Carl Maria von Weber an Johann Gänsbacher in Salzburg
Prag, Mittwoch, 23. Juni 1813

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S: Wohlgebohren

Herrn Johann Gänsbacher

berühmten Compositeur

dermalen

zu

Salzburg

abzugeben

in der Leopoldskron, bey S: Exzellenz

dem Grafen von und zu Firmian.

gegen Recipisse.

Mein guter Bruder! in Eile!

Ich ergreiffe zum erstenmale die [Fe]der um dir mein guter Hans, zu deinem Morgenden Namenstage recht von Herzen zu gratuliren, wären wir beysammen so wollten wir den heutigen Tag recht fidel verleben, so aber kann ich dich leider nur in Gedanken recht innigst umarmen und küßen. ich komme so eben von der Gräfin Desfours, wo die Nostiz* war, und wir recht viel über dich raisonnirten. beyde trugen mir auf dir in Ihrem Namen aufs beste zu gratuliren. Erstere hat Halswehe und hütet das Bett. noch bis jezt hat ein sonderbares Schiksal es immer so gefügt, daß Sie noch keinen Ton von mir gehört hat. Beyligenden Brief von Gottfried fand ich auch jezt, den ich in deiner Abwesenheit laut Adresse erbrach. ich habe ihm ausführlichst geschrieben, besorge du nun auch das deine aufs schnellste.      d: 6t habe ich an dich durch Passis Hand geschrieben, und bis jezt vergeblich auf Antwort gehofft. ich habe mich Gottlob schon wieder recht erhohlt, und hätte ich nicht so viel Verdruß und zu thun mit dem rebellischen Orchester pp so wäre ich schon ganz gesund. ich weiß wirklich nicht wo mir der Kopf steht. der junge Krall ist wegen naseweiser Antwort auf ein Circulare der Direction abgedankt. ich habe /: Namens der Direction :/ einen förmlichen FederKrieg mit denen H: Musikern. Daß Sie dabey keine Seide spinnen kannst du denken, sie sind auch schon ganz mürbe und werden alles thun was ich willT.      Jezt etwas höchst nothwendiges. Wir sehen und hören nichts von Dölle. die Zeit wo er eintreffen soll /: der 1t August :/ ist nicht mehr ferne, und er läßt gar nichts von sich hören, schreibt nicht wohin man ihm sein Reisegeld schikken soll pp Wir sind darüber in großer Verlegenheit, und bitten dich inständigst, sogleich nach Inspruk pp an alle Orte zu schreiben wo du glaubst daß er sein könnte, und ihn zu fragen warum er gar nichts von sich hören laße, vielleicht weißt du jezt schon wo Er ist. schreibe mir also sogleich was du davon erfährst oder weist. Es liegt uns gar zu viel daran nicht auf den lezten Augenblik vielleicht in Verlegenheit zu kommen.

Liebich grüßt dich bestens. vor ein paar Tagen habe ich deine Musik zu den Kreuzfahrern gehört*. Sie gefällt mir im Ganzen recht sehr, im Detail meine Meinung mündlich, ein paar kräftige Schnitte und Drükker werden alles heben, auch spielen es die Patrons ohne Leben und Seele. ich verlaße mich ganz auf deine Thätigkeit wegen Dölle.

empfiehl mich aufs herzlichste deiner verehrten Casa. Ewig dein treuster innigst liebender Bruder
Weber.

Nächstens ausführlicher.

Apparat

Zusammenfassung

gratuliert zum Namenstag; legt Brief von Gottfried Weber bei; über seine Schwierigkeiten mit dem Orchester; bittet ihn dringend, sich nach Dölles Verbleib zu erkundigen; hat Gänsbachers Kreuzfahrer-Musik gehört, über die er sich mündlich ausführlich äußern will; erwähnt gemeinsame Bekannte

Incipit

Ich ergreiffe zum erstenmale die Feder um dir mein

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Überlieferung

  • Textzeuge: Wien (A), Gesellschaft der Musikfreunde in Wien, Bibliothek (A-Wgm)
    Signatur: Weber an Gänsbacher 27

    Quellenbeschreibung

    • 1 Bl. (2 b. S. einschl. Adr.)
    • am rechten Rand der Adressenseite Echtheitsbestätigung von F. W. Jähns (Tinte): Eigenhändig von C. M. v. Weber.

Textkonstitution

  • „Fe“ergänzt von den Hg.

Einzelstellenerläuterung

  • „… Desfours , wo die Nostiz“Fraglich, ob Anna von Nostitz, geb. Perez-Burdett (1777–1820), die Ehefrau von Friedrich von Nostitz, die Schwägerin Antonie von Nostitz, geb. Schlik zu Bassano und Weisskirchen (1783–1831), Ehefrau von Johann von Nostitz, oder beider Schwiegermutter Elisabeth Caroline Maria Josepha von Nostitz, geb. Kolowrat-Krakowsky (1728–1815).
  • „… Musik zu den Kreuzfahrern gehört“Laut Tagebuch am 21. Juni 1813. Die Prager Premiere hatte am 19. April 1813 stattgefunden, als sich Weber in Wien aufhielt; bereits am Premierenabend wurde Gänsbachers Musik gespielt (vgl. die Besprechung im Sammler vom 13. Mai 1813).

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