiten, die Ritter zerstreuen sich, Eglantine eilt in die Capelle, um auf nähere Spur des Geheimnisses zu kommen zu suchen.

Vierte Scene. – Lysiart allein, er drückt seine hoffnungslose Verzweiflung aus, und wirft sich auf den Rasen hin.

Fünfte Scene. – Eglantine kommt voll Hast und Freude zurück, sie hat einen Dolch im Fußgestell des Sarges des Ahnherrn gefunden, an dem Dolch sind Blutflecken, auf den Dolch ist eine Inschrift gegraben; Eglantine liest sie laut, sie glaubt sich unbelauscht, und frohlockt. Lysiart tritt vor, er verständigt sich mit Eglantinen zu Gerharts Untergang, und verspricht ihr die Hand zu geben, und sie zur Herrinn des Bodens zu machen, wo sie in Unterwürfigkeit gelebt. Eglantine schlägt ein, liefert ihm den Dolch aus, und beyde eilen in die Burg auf verschiedenen Wegen.

Sechste Scene. – Euryanthe im höchsten Schmuck kommt mit ihrem Gefolge in das Königschloß. Der König, seine Ritter, Gerhart. Lysiart zeigt den Dolch und bringt die Umstände vor, die seiner Erzählung Wahrscheinlichkeit geben; Euryanthe wird überwiesen, mehr durch Gerharts Heftigkeit und Raschheit, sie zu verurtheilen, als durch die Wahrscheinlichkeit der gegen sie zeugenden Umstände. Gerharts Land fällt Lysiart zu, sein Triumph; Gerhart gebietet Euryanthen ihm zu folgen.

Zweyter Act.

Wald, einsame, dicht von Felsen eingeschlossene Stätte, eine Quelle rieselt herab, der Mond scheint hell. Gerhart kommt mit Euryanthen und erklärt, er wolle sie tödten, und dann in die weite Welt gehn, einen guten Rittertod suchen, da sie ihn betrogen, das Heiligste zerstört, den Glauben an ihre Herrlichkeit, das Höchste und Strahlendste befleckt, ihre Ehre. Euryanthe betheuert ihre Unschuld, Gerhart glaubt ihr nicht. Eines Löwen Gebrüll erschallt näher und näher, Euryanthe fleht Gerhart mit der höchsten Innigkeit und Beredsamkeit sich zu retten, und sie allein der Wuth des reißenden Thieres zu überlassen; dann würde er gerochen, sie ihres Daseyns entledigt seyn. Gerhart fühlt den Muth in seiner Brust wieder erwachen, da er den Löwen nahen sieht, er antwortet nicht auf Euryanthe’s rührendes Flehn, sondern stürzt dem Ungeheuer entgegen. Er kämpft, während Euryanthe in Todesangst um ihn ist, und erlegt den Feind.

Er wäscht seyn Schwert an der Quelle und dankt Gott für seinen Sieg, dann wendet er sich zu Euryanthen, und erklärt, er wolle sie in Gottes Schutz verlassen an dieser Stätte, und nicht selbst ihr Richter seyn, da sie sein Leben retten wollen.

Zweyte Scene. – Euryanthe allein überläßt sich ihrem Schmerz. |

Dritte Scene. – Der König mit Jagdgefolge kommt zu der Stelle, wo er den erlegten Löwen und Euryanthe erblickt, er fühlt sich von Mitleid und Erstaunen durchdrungen, ihre Rettung erscheint ihm ein Wunder; Euryanthe verweigert jede Erläuterung und bittet nur um Vergunst hier ruhig sterben zu dürfen, doch das Zureden Aller bewegt sie, dem König zu folgen, und sie thut es, neue Hoffnung zum Leben fassend. Alle ab.

Vierte Scene. – Verwandlung. Schloß Nevers im Mondschein, auf dem bepflanzten Platz vor dem Schlosse, auf dem Proscenium eine Hütte, wo Bertha und ihr Verlobter beschäftigt sind, ein Fest zu bereiten; sie sprechen von dem entsetzlichen Geschick ihrer geliebten Herrschaft, und wie befremdlich es sey, daß Eglantine auf dem Schloß bey Lysiart geblieben, so auch von dem Widerwillen der Bewohner Nevers, Lysiart Huldigung zu leisten.

Fünfte Scene. – Gerhart kommt als Minnesänger gekleidet, er will unerkannt noch einmal an seines Ahnherrn Gruft und dann in den Tod gehen. Curth ruft dem vermeinten Sänger freundlich zu. Erkennung. Gerhart beginnt Glauben an Euryanthe’s Unschuld zu gewinnen. Alle ab in die Hütte.

Sechste Scene. – Verwandlung, das Innere des Schlosses zu Nevers. Eglantine und Lysiart. Sie dringt auf die Erfüllung von Lysiarts Versprechen, sie zur Herrinn des reichen Landes zu machen. Lysiart sucht Ausflüchte, Eglantine wird heftig, in der Hitze des Streites bemerken beyde Gerharts Ankunft nicht, der in das Schloß gegangen, um unter seiner Verkleidung Gewißheit von dem Verrath seines Feindes zu erhalten. Er hat Alles mit angehört, und enteilt, ungesehn, um Rache zu nehmen (oder er singt ein bedeutsames Lied und endet im Gesang mit Beyden den zweyten Act).

Dritter Act.

Ein zum Kampf eingerichteter Platz; für die Zuschauer sind Sitze aufgeschlagen, die sich füllen. Ein Herold tritt auf, man erblickt einen Ritter mit geschloßnem Visier, dann Große und Fürsten. Der Herold erklärt, daß der König einen Gotteskampf zu Euryanthe’s Ehrenrettung verstatte, wenn sie einen Kämpfer finde; nach dem Kampf des Ritters mit ihrem Ankläger Lysiart soll sie, wenn Lysiart siegt, des Todes der Verbrecherinn sterben, wo nicht, so fällt Gerhart sein Land wieder zu, und Euryanthe wird für unschuldig erklärt.

Der Herzog von Burgund, der Graf von Aloz, und der verhüllte Ritter erklären zugleich: für Euryanthe kämpfen zu wollen, das Loos wird geworfen, es entscheidet für den unbekannten Ritter. Lysiart mit Trotz und Hohn verlangt den Kampf. Auf den Sitzen sind die edeln Frauen des Hofes vereinigt, Euryanthe in schwarzen Schleyern sitzt einzeln. Der verhüllte Ritter geht zu ihr und verlangt ihren Segen als Weihe zum Kampfe. Eglantine, in Verzweiflung, von Reue durchdrungen, eilt in diesem Augenblick herbey, Lysiarts Frevel zu enthüllen; Lysiart straft sie Lügen, und dringt auf den Kampf. Im Gefecht löst sich der Helmbund des verhüllten Ritters auf, er scheint unterliegen zu sollen, und wird in demselben Augenblick für Gerhart erkannt. Bangen um ihn. Lysiart fällt, er stirbt, seine Unthat gestehend; Wonne der Versammlung, Euryanthe verzeiht Eglantinen.

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Berichtigung dieses vorhergehenden Scenariums durch den Compositeur.

Erster Act.

Introduction. – Fest bey Hofe, Tanz mit Chor, Preis der Künste etc. etc. Der König fordert Gerhart auf, Hymne zum Preis seiner Schönen; Beyfallschor, Lysiart höhnt, u. s. w., heftiger Wortwechsel, der König mischt sich darein, entläßt die Tänzer, vermittelt u. s. w., die Wette wird beschworen, alle ab.

Zweyte Scene. – Garten vor dem Schlosse, Euryanthe allein, Arie, Sehnsucht, Liebe, Andacht. |

Dritte Scene. – Eglantine dazu. Duetto, Freundschaft, fröhliche Hoffnung, Eglantine ab.

Vierte Scene. – Ensemblestück, Lysiart mit Rittern, Bewillkommnungschor. Alle ab.

Fünfte Scene. – Arie Lysiarts, Bosheit, Rachsucht, Wuth.

Sechste Scene. – Eglantine, wie bey Nro. 5. Duetto, Verderben brüten, Rachejubel.

Siebente Scene. – Hof, Gerhart, sorgloses Vertrauen auf Liebe, Wonne die Geliebte wieder zu sehen.

Achte Scene. – Finale. Einzug der Euryanthe, Gerhart ruft den Hof herbey, Anklage Lysiarts u. s. w.

Zweyter Act.

Erste Scene. – Einöde, die Liebenden erschöpft, Gerhart übergibt sie Gottes Gericht, er schildert ihr die höchste Verzweiflung, in die sie ihn gestürzt; sie, voll Ruhe und Liebe, betheuert ihre Unschuld. Duetto. Euryanthe geht sich am Quelle zu laben, Gerhart sinkt erschöpft zu Boden. Sie stürzt herbey, er soll sich retten. Er geht das Ungeheuer zu bekämpfen.

Arie. Euryanthe sieht den Kampf, er verläßt sie, aus der Ferne ihr Abschied winkend, Scene und Arie; Euryanthe allein, Verzweiflung, die sich in Gottergebung auflöst, in völliger Ermattung ersterbend.

Ritornell. Die Morgenröthe steigt empor, Jagdsignale aus der Ferne, und näher. Der König mit Gefolge findet Euryanthe, sie mit sich nehmen will er, sie verweigert es. Sie beschwört ihre Unschuld, er faßt Vertrauen und gelobt sie nicht eher zu verlassen, bis Gerhart gefunden, und sie mit ihm versöhnt sey. Arie mit Duett und Chor. Euryanthe’s wonnevolles Entzücken, Trost- und Muth-Einsprechen der Andern. Alle ab.

Verwandlung, Chor, Bertha, ihr Bräutigam, Festes Freuden, Erinnerung, Wehmuth. (Chor mit Solos? Tanz?)

Gerhart kommt als Pilger, Cavatine des Schmerzes; die Mädchen, die sich zurückgezogen hatten, kommen theilnehmend näher, freudiges Erkennen. Alle betheuern ihm der Geliebten Unschuld, er wankt in seinem Glauben, da sieht er Lysiart und Eglantine nahen, alles verbirgt sich in die Hütte.

Lysiart von Eglantine mit Vorwürfen verfolgt, Gerhart belauscht sie, stürzt hervor, beschimpft Lysiart; dieser ruft seine Knechte herbey, den frechen Fremdling zu ergreifen, Gerhart gibt sich zu erkennen, alles sinkt ihm huldigend zu Füßen, und tritt dann mächtig auf seine Seite, Lysiart entgegen. Gerhard zu edel, um von der Übermacht Gebrauch zu machen, fordert Lysiart zum Gotteskampf.

Finale, der König erscheint ohne Euryanthe, sie ist vom Pferde gestürzt, und wird ohnmächtig herbeygetragen, Gerhart stürzt ihr zu Füßen, sie schlägt die Augen nieder, ist glücklich; das für Lysiart angeordnete Fest beschließt, für Gerhart gefeyert, das Ganze.

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Soll Eglantine von Lysiart ermordet werden, oder er von ihr – oder was geschieht mit Beyden?

November 1821.

C. M. v. Weber.
(Der Schluß folgt.)

Apparat

Entstehung

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Bandur, Markus

Textkonstitution

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