Aufführungsbesprechung Wien (Redoutensaal): Konzert von Carl Maria von Weber am 19. März 1822

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Musik.

Der geniale Tondichter des Freischützen, Herr Carl Maria von Weber, königl. sächsischer Hofkapellmeister und Director der königl. deutschen Hofoper, gab Dinstags, den 19. März um die Mittagsstunde im k. k. kleinen Redouten-Saale ein Vocal- und Instrumental-Concert und befriedigte endlich, nach einer bedeutenden Unpäßlichkeit, welche die ganze hiesige Musik-Welt, und alle Verehrer und zahlreichen Freunde dieses herrlichen Tonsetzers beunruhigte, die gespannte Erwartung des Publikums, welches sich, ungeachtet des sehr gedrängten vorausgegangenen Concerte, ungeachtet des sehr schlechten Wetters, dennoch zahlreich versammelt hatte.

Der Herr Concertgeber selbst trat als Virtouse auf dem Pianoforte auf, und spielte ein herrliches, originell gedachtes und originell durchgeführtes Concert-Stück, bestehend aus Adagio affetuoso, – Allegro passionato, – Marcia, – Rondo giojoso, als ein Stück, ohne Unterbrechung vorgetragen. Man muß aber nur ein so erfindungsreicher und gewandter Tonsetzer seyn, um nicht auf diese Weise zu ermüden; auch gebrauchte Hr. v. Weber sehr glücklich den Marsch um die Aufmerksamkeit neuerdings aufzufrischen und zu spannen. Das gelang ihm vollkommen, und das Interesse läßt keinen Augenblick bis zur Note nach.

In dem Satz des Concertes sowohl, als auch in der beschließenden Phantasie erkannte man den großen Meister, der mit Tönen, Gedanken und Gefühle bezeichnet. Sein Spiel hat etwas großartiges und verbindet mit der kühnen Behandlung der zurückschreckendsten Schwierigkeiten zugleich die zarteste Anmuth der gefühlvollsten Herzen. Er spricht sich mit seinem Instrumente aus, ganz sorglos und arglos, wie ein Redender, dem es gar nicht einfällt auf die grammatische Betonung seiner Worte zu achten, sondern der nur redet und einer Welt von Gedanken und einem Meere von Emfpindungen Raum zu machen.

Seine herrliche Jubel-Ouverture haben wir nun das zweite Mal gehört, weit besser aufgeführt als das erste Mal; sie machte lebhaften Eindruck.

Das Schlummer-Lied ist eine vortreffliche, ungemein zarte Tondichtung, welche von den Herren Rosner, Forti, Jäger und Seipelt sehr schön vorgetragen wurde.

Mit dem vollkommensten Ton und der größten Virtuosität in jeder Beziehung trug Herr Professor Sellner, Orchester-Mitglied des k. k. Theaters an der Wien, ein Rondo für die Oboe vor, eine eigene, mit aller Sachkenntniß und mit Glück geschaffener Composition.

Mad. Grünbaum, k. k. Hof- und Hof-Opern-Sängerinn sang heute eine Arie, und zwar eine Mozartische Arie* mit so ungetheilten, lebhaften und innigen Beifalle, daß sie dieser Erfolg wohl neuerdings wieder überzeugt haben wird, daß sie dann am schönsten, am rührendsten singt, wenn sie selbst gerührt der Schnörkeleien vergißt, welche auf das Herz erstarrend wirken, eben so wie Blumen aus gefärbtem Eise gemacht, auf das äußere Gefühl.

Möge es uns der gefeierte Compositeur bald in neuen Schöpfungen beweisen, daß ihm Wien wichtig geworden ist.

Mpr.

Apparat

Zusammenfassung

Aufführungsbesprechung Wien, kleiner Redouten-Saal: ein Concert von Carl Maria von Weber, am 19. März 1822. Weber trat als Pianist auf.

Entstehung

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Jakob, Charlene

Überlieferung

  • Textzeuge: Allgemeine Theaterzeitung und Unterhaltungsblatt für Freunde der Kunst, Literatur und des geselligen Lebens, Jg. 15, Nr. 36 (23. März 1822), S. 143

Textkonstitution

  • „Dinstags“sic!

Einzelstellenerläuterung

  • Virtouserecte „Virtuose“.
  • „… zwar eine Mozart ische Arie“Arie der Donna Anna aus Don Giovanni.

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