Bernhard Anselm Weber an August Wilhelm Iffland in Berlin
Berlin, Montag, 1. Juni 1812

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ersehen aus beiliegenden Gutachten der Herren Musikdirektoren und der beiden Dirigenten Herrn Möser und Schick über die Oper Silvana von Herrn von Weber, dass sie alle dahin übereinstimmen, dass die Musick des Hr. v. Weber aus- und aufzuführen sei. Ich kann auf meine Ehre versichern, dass ich mit keinem von den Herrn vorher gesprochen oder die Andern vorher zu einem solchen Urtheil gestimmt habe; mein Schreiben hab’ ich ihnen unvermuthet zugeschickt. Euer Hochwohlgeb. sehen ferner daraus, dass sie alle noch weiter gegangen sind, als ich verlangt habe; man kann von einem Komponisten nicht mehr sagen als: „er sei genialisch, er sei ein Mann von Geist und Fantasie.“

Nach dem Urtheil vier solcher Sachkundigen Männer die sich mit dem Theater schon seit vielen Jahren beschäftigen, ist also die Musick zu executiren, was ich auch schon vor anderthalb Jahren nur bei flüchtiger Durchsicht der Partitur ersehen, und gleich dabei gesagt habe, dass andere Arien eingelegt werden müssten. Ich war daher nicht wenig erstaunt, als ich hörte, man habe Euer Hochwohlgeb. berichtet, die Musick sei nicht zu executiren*. Weder ich noch andere Kapellmeister können mit metaphisischer Gewissheit voraus sagen: ob eine Oper gefalle, da so oft von dem Publ. das Treffliche, ja das Höchste gemisshandelt, und das Schlechteste gehoben wird, allein ob eine Musick oder ein theatralisches musikalisches Werk nach Durchsicht der Partitur – ohne sie gehört zu haben, zu singen und zu exekutiren sei, muss ich verstehen, sonst darf ich hier am Königl. Theater nicht Kapellmeister sein. – Genug – aus diesem Vorfall habe ich schon viel gelernt, was mir in Zukunft im Leben viel – sehr viel nützen soll!!!

Ich mache also den ergebensten Antrag an Euer Hochwohlgeb. dass die Oper Silvana von Herrn v. Weber möge aufgeführt werden, da die Musick nicht ohne Wirkung, – und durchaus zu executiren ist. Ferner sind die Kosten des Ausschreibens für die Oper schon gemacht, – wovon sich nach meiner Einsicht das Stück über alle Opern Sujets dieser Art erhebt, – und einige Proben gehalten, es wäre mir daher wegen unsern Freunden sehr angenehm, wenn die Proben abwechselnd mit Fedora* gehalten werden könnten – drei Proben hintereinander von Fedora dann zwei hintereinander von Silvana, wieder von Fedora etc. etc., so dass beide Stücke den 16ten oder 17ten aufgeführt wären*. Die Rolle der Silvana muss für Demois. Fleck* ausgeschrieben werden. In einer halben Stunde werde ich die Ehre haben mündlich über die Sache mit Euer Hochwohlgeboren zu sprechen.

Dero gehorsamster Diener B. A. Weber

Apparat

Zusammenfassung

B. A. Weber sendet an Iffland die Gutachten von den vier Berliner Musikern Gürrlich, Seidel, Möser und Schick über Carl Marias „Silvana“ zwecks Durchsetzung und Vorbereitung der Berliner Erstaufführung der Oper

Incipit

Euer Hochwohlgeboren ersehen aus beiliegenden Gutachten der Herren Musikdirektoren

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Eveline Bartlitz

Überlieferung in 2 Textzeugen

  • 1. Textzeuge: Verbleib unbekannt

    Provenienz

    • Original: ehemals Akten der Generalintendantur der Königlichen Schauspiele Berlin als Depositum im Brandenburg-Preußischen Hausarchiv zu Berlin-Charlottenburg; im Zweiten Weltkrieg vernichtet
  • 2. Textzeuge: Hans Fischer, Bernhard Anselm Weber, mschr. Diss. Berlin, 1923, S. 76f.

    Einzelstellenerläuterung

    • „die Musick sei nicht zu executiren“Betrifft die Ablehnung des Werks durch Vincenzo Righini; vgl. den Brief von August Wilhelm Iffland an Stephan von Miltitz vom 3. Februar 1813:
    • „Fedora“Feodore, Singspiel in 1 Akt von Johann Philipp Samuel Schmidt (Text: August von Kotzebue), EA 12. Juni 1812.
    • „… 16ten oder 17ten aufgeführt wären“Die Berliner EA der Silvana fand erst am 10. Juli 1812 statt.
    • „Die Rolle der … für Demois. Fleck“Bei der Berliner Erstaufführung gab nicht Henriette Friederike Fleck (später verh. Gubitz), sondern Wilhelmine Maaß die Silvana.

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