Wolf Adolph August von Lüttichau an König Friedrich August II. von Sachsen in Dresden
Dresden, Donnerstag, 15. September 1842

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An

S.e Königl. Majestät von

Sachsen & & &

Die hundertste Aufführung der Oper der Freischütz betr.

Durch das Allerhöchste Rescript vom 30.n September vorigen Jahres, die Grabstätte des Kapellmeisters von Weber betreffend, geruhten Ew. Königl. Majestät zu genehmigen, daß die Einnahme der hundertsten Vorstellung des Freischütz, als der ersten dieser Oper im neuen Schauspielhause*, Seiten der Königl. musikalischen Kapelle nebst dem Opernpersonale als Beitrag zu Errichtung eines Denkmals für den Eingangs gedachten Tonsetzer, an den deshalb zusammengetretenen Comité abgegeben werde.

Diese hundertste | Vorstellung ist nun am 24n vorigen Monats erfolgt, und es sind dabey 705. rl. 8. ngl. – eingenommen worden.

Hierbey tritt nun aber der Umstand ein, daß bereits von andern Bühnen, und namentlich von den Hoftheatern zu Wien und Berlin, den Erben des Kapellmeister von Weber bei der dort stattgefundenen hundertsten Vorstellung jener Oper, als eine Anerkennung der Verdienste des Compositeurs, und des Vortheils, welchen dieses Tonwerk den resp. Theatercassen gebracht hat, von neuem das Honorar zugesendet worden ist, das dem Kapellmeister von Weber | bey der ersten Aufführung der Oper gegeben ward, auch der Dichter des Textes, Hofrath Kind allhier, abermals ein angemessenes Honorar dafür erhielt, ja selbst in mehrern in Dresden und Leipzig erscheinenden öffentlichen Blättern ist dies schon als auch hier geschehen angenommen und als eine billige Vergeltung für den so seltenen Succeß dieser Oper angesehen worden.

Da nun Weber in Königl. Sächßl. Diensten stand, dessen Wittwe und annoch unmündige Kinder sich noch allhier und nicht in glänzenden Vermögensumständen aufhalten, der 75.jährige | Dichter des Textes aber noch minder mit Glücksgütern gesegnet ist, so dürfte wohl das hiesige + Hoftheater um so weniger eine Ausnahme von jenen bereits bekannt gewordenen Vorgängen machen können.

Dagegen ist Seiten des obengedachten Comité, ohnerachtet der von mir beschehenen Aufforderungen und gegebenen Versprechungen, seit nun fast einem Jahre weder eine mündliche noch schriftliche Erklärung weiter erfolgt, noch Veranlaßung zu neuen Berathungen gegeben worden, um so mehr als der Advocat Schäfer schon seit länge|rer Zeit im Begriffe steht, nach Amerika zu Stiftung einer dortigen Colonie abzureisen. Die Uiberlassung eines Theils der Einnahme von jener Vorstellung an die Webersche Familie würde daher gewiß ganz der ursprünglichen Bestimmung entsprechen, und die dann überbleibende Summe annoch zur Abgabe an den oft gedachten Comité genügen.

Nun hat zwar Weber für die Partitur des Freischütz nur 190. rl: – –, dagegen für die der Oper Euryanthe 300. rl: – – Honorar erhalten, im vorliegenden Falle dürfte es daher wohl angemessen er|scheinen, diese letztere Summe bey der nun so allgemein anerkannten Classizität jenes Tonwerkes als Maasstab anzunehmen.

Ew. Königl. Majestät habe daher allerunterthänigst anheimzustellen, allergnädigst zu verstatten,
daß von den 705. rl: 8. ngl. –, welche bey der hundertsten Vorstellung des Freischütz eingenommen worden, die Summe von 300. rl. – –, als so viel der Tonsetzer an Honorar bey der Oper Euryanthe erhalten, den Relicten* Webers, 100. rl. – – aber dem Hofrathe Kind, als Dichter des Textes, ausgezahlt, der Uiberrest an 305. rl. 8. ngl. – aber einstweilen bey der Hoftheatercasse verrechnet werde, bis durch Allerhöchste Anordnung die Angelegenheit wegen des Weberschen Denkmals definitiv entschieden worden.

Dresden, am 15. September 1842.
Wolf Adolph August von Lüttichau.

Editorial

Summary

bei der 100. Freischütz-Aufführung am 24. August 1842 seien 705 Taler, 8 Ngr. eingenommen worden, die laut Reskript vom 30. September 1841 dem Komitee für das Weber-Denkmal anzuweisen wären; andere Hofbühnen wie Wien und Berlin hätten allerdings anlässlich der dortigen 100. Aufführung der Oper der Witwe von Weber und dem Librettisten Kind Anerkennungs-Honarare zukommen lassen; fragt an, ob er von der Einnahme 300 Taler an die Witwe und 100 Taler an Kind zahlen und den Rest bis zu einer Entscheidung bezüglich des Denkmals in der Hoftheaterkasse verrechnen dürfe

Incipit

Durch das allerhöchste Recript vom 30.n September vorigen Jahres, die Grabstätte des Kapellmeister von Weber betreffend

Responsibilities

Erschließung
Frank Ziegler
Übertragung
Ortrun Landmann

Tradition

  • Text Source: Dresden (D), Sächsisches Hauptstaatsarchiv (D-Dla)
    Shelf mark: Bestand 10711 (Ministerium des Königlichen Hauses), Loc. 50,3F, Bl. 26–28

    Physical Description

    • Brief von Kanzlistenhand mit originaler Unterschrift; mit Präsentationsvermerk vom 20. September 1842
    • Kanzleivermerk: “praes. den 20. Septbr. 1842.”

    Corresponding sources

    • Ortrun Landmann, Wie es zur Weber-Gruft und zum Weber-Denkmal in Dresden kam. Ein Bericht nach Archiv-Akten, in: Weberiana, Heft 24 (2014), S. 49–51

    Commentary

    • “… dieser Oper im neuen Schauspielhause”Gemeint ist das erste Sempersche Theater, das für Oper und Schauspiel gemeinsam bestimmt war. Zur Einweihung dieses Theaterbaus wurden am 12. April 1841 Webers Jubelouvertüre und Goethes Torquato Tasso sowie am 13. April Webers Euryanthe gegeben; vgl. u. a. Michael Hochmuth, Chronik der Dresdner Oper, [Bd. 1] Namen, Zahlen, Ereignisse, Hamburg 1998, S. 130.
    • “… Oper Euryanthe erhalten, den Relicten”Hier soviel wie: Hinterbliebenen, Hinterlassenen.

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