Luise Zumsteeg an Carl Maria von Weber in Dresden
Stuttgart, Freitag, 6. Februar 1824

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Sr: Hochwohlgebohrn

Herrn Carl Maria

Baron von Weber

Königl. Sächsischen

Kapellmeister

in

Dresden.

d. Güte.

von H. Zumsteg.

Hochverehrter Herr Kapellmeister!

Ob ich schon den Überbringer dieses, unsern Ersten Flötisten Kammermusikus Krüger, welcher auch Ihnen gewiß Freude machen wird, um das schöne Glük, daß er Sie von Angesicht zu Angesicht sehen darf, sehr beneide, so kan ich doch diesen lieblichen Künstler nicht seine Straße ziehen laßen, ohne ihm einen Beweiß unserer Existenz an Sie mitzugeben.

Wie leben Sie, Sie zu unserer Großen Freude Hochgefeierter Herr Kapellmeister? Möchte das Gefühl Ihres Glükes so groß seyn, als es Ihr Ruhm und der herrliche Genuß ist, welchen Ihre Treflichen Compositionen so vielen Tausenden gewähren, diß ist mein herzlicher Wunsch, denn gewiß: | Niemand kan wärmeren Antheil an allem was Sie betrift nehmen, als ich und die meinigen. da sich unser Geschäft seit wir Sie in Stuttgardt vermißen sehr vergrößert hat, und wir in Würtemberg die Einzige Musikalien Handlung haben, so gibt uns dieses Gelegenheit auch viele Fremde welche hier durchreisen bei uns zu sehen, sehr häufig kommt das Gespräch auf Sie, und wie freu ich mich dann so herzlich, daß ich vor so vielen welche Sie in Ihren Werken verehren, den mir so werthen Vorzug habe, daß ich Sie Persönlich zu kennen die Ehre habe, und die Erinnerung ruft mir die Vergangenheit lebhaft und angenehm zurük —. Hätten wir doch einmal wieder die Freude Sie bei uns zu sehen!! Herzliche Freude machen meiner guten Emilie all Ihre herrlichen Werke, aber dem Lieblings Lied, welch sie immer so sehr ansprach: "Meine Lieder meine Sänge["], und: "Was zieht zu deinem Zauberkreise["] | ist sie noch immer besonders hold. Lachen Sie nur nicht lieber Herr Kapellmeister, wann ich Ihnen sage: Mein jüngster Sohn Adolph welcher vor 3 Jahren von einem Holländischen Comptoir zurük gekehrt ist, und das Geschäft mit mir führt, hat eine recht brave Tenor-Stimme, Alois der Sohn des Ihnen bekannten Hofmusikus Schmitt / Welcher vor 1 Jahr gestorben ist jezt 15 Jahr alt, und hat eine gute Baßstimme, von diesem und Emilie laß ich mir, da ich seit des l. sel: Zumsteeg Tod kein Theater besuche, Ihre Chöre aus Preciosa singen, und wann ich sie Tausendmal höre, so ist es uns doch stets ein neuer herrlicher Genuß, denn in solchen Stunden sind wir ganz bei Ihnen, und freuen uns Ihrer inniglich. Möchten Sie doch unseren sehnlichen Wunsch erfüllen, und die l. Emilie mit einem Liedchen des Großen H. von Webers für ihre tiefe Alt Stimme erfreuen – Herr Benedict wird gewiß so gütig seyn in so fern gut für Emilie zu sprechen, daß sie sich alle Mühe geben wird, dem Lied keine Schande zu machen. |

Von Ihrer Neuen Oper Euryanthe haben wir Leider! noch keine Note hier gesehen, aber Ihr Freischüz hat auch außer dem Vergnügen ihn zu hören vielen Vortheil für uns gehabt, denn von keiner Oper haben wir seit 20 Jahren nicht den 20ten Theil erschloßen, wie von dieser. Ja Ihr Jägerchor wurde sogar bei Festlichen Gelegenheiten, mit Unterlegung anderer Worte in Kirchen aufgeführt, und die Schwester unserer Königin Prinzeßin Elisabeth war die Erste welche den Clavier Auszug des Freischüzen von Ihnen arrangirt von uns kaufte.

Aus den Zeitungen Welche mein Sohn Adolph täglich im Museum liest, hören wir so manches interessante von Ihnen.

Aber Verzeihen Sie verehrter Herr Kapellmeister! ich erschrek für Sie über die länge meines Briefes, und sage Ihnen nur noch ein herzliches Lebewohl von mir und den meinigen. Haben Sie die Gütigkeit mich Ihrer Verehrungswürdigen Frau Gemalin unterthgℓ zu empfehlen und genehmigen Sie die Versicherung meiner unbegränzten Hochachtung mit welcher ich stets war u. bleiben werde Ihre Fr. u. den Zumsteeg Wittwe

auch H. Benedict bitte uns alle vielmals gütigst zu empfehlen

Apparat

Zusammenfassung

Brief durch Flötist Krüger überbracht; erinnert an die alten Zeiten u. spricht vom Ruhm Webers; die Chöre aus „Preciosa“ u.a. lasse sie sich von ihren Kindern singen, bittet um ein Liedchen für die Altstimme ihrer Emilie; hat leider noch nicht Euryanthe hören können; über reißenden Absatz verschiedenster Fassungen des Freischütz

Incipit

Ob ich schon den Überbringer dieses, unsern Ersten Flötisten

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Überlieferung

  • Textzeuge: Eutin (D), Ostholstein-Museum
    Signatur: EM 1986/81

    Quellenbeschreibung

    • 1 DBl. u. 1 Bl. (5 b. S. einschl. Adr.)

    Provenienz

    • Stargardt Kat. 636 (1986), Nr. 848 (4 S. mit Adreßblatt)

Textkonstitution

  • „… von H. Zumsteg .“Absenderangabe über der Adresse in umgekehrter Schriftrichtung
  • „… nicht den 20 ten Theil“folgt unlesbarer gestrichener Wortbeginn

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