tagein, tagaus – ein Zwischenbericht zur Tagebuch-Kommentierung

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Während die ersten beiden Corona-Jahre 2020/21 im Zeichen der Brief-Kommentierung standen, so dass seit Ende 2021 ein Großteil der Korrespondenz Webers in der internen Gliederung der Bearbeitungs-Levels (in Bearbeitung – Kommentierung in Bearbeitung – bearbeitet) in die höchste Kategorie eingeordnet werden konnte, hat sich im zurückliegenden Jahr der Fokus der Arbeit an der digitalen Edition stärker auf die Tagebücher konzentriert, speziell auf die Jahre 1812 bis 1817, also vom Ende der Reisejahre des Komponisten über die Zeit seiner Anstellung in Prag bis zum ersten Dienstjahr in Dresden. Ergänzend zur bereits existierenden Basiskommentierung mittels Datenbank-Verweisungen (Tagging zu Personen, Werken und Orten) wurden jetzt verstärkt die Einzelstellenkommentare in Angriff genommen, wobei ein Hauptaugenmerk auf dem Abgleich der Informationen aus den Briefen, Dokumenten und Schriften einerseits und den Tagebuchnotizen andererseits lag. Teilweise kommentieren sich die verschiedenen Schriftzeugnisse gegenseitig, in Webers Briefen gibt es sogar Abschnitte, in denen er – so die eigene Formulierung – sein „Tagebuch“ referiert. Oft ergänzen die Ausführungen in den Briefen die eher stichwortartigen, nicht selten kontextlosen Notate im Tagebuch und erhellen Zusammenhänge, seltener sind die Tagebuchaufzeichnungen ihrerseits geeignet, die brieflichen Mitteilungen zu ergänzen oder zu korrigieren. Diese Bezüge wurden für die genannten Jahrgänge hergestellt, einschließlich Hinweisen auf jene auf der Homepage präsentierten Pressetexte, die Zusatzinformationen zu den im Tagebuch angesprochenen Ereignissen enthalten. So entsteht ein Informationsnetzwerk, das die einzelnen Segmente der digitalen Edition miteinander verbindet und aufeinander bezieht.

Erstmals konnten, nach abschließender Klärung letzter hinsichtlich der Lesung fraglicher Passagen, nun auch Teile des Tagebuchs in die höchste Kategorie („bearbeitet“) eingeordnet werden. Begonnen wurde mit dem Jahr 1813 (Webers erstem Dienstjahr in Prag), das editorisch zu etwa 90 % als abgeschlossen gelten kann. Im Hintergrund laufen zudem Vorbereitungen auf die Verbindung zwischen der Tagebuch-Edition auf unserer Homepage und den Faksimiles, die innerhalb der Digitalen Bibliothek der Berliner Staatsbibliothek zur Verfügung gestellt werden. Wir hoffen, dass mit dem nächsten Release für ausgewählte Tagebuchjahrgänge auch diese Verlinkung präsentiert werden kann.

Im Rahmen der Tagebuchkommentierung wurde auch eine lange geplante, aber bislang zurückgestellte Kommentierungsmöglichkeit in Angriff genommen: Bisher beschränkte sich die Ortsdatenbank auf Angaben zu politischen Verwaltungseinheiten (Städten, Dörfern und Gemeinden in historischer und moderner Benennung inklusive der Identifizierung über die geographischen Koordinaten). Von Anfang an war aber auch vorgesehen, kleinere und größere Strukturen zu erfassen, also beispielsweise einzelne in den originalen Schriftzeugnissen erwähnte Gebäude, Parks, Landschaften oder Regionen. Nachdem die digitalen Strukturen der Ortsdatenbank entsprechend angepasst worden waren, konnten zu über 170 von Weber genannten lokalen Begriffen entsprechende Einträge erarbeitet und mittels Tagging mit den Nennungen in den Originalquellen verbunden werden, darunter beispielsweise 72 Hotels, Kurhäuser und Gaststätten, 23 Theatergebäude, 23 Ausflugsziele (Gärten, Parks etc.), zwölf Konzert- und Ballhäuser bzw. -säle, elf Kirchen, acht Schlösser bzw. Burgen und einiges mehr. Voraussetzung für eine eigene Ansetzung innerhalb der Ortsdatenbank ist die Mehrfachnennung in Tagebuchnotizen, Briefen, Schriften und Dokumenten Webers. Gebäude, die nur einmal erwähnt sind, erhalten lediglich einen Einzelstellenkommentar; auch solche Kommentare wurden eingefügt, so dass die Zahl der kommentierten Stätten bereits die Zahl 200 überschritten hat. Natürlich handelt es sich bei den Einträgen in die Ortsdatenbank nicht um umfassende bauhistorische Studien, vielmehr liegt im Sinne der Kommentierung der Fokus im Wesentlichen auf der Erfassung von Rahmendaten (Zeit der Entstehung und ggf. der Zerstörung bzw. von grundlegenden Veränderungen) sowie auf Hinweisen zu Funktion, Aussehen und Eigentümern zur Zeit Webers (wenn möglich mit zeitgenössischen Abbildungen und/oder Beschreibungen).

Nicht selten ist bei der Nennung etwa von Theatern, Schulen oder Vereinen die Trennlinie zwischen deren Gebäuden (Datenbank Orte) und deren institutionellen Strukturen (Datenbank Personen und Institutionen) schwer zu definieren. Nur wenn beispielsweise zu einem von Weber mehrfach besuchten Theater gleichzeitig die Korrespondenz mit einer mehrköpfigen (oder personell wechselnden) Theaterdirektion vorliegt, wurden zwei separate Ansetzungen vorgenommen, jeweils eine in der Orts- und eine in der Personendatenbank. So ist in den Texten relativ gut zwischen der Administration der Wiener Hofoper und deren Spielort, dem Kärntnertortheater, zu unterscheiden, ebenso zwischen dem Gebäude des Königsstädtischen Theaters in Berlin und seiner Direktion. In Fällen, wo diese Unterscheidungen nicht eindeutig zu treffen sind, wurden hingegen pragmatische Lösungen gesucht, daher sind u. a. die Dresdner Kreuzschule, die Leipziger Thomasschule oder die Gesellschaft Harmonie in Dresden nur unter den Institutionen zu finden, viele Theater hingegen lediglich unter den Orten, auch wenn jeweils bauliche bzw. administrative Aspekte mit gemeint sein können. Wichtig ist die kommentierende Funktion der Ansetzungen, die in den Originalquellen durch die üblichen farblichen Hervorhebungen in jedem Falle gewährleistet ist (Konsequenzen haben die Unterscheidungen ausschließlich bei den Filterfunktionen). Der Vorteil dieser pragmatisch orientierten Bündelung liegt vor allem darin, dass über die Rückverweise ein besserer Überblick über die Gesamtheit der Nennungen eines Begriffs in den Quellentexten ermöglicht wird als bei zwei separaten Ansetzungen.

Einige besonders häufig genannte Baulichkeiten wurden bewusst ausgeklammert: So lagen für Webers Wohnungen in Prag und Dresden, zu den dortigen Sommerquartieren sowie zum Ständetheater in Prag bereits mehrere Themenkommentare vor, die die Kommentarfunktion übernehmen, ein solcher zu den Spielstätten des Dresdner Hoftheaters ist in Planung.

Der Anfang ist also gemacht, übrigens nicht nur für die genannten Jahre (1812 bis 1817), sondern auch darüber hinaus. Dafür wurden bereits gesammelte Informationen aus der Weber-Literatur (beispielsweise aus Artikeln mit Regionalbezug zu Breslau, München, Gotha und Wien sowie zur Konzertreise 1820) ausgewertet und aufbereitet. Außerdem wurde ein besonderes Augenmerk auf Gebäude mit gleichen oder ähnlichen Namen gelegt, die bei der Kommentierung gelegentlich zu Verwechslungen führen könnten. So existierten sowohl in Dresden als auch in Leipzig Gewandhäuser, einen Gasthof Erzherzog Carl gab es sowohl in Prag als auch in Wien, und gerade Gasthausnamen wie Adler, Löwe, Ross, Anker, Kreuz oder Krone (in gold, schwarz oder rot) kommen immer wieder vor. In den folgenden Jahren soll die Ortsdatenbank in der jetzt gefundenen Form weiter ausgebaut werden.

Frank Ziegler, Samstag, 28. Januar 2023

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