Karl Friedrich Ludwig Kannegießer an Ignaz Franz Edler von Mosel in Wien
Prenzlau, Montag, 20. November 1820

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Ihr Brief samt seinen Beilagen, verehrter, theurer Mann, hat mir nicht bloß eine plötzliche ungemeine, sondern eine dauerhafte Freude gemacht; denn Ihre Kompositionen haben das Eigenthümliche (freilich aller echten Kunstschöpfungen) daß man sie immer mehr liebgewinnt, je öfter man sie genießt und durch das Verstnändniß derselben und das tiefere Eindringen des Genusses fähiger wird, und ich wünschte wol, da Sie Sich der dramatischen Musik mehr widmen, daß ich im Stande wäre, Ihnen eine Poesie dieser Art vorlegen zu können. Für jetzt bin ich höchlich erfreut, daß Sie wenigstens einem meiner kleinen Gedichte Ihre Töne leihen wollen, und so begierig ich darauf bin – weßhalb ich Ihren übrigen schriftstellerischen und musikalischen Arbeiten um so mehr den schnellsten Fortgang wünsche, – so will ich mir doch ein etwas entferntes Ziel stecken, um vielleicht dann durch eine frühere Erfüllung überrascht zu werden. – Eine zweite Freude haben sie mir durch das Versprechen gemacht, eins oder ein paar meiner Lieder dem höchst geachteten Beethoven zu empfehlen, obwol ich sie gern alle von Ihnen oder doch von Ihnen auch, komponirt hätte. Ich lege daher auch einige Zeilen bei, worin ich demselben ein andres als die Ihnen zugeschickten Lieder mittheile. Haben Sie die Gewogenheit bei der gefälligen Einhändigung ein Wort für mich zu sprechen.

Herzlichen, besten Dank nun für die köstlichen Beilagen: die beiden einstimmigen Lieder habe ich schon, obgleich ich sie erst vor wenigen Tagen erhalten, wer weiß wie oft gespielt, mir selbst am meisten, nächstdem meiner Frau, welche etwas singt, und sodann auch andern Liederfreunden; und ich merke schon, daß das „Kennst du das Land“ auch bei mir den Preis über die andern Kompositionen – ich habe jetzt nur die von Reichardt zur Hand – tragen wird. Das Roußeau’sche Lied ist doch aber nicht minder schön. Das vierstimmige, für dessen Abschrift ich um so mehr Ihnen verbunden bin, habe ich leider noch nicht zur Ausführung bringen können.

Damit mein Brief nicht ganz leer abgehe, beschwere ich ihn mit ein paar Abdrüken eines kleinen Schriftchen, denen Sie wegen des […]tischen Inhalts vielleicht ein paar Augenblicke gönnen; auch etwa dem Herausgeber der Wiener Zeitschrift mittheilen. Ich traue dieser Zeitschrift nicht; Ihre Empfehlung aber nimmt mich so dafür ein, daß ich, um ein Freiexemplar zu erhalten, selbst, im Fall dieß willkommen wäre, daran arbeiten möchte. Auf jeden Fall werde ich es für eine Ehre halten, wie Sie Ihre Kompositionen meiner Lieder dort wollen abdrucken lassen.

Dank auch für die werthen Notizen, die Sie mir von Ihrem Künstlerleben und von andern treflichen Kompositionen geben. Stadler’s Psalmen habe ich mir sogleich bestellt. Daß ich nur dergleichen Sachen, wie die Ihrigen, einmal recht, wie es sein muß, hören könnte! Aber bei den mehrstimmigen Sachen ist das hier in Prenzlau, d. h. in einem sehr Kunstleeren Orte, nur sehr unvollkommen zu bewerkstelligen. Darum preise ich Sie glücklich in der Kaiserstadt! Aber um so tröstlicher und wahrhaft erquicklich sind mir briefliche Mittheilungen von Kunstwerken oder über die Kunst. Das Verhältniß zwischen Dichter und Musiker scheint mir überdieß eins der reinsten und genußreichsten.

Lassen Sie mich deßhalb nicht zu lange warten und gedenken Sie Ihres norddeutschen Freundes und Verehres freundlichst! Kannegießer

Apparat

Zusammenfassung

hat sich über Mosels Brief und die Komposition eines seiner Lieder gefreut; dankt auch für die versprochene Empfehlung an Beethoven; dankt auch für weitere Lieder-Beilagen; legt ihm eine kleine Schrift bei, die er auch dem Hg. der Wiener Zeitschrift mitteilen könne; dankt auch für Notizen seines Künstlerlebens und Erwähnung anderer Werke

Incipit

Ihr Brief samt seinen Beilagen, verehrter,

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Überlieferung

  • Textzeuge: Wien (A), Österreichische Nationalbibliothek, Musiksammlung (A-Wn)
    Signatur: Autogr. 8/85-2

    Quellenbeschreibung

    • 1 DBl. (3 b. S. o. Adr.)

Textkonstitution

  • unleserliche Stelle (ca. 3 Zeichen)

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