Aufführungsbesprechung Prag, Ständetheater: „Die beiden Grafen Klingsberg“ und „Johanna von Montfaucon“ von August von Kotzebue, 6. und 8. Juni 1816

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Theater.

Prag. – Herr Labes aus Berlin gab den Adolph in Kotzebue’s Lustspiel: Die beyden Grafen Klingsberg, zur ersten Gastrolle, und fand eine sonderbare Aufnahme. Es ist nicht zu läugnen, daß Herr L. noch gar sehr in einer etwas grellen Manier befangen ist, und sich vorzüglich einer deutlicheren Aussprache und einer großen Öconomie im Geberdenspiel befleißen sollte; doch ist auch nicht zu verkennen, daß er viel Talent besitzt und bey seiner Jugend jene Fehler wohl noch ablegen könnte, zumahl da er schon einige Bühnenkenntniß zu besitzen scheint, und seine glückliche Gestalt sehr wohl, oft vielleicht mit zu viel Prätension, zu beherrschen weiß. Auf jeden Fall verdiente er nicht förmlich ausgezischt zu werden, was eine kleine Parthie von Leuten bewirkte, die es sich vorgesetzt zu haben schienen, jede ermunternde Beyfallsbezeigung zu unterdrücken. Wenn nun gleich seine zweyte Rolle, Philipp von Montenach in der Johanna von Montfaucon, jene Äußerungen etwas mehr rechtfertigten, da er gewaltig wüthete und mitunter die Perioden auf die grausamste Weise zerriß, so nimmt jedoch Ref. sein Urtheil über die Talente dieses jungen Mannes, und die Hoffnungen, die er auf jene für seine Zukunft gründet, nicht zurück, und kann es sich zugleich nicht versagen, seine Gefühle über die Art und Weise, wie ein Theil des Publicums Beyfall und Mißfallen zu erkennen gibt und sich gleichsam zum Vormund des ganzen aufwirft, gelegentlich auszusprechen. Das Beyfallsklatschen ist eine freywillige Äußerung, das selbst, wenn es übermäßig oder unverdient gespendet wird, keinen Dritten beleidigt, und in letzterm Falle nur auf den Austheiler ein nachtheiliges Licht zurückwirft; aber in Worte übertragen, nur so viel heißt, als : „Das gefällt mir.“ Wenn jedoch ein Zweyter dieses durch Zischen zu unterdrücken sucht, so heißt dieß wohl nicht weniger als: „Schweig, du verstehst es nicht, und ich sage dir, was du für gut hältst, ist grundschlecht.“ Eine nicht eben sehr bescheidene Replik, und nach Ansicht des Ref. nur da zulässig, wo sich der Muthwille der Form des Beyfalls aus Ironie bedient. Es ist nicht zu läugnen, daß selbst mit dem wohlgemeinten Applaudissement viel Unfug getrieben wird, wohin wir sogar den Empfang eines beliebten Künstlers rechnen wollen, weil auch dieses den Gang des Ganzen aufhält, und allzusehr daran erinnert, daß es jenen da oben mit dem, was sie sagen und thun, kein Ernst sey; aber was kann der Liebling des Publicums dafür, daß er durch seine Talente ¦ sich die Liebe jenes erworben hat, und nun dafür beleidigt wird, weil dieser Beyfall einen oder zehn genirt? Freylich geht eigentlich dieses Zischen nicht den Erscheinenden an; aber niemand sagt: „die Herren X, Y und Z haben applaudirt und sind von ihren kunstkennerischen Nachbarn ausgezischt worden,“ sondern man drückt sich schlechthin aus: „Herr A. oder Mad. B. ist ausgezischt worden.“ Sehr zu wünschen wäre es, daß diese Art von Menschen nur etwas Bescheidenheit äußern wollten.

Apparat

Entstehung

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Jakob, Charlene

Überlieferung

  • Textzeuge: Der Sammler. Ein Unterhaltungsblatt, Jg. 8, Nr. 92 (1. August 1816), S. 382

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