Gottfried Weber an Ignaz Franz Edler von Mosel in Wien
Darmstadt, Samstag, 5. November 1825

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Sr. HochWohlgeboren

dem Herrn Hofrathe Ignaz v. Mosel

in

Wien.

fr xx Grenze

Weber

Vor Allem bitte ich sehr um Verzeihung, daß ich durch meine Entschuldigung Sie zu einer Gegenerklärung veranlaßt habe. Ich müßte weitläufiger werden, um Sie zu überzeugen, daß meine Entschuldigung gleichfalls nicht so undelikat gewesen: doch wünsche und hoffe ich daß es genügen werde, wenn ich Sie aufrichtig u inständig bitte, mir zu glauben, daß ich nichts Anderes beabsichtete, als Sie um Verzeihung zu bitten, welches zu thun ich doch wahrlich im Falle war.

Ihre Beschreibung von der angestrengten Tätigkeit Ihres Lebens hat mir zum erhebenden Beispiel gedient. Sie denken also eben auch wie ich: wer etwas Gutes zu leisten vermag, der leiste, daß er deßen denn auch so Viel als er vermag und nimmt man dazu die Zeit Stunden wo Andre l’hombre spielen oder Schnepfen schiessen so kommt am Ende doch auch ein hübsches Stückchen Zeit heraus.

Ihre Einwendungen puncto des Moz. Requiem sind mir sehr dankenswerth u Ihre Vorsicht, Sie […] nicht öffentl in deßen Betreffe zu nennen wird befolgt werden – das unserm Mozart […] ldigte Plagiat betreffend, mögt ich fragen, ob das corpus delicti selbst nicht vielmehr zu der Vermuthung berechtige, daß Mozart, welcher dergleichen wohl zu thun unfähig war, auch der Thäter nicht sein möge, id es nicht der Componist des aus gestohlenem Gute zusammengesetzten Stückes? – ich glaube Mozarten dadurch mehr zu ehren, oder beßer zu sagen, gerechte hierin gerechter gegen ihn zu sein, als diejenigen von denen Sie schreiben daß sie Mozarten dieses Plagiates beschuldigen, u dagegen den wortklebenden Ausdruck Hostias Mozarts würdig finden (Wie wenn ein Declamator etwa so declamiren wollte.

forte Opfer bote pp Bitten, ffo der pp Herr. ff des Lobes pp. bieten wir dar. u. s. w.

Ich werde mich nächstens hierüber mit Bezugnahme auf manche seitdem näher in Erfahrung gebrachte Thatumstände, näher aussprechen.

Solche Thatumstände betreffend gestehe ich, daß die Nachricht welche Sie mir als gewiß gaben, daß der Unbekannte ein Graf Wallsee gewesen, mir neu war. Von vielen Correspondenten die mir aus Osten u Westen u selbst aus Wien geantwortet, hatte mir bis jetzo keiner eine solche Nachricht gegeben. Desto höher nahm ich sie natürlich auf, u bitte Sie daher aufs Inständigste: wer ist dieser Graf Wallsee? lebt er noch? Wie? Wo? Müßte denn nicht von diesem Alles zu erfahren sein? Warum weiß man noch nicht längst alles von ihm? Wie oder durch wen wäre wohl an ihn zu kommen? – Es ist ja ordentlich unbegreiflich, daß diese Quelle noch nicht zur Sprache gebracht worden ist!

Wenn H. Stadler behauptet, es müßten wohl auch zum Sanctus u Benedictus Andeutungen von Mozart vorhanden gewesen sein, so ist dies eine mir sehr erfreuliche Bestättigung meiner Vermuthungen pag. 226; also auch für dieße Mittheilung bin ich sehr dankbar.

Daß Sie mir Ihren Händel über meinen Mozart als einen noch größeren Geist setzen wollen, könnte, wär ich nicht so friedfertig oder vielleicht unkriegerisch, mich zu einer Kriegsrüstung gegen Sie veranlaßen. Indeßen gurgelt Ihr Händel jedenfalls nicht so gewaltsam chromatisch, wie das angeblich Mozartsche stück, u überdies ist das meinem Mozart zugeschriebene Stük ein Kyrie, jenes aber ein Hallelujah, und das ändert eben auch die Sache ein wenig.

Noch einmal auf Graf Wallsee zu kommen (Sie verzeihen wohl, wegen Zeitmangel, den Mangel an Ordnung meines Briefes!) – Er hat also, wie Sie schrieben, das von ihm bestellte Werk abgeholt, u es wieder H. Stadler gebeten zu urtheilen, was von Mozart u was von Süßm. sei. – Hiernach hätte also Graf Wallsee selbst nicht Mozarts Originalmspt erhalten, sondern schon ein von Süßm. bearbeitetes, – denn sonst wäre ja keine Entscheidung nöthig gewesen. – Und doch Sie schreiben aber weiter: H. Stadler habe also alle Originale in Händen gehabt. – wäre War dies der Fall, so bedurfte es wahrscheinlich keines Urtheilens u Entscheidens. Was mir hierin noch unaufgeklärt ist, wünschte ich gar sehr erläutert zu sehen.

Ich hoffe Sie haben, was ich in meinem Lezten in Betreff Ihres für die Caecilia bestimmten Artikels (Traum) erwähnt, nicht ganz der Vergessenheit übergeben.

Mit verehrungsvoller Ergebenheit
E. Hochwolgeboren gehorsamster Diener
G Weber

N. S.
Inliegend wage ich an H. Stadler selbst eine Bitte, welche Sie wohl die Güte haben zu bestellen, u etwa zu empfehlen. Ich meine es ehrlich mit der Wahrheit, u das verdient Nachsicht u selbst Unterstützung.

Apparat

Zusammenfassung

zur Auseinandersetzung um den Artikel zu Mozarts Requiem (mit Einzelheiten); Nachrichten über Walsegg seien ihm neu gewesen, bittet um nähere Auskünfte

Incipit

Vor Allem bitte ich sehr um Verzeihung, daß ich

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Überlieferung

  • Textzeuge: Wien (A), Österreichische Nationalbibliothek, Musiksammlung (A-Wn)
    Signatur: Autogr. 7/120-7

    Quellenbeschreibung

    • 1 DBl. (4 b. S. einschl. Adr.)
    • PSt: DARMSTADT 4 NOV 1825.

Textkonstitution

  • „Zeit“durchgestrichen
  • unleserliche Stelle
  • unleserliche Stelle
  • „gerechte“durchgestrichen
  • „also“durchgestrichen
  • „Und doch“durchgestrichen
  • „wäre“durchgestrichen

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