Maurice Schlesinger an Helmina von Chézy in Dresden
Paris, Freitag, 21. Juni 1822

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Geehrte Frau!

Wer hätte wohl glauben sollen, daß die Fantasiereiche Frau von Chezy, auch vom großen Schöpfer dazu auserlesen sey uns zukünftige Dinge vorherzusagen – wer hätte glauben können daß Ihre Prophezeihungen auf’s Haar eintreffen? und noch obenein in kurzer Zeit? Ja geehrte Frau meine Krizeln der rechten Hand haben Ihnen gezeigt daß ich krank werden würde, und kaum war ich in Paris so wurde ich von einer Unterleibentzündung befallen, die mich lange genug zwang das Bette zu hüten, doch nun befinde ich mich wieder wohl und hoffe mich ganz den Geschäften wieder liefern zu können.

Zuförderst eile ich mich Sie zu bitten ja unsern guten Weber dran zu halten daß er Ihre Übersetzung des Freischütz seiner Musik adaptirt, und daß ich dieselbe baldigst erhalte, sehr freue ich mich solche hier zu sehen, doch müßen Recitative dazu componirt werden, um solche in der großen Oper zu geben, da dieselbe nur | in diesem Theater gegeben werden kann, auch freue ich mich herzlich auf Ihre neue Oper deren Composition doch wohl auch vorrückt, da wie ich hörte sie im October in Wien gegeben werden soll*. Wird mir die gute Dame es wohl nicht eitel deuten wenn ich Ihr Überbringer dieses H E. Jerrmann, Schauspieler aus Leipzig, der in Dresden einige Gastrollen zu geben denkt, mein Cousin, und mein liebster Freund, von Herzen empfehle. Wenn Ihnen der junge Künstler gefällt so kann ich Ihnen von Herzen den Menschen empfehlen, er macht seinem Stande Ehre und es wäre zu wünschen daß viele seiner Collegen in seine Fußtapfen treten. Genüge es Ihnen daß Liebe zur Kunst, ihn dieses Fach wählen ließ, und daß er erst seit ungefähr 4 Jahren Schauspieler ist, und sie werden leicht sehen welchen eisernen Fleiß er darauf verwandt hat das zu werden was er jetzt schon ist, ich glaube man hat für die Zukunft etwas Großes von ihm zu erwarten. Die unendliche Güte mit der Sie den Freimüthigen mit | einigen Berichten, bey Wolff binnen Jahres geschmückt haben, läßt mich erwarten daß Sie gleiche Güte für diesen jungen Künstler haben werden, unendlich werde ich Ihnen verbunden sein wenn Sie durch Ihren Einfluß auf den Redacteur der AbendZeitung dahin wirken wollten, daß er auch darin wenigstens unpartheiisch, wo möglich mit recht vieler Schonung beurtheilt werde, er geht nach Wien, und Sie wissen wie viel Journalberichte einem jungen Künstler helfen.

Ich hoffe die gütige Erfüllung meiner Bitte und indem ich Sie ersuche Ihre lieben Kinder herzlich zu grüßen, ersuche ich Sie auch der guten Hofräthin meine Empfehlung zu machen, ich hoffe sie ist ganz wieder hergestellt. Denken Sie zuweilen Ihres ergebenen Dieners
Maurice Schlesinger
Rue de Richelieu No
1.

Apparat

Zusammenfassung

über eine von Chézy angefertigte Übersetzung des Weber/Kindschen „Freischütz“ ins Französische mit Rezitativtexten; Empfehlung für seinen Cousin u.a.

Incipit

Wer hätte wohl glauben sollen, daß die Fantasiereiche Frau von Chezy,

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Überlieferung

  • Textzeuge: Berlin (D), Archiv der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (D-Bbbaw)
    Signatur: NL H. von Chézy 614

    Dazugehörige Textwiedergaben

    • Ausschnitt in: Till Gerrit Waidelich, „Durch Webers Betrügerey die Hände so gebunden“. Helmina von Chézys Kampf um die Urheberrechte an ihrem Euryanthe-Libretto in ihrer Korrespondenz und Brief-Entwürfen, in: Weberiana. Mitteilungen der Internationalen Carl-Maria-von-Weber-Gesellschaft e. V., Heft 18 (2008), S. 36f.

Textkonstitution

  • „Krizeln“unsichere Lesung

Einzelstellenerläuterung

  • „… in Wien  gegeben werden soll“Die UA war ursprünglich für Oktober 1822 geplant, fand dann aber erst am 25. Oktober 1823 im Kärntnertortheater statt.

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