Georg August von Griesinger an Carl August Böttiger in Dresden
Wien, Mittwoch, 9. Oktober 1822

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Mein verehrter Freund,

Ihr Brief an Mad. Schröder ist sogleich besorgt worden. Ich halte die Acquisition ihrer Tochter für das Dresdner Theater für gut; sie hat Anlagen, ist jung, war in Rüksicht der Aktion bei ihrer Mutter in einer trefflichen Schule, und auch ihr sittliches Betragen ist untadelhaft. Noch gestern Abends sah ich sie im Blaubart die Rolle der Marie mit vieler Energie geben. Nur muß sie nicht glauben, daß sie schon eine ausgebildete Sängerin sey, sich mehr Sicherheit in der Intonation verschaffen, und gewisse Härten abzuglätten suchen. Das erlangt sich nur durch unausgeseztes Studium und Uebung.

Am 3. Oct. wurde das ganz neu eingerichtete Theater in der Josephstadt eröffnet. Der Saal ist höchst elegant, und der schönste in Wien, nur weit kleiner als der des Wienertheaters. Die Akteurs und das tanzende Personale überschreiten jedoch nicht die Mittelmäßigkeit, und es wird ein guter Local-Buffo nöthig seyn, um die Unternehmung einträglich zu machen. Ich lege den ersten Theaterzettel als Novität bei.

Raupach ist mit der Fürstin Wolkonsky* nach Italien abgereist, wo er den Winter zubringen wird. Er ist ein verständiger, sich klar und einfach aussprechender Mann, wenig von der in St. Petersburg überhandnehmenden Frömmelei unter einigen Großen erbaut. | Auf meine Frage, warum er seine dramatischen Arbeiten mehr fürs Lesen als fürs Theater schreibe, antwortete er, daß es ihm an hinreichender Kenntniß in der Theater Routine fehle.

Der gute Rochlitz ging allerdings von Hohenlohe-We...rischen .... mehr befangen aus Wien zurük als er ankam. Vielleicht verliert sich diese etwas kränklende Stimmung wieder. Auf die Gefahr, daß Ihnen Aehnliches begegnen könnte, dürfen Sie es immer wagen hieher zu kommen.

Es ist mir sehr beruhigend, unsern Quandt wieder glücklich unter seinen Penaten zu wißen. Sagen Sie ihm meine freundschaftlichsten Grüße.

In autem fava et vale!Gr.

Ihren Aufsaz über das Beifallklatschen der Alten* habe ich mit Belehrung u. Vergnügen gelesen.

Apparat

Zusammenfassung

u.a. über Theaterleben in Wien

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Überlieferung

  • Textzeuge: Dresden (D), Sächsische Staats- und Universitätsbibliothek (D-Dl)
    Signatur: Mscr. Dresd. h 37:4, Bd. 64, Nr. 146

    Quellenbeschreibung

    • 1 Bl. (2 b. S.)

    Provenienz

    • 1926 Dresden SLB

Textkonstitution

  • „Lesen“unsichere Lesung
  • „We...rischen ....“unsichere Lesung

Einzelstellenerläuterung

  • „… ist mit der Fürstin Wolkonsky“Sinaida Alexandrowna Wolkonskaja, geb. Belosselska (1792–1862).
  • „… über das Beifallklatschen der Alten“Carl August Böttiger, Der Hände-Zoll an die dramatische Muse bezahlt, in Friedrich Kinds Muse, Jg. 2, Bd. 3 (August 1822), S. 1–40.

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