Anonyme Befürwortung der Einrichtung eines nationalen Feiertags am 18. Oktober mit Aufführung eines Nationalschauspiels zu Ehren des Sieges über Napoleon Bonaparte während der Völkerschlacht bei Leipzig

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Prag den 11. Sept. – Je beglückender für unser teutsches Vaterland und selbst für alle Völker Europa’s der entscheidende Tag sich neigte, an welchem die Beharrlichkeit und Tapferkeit der Verbündeten in Leipzigs Ebenen den vollkommensten Sieg über Herrschsucht und Tyranney erfocht, desto unvergeßlicher wird dieser glorreiche Tag in Teutschlands Geschichte dem Urenkel glänzen, und ihm ein ewiges teutsches Nationalfest bleiben.

Sollten nun wir, die die Ketten der Unterdrückung zerbrechen sahen, die wir Zeugen der großen Ereignisse waren, diesen entscheidenden Tag für Teutschlands Freyheit und Glück nicht mit einer Feyer schmücken, die zugleich auch unsern Nachkommen als Nationalfeyer in gleicher Form der Wahrheit und Schönheit, so wie eines edeln damit verbundenen Zwecks wegen verehrlich und heilig bliebe? Zwar werden Bildhauer- und Mahlerkunst bleibende Werke zur Verewigung dieses Tages erschaffen, und des teutschen Genius Griffel in epischen und lyrischen Gesängen voll Hochsinn und Vaterlandsliebe wetteifern: aber auch die Anschauung bedarf, hauptsächlich an diesem Tage, der dramatischen Kunst, die es vermag, die stärksten und feyerlichsten Eindrücke durch die mimische Darstellung zu gewähren.

Von dieser Idee ergriffen, hat der Director des hiesigen ständischen Nationaltheaters, Herr Liebich, der seines regen Patriotismus wegen rühmlichst bekannt ist, schon im Monathe Juny d. J. dem hohen Landespräsidium den Antrag gemacht, zur zweckmäßigen Feyer dieses Tages alljährlich auf seine Kosten ein großes Schauspiel zu geben. Er verband damit die Idee, ein solches Nationalschauspiel von einem der ersten Dichter Teutschlands schreiben zu lassen, und es jährlich nur ein Mahl, am 18. October, in die Scene zu bringen*. Der Ertrag der Einnahme wäre unsern wackern, im heiligen Kampfe invalid gewordenen Kriegern zuzuwenden.

Zu wünschen wäre es, daß eine solche Idee auf allen teutschen Bühnen Eingang fände, und ein erhebender Gedanke müßte es seyn, zu wissen, daß an diesem Tage, an welchen sich so große Erinnerungen knüpfen, auf allen Bühnen Teutschlands ein teutsches Nationalfest mit einem dramatischen Meisterwerke zu einem und demselben edlen Zwecke gefeyert werde. So würde Teutschland das schönste und erhabenste Nationalfest dramatischer Kunst bis auf seine spätesten Enkel verpflanzt sehen.

Apparat

Entstehung

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Ziegler, Frank

Überlieferung

    Einzelstellenerläuterung

    • „… in die Scene zu bringen“Einen entsprechenden Aufruf publizierte Liebich in der K. K. priv. Prager Zeitung, Jg. 1, Nr. 254 (11. September 1814), S. 641; vgl. auch die Hinweise im Themenkommentar zu Webers Kompositionen für das Prager Theater (unter WeV F.5).

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