Aufführungsbesprechung der Oper Euryanthe von Carl Maria von Weber in Prag am 11. März 1824

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Prag. […] ¦ Von den neuesten Stücken, Debüts u. s. w. erwähne ich zuerst der „Euryanthe“, welche durch die allzeit fertigen Wiener Correspondenten so berühmt und berüchtigt geworden, daß wir hier nur wenig darüber aburtheilen wollen. „Hat Euryanthe in Prag gefallen?“ wird man mich fragen – leider muß ich darauf antworten: Nein! – „Ja aber warum?“ – Da ist eben der wunde Punkt! Wir Prager sehen nun einmal unsere Urtheilslosigkeit ein und müssen uns daher ein Vorbild zur Nachahmung wählen; da kamen wir denn auf die Wiener, und weil „Euryanthe“ in Wien nicht zum Besten durchdrang, so durfte sie auch, sammt allen ihren Reizen und Prachtgeschmeiden, in Prag nicht gefallen. Zuweilen freilich res bona triumphavit – und es gab genug klatschlustige Hände, die laut wurden, allein die Widersacher sind auch ausgiebige Leute; Tondichter, denen es endlich gelungen, einen Verleger in Leipzig zu finden und die den Contrapunkt und Generalbaß in ansehnlicher Quantität bei sich führen – hatten ein zahlreiches Gefolge von Anbetern, Nachbetern, guten Freunden u. s. w. mitgebracht; diese sind Alle, wie ihr Oberhaupt, Weber’s Feinde (aus Neid) und wußten durch obligate Zisch-Chöre bald allen Beifallsruf zu unterdrücken. – Rücksichtlich der Darstellung müssen wir vorzüglich Demois. Comet als „Euryanthe“ auszeichnen. Gesang und Spiel, und besonders ihr Recitativ, ist sehr brav, und ich könnte sogar Pomphaftes über Klarheit, Zartheit, Metall und Natur ihres Ausdrucks sagen, wenn ich nicht Wiener oder Dresdener zu werden befürchtete. Hr. Binder als „Adolar“ stand ihr zunächst, Hr. Kainz und Mad. Ernst als „Lysiart“ und „Eglantine“ waren nur mittelmäßig, was wir sonst von beiden Individuen nicht gewohnt sind. Wenn ich noch einen Rückblick auf Frau von Chezy’s DichtungT werfe, so kann ich unmöglich all den Rügen beistimmen, womit man sie in Wien bedacht hat, und man möchte vielleicht nicht Unrecht haben mit der Behauptung: das Buch werde den Sündenbock haben abgeben müssen, weil nun einmal Mutter Ludlam C. M. v. Weber’n, ihrem Sohne, nicht nahe treten wollte, wozu übrigens in dem Werke selbst sich keine Ursache findet, wenn nicht die Stimmung der Wiener durchaus dergleichen suchen wollte.

Apparat

Entstehung

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Bandur, Markus

Überlieferung

  • Textzeuge: Der Gesellschafter oder Blätter für Geist und Herz, Jg. 8, Nr. 70 (1. Mai 1824), S. 348

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