Friedrich Wilhelm Jähns an Ida Jähns in Berlin
Dresden, zwischen Freitag, 14. August und Samstag, 5. September 1840

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[…] Es* ist groß und schön, aber etwas zu geschmückt, ohne die rechte Einfachheit und Ruhe; es besteht aus zu vielen einzelnen an sich schönen Teilen, nicht wie unser Schauspielhaus aus einem Guß. Es fehlt die schlichte und doch anmutsvolle Erhabenheit, wie sie gleich aus der benachbarten von Schinkel erbauten Hauptwache spricht. Schinkel und Rauch*, Rauch und Schinkel – um diese dreht sich’s jetzt überall, wo etwas wahrhaft Großes und Edles in Skulptur und Architektur geleistet wird. Das habe ich auch zu Wittenberg angesichts des Lutherdenkmals* empfunden! […]

Herumbiegend um den Wall, wo die Loschwitzer uns zum erstenmal sehen konnten, erblickte ich auch schon die Weber vor dem Haus nach uns ausspähend; eben als ich das Fernrohr auf sie richtete, wandte sie das ihrige auf mich; nun wurde weidlich mit den Tüchern geschwenkt und bald waren wir übergesetzt und mit der wärmsten Liebe empfangen. […] Es war sehr traulich – und doch! – O Ida! Wenn ich an damals denke! Ob’s wohl je wieder so schön werden wird? Waren wir beide zu jener Zeit doch um vier Jahre jünger, und das ist schon etwas. Ach, die Jugend ist schön!* Mit jedem Schritte vorwärts im Leben wird’s farbloser, und fast ist mir’s als wenn diese kleine Zahl von Jahren sich schon hemmend an meine Fersen hänge, als wenn das alles mich schon nicht mehr so berausche wie dereinst! […] Beim Nachhausekommen übergab Brauer mir zum Lesen 30 Briefe Webers an Caroline aus Wien, aus den Jahren 1822 und 1823, die mich entzückten. […]

Apparat

Zusammenfassung

Bericht vom Dresden-Besuch im August 1840, wo Jähns bei F. W. Brauer wohnte, über das noch in Bau befindliche neue Dresdner Opernhauses von Semper (eröffnet im April 1841) und den Besuch bei der Familie von Weber in Loschwitz gemeinsam mit Brauer (Webers wohnten im Haus des Fährmanns Modes); Jähns erhält die Briefe Webers von den Wien-Reisen 1822 und 1823 zu lesen

Incipit

… Es ist groß und schön, aber etwas zu geschmückt

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Frank Ziegler

Überlieferung

  • Textzeuge: Max Jähns, Friedrich Wilhelm Jähns und Max Jähns. Ein Familiengemälde für die Freunde, hg. von Karl Koetschau, Dresden 1906, S. 169

    Einzelstellenerläuterung

    • „… Es“Das neue Dresdner Hoftheater von G. Semper, erbaut ab 1838 und eröffnet am 12. April 1841 mit Webers Jubel-Ouvertüre sowie Torquato Tasso (erste Opernvorstellung am 13. April 1841: Euryanthe).
    • „… Hauptwache spricht. Schinkel und Rauch“Christian Daniel Rauch (1777–1857), Bildhauer.
    • „… zu Wittenberg angesichts des Lutherdenkmals“Das 1821 errichtete Denkmal (Grundsteinlegung 1817) stammt von Rauch (Bronzefigur) und Schinkel (gußeiserner Baldachin).
    • „… Ach, die Jugend ist schön!“Am 7. Juli 1836 waren Friedrich Wilhelm und Ida Jähns das erstemal gemeinsam nach Dresden (und von dort weiter nach Teplitz und Prag) gereist; auf der Hin- wie der Rückreise (9. August) hatten sie intensiven Kontakt zur Familie von Weber; vgl. Max Jähns, Friedrich Wilhelm Jähns und Max Jähns. Ein Familiengemälde für die Freunde, hg. von Karl Koetschau, Dresden 1906, S. 132–134.

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