Carl Maria von Weber an Caroline von Weber in Hamburg
Kopenhagen, Mittwoch, 4. bis Samstag, 7. Oktober 1820 (Nr. 13)

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An

Frau

Carolina von Weber

Hochwohlgebohren

dermalen

zu

Hamburg.

Valentinkamp

162. beim Friseur

H: Langschwart.

Da kom ich aus dem Konzert gleich zur Mukkin gekrabbelt, um ihr zu sagen daß alles gut gegangen ist, und ihre Männe abermals mit Ruhm und Lob überschüttet wurde. Die Majestäten waren unendlich gnädig, und haben mich dringend eingeladen bald wieder hieher zu kommen. Doch, zur Ordnung.

Gestern Früh hatte ich um ½ 11 Uhr Probe*. Es gieng vortrefflich, und die Kapelle war ganz elektrisirt.      um 1 Uhr fuhr ich mit Siboni und seiner Tochter nach Sophienholm zu Mad. Brun. wo wir einen sehr angenehmen Tag verlebten.      Es wurde viel gesungen* und gespielt. Der Effekt war wie immer. wir blieben da übernacht, und kamen heute früh um 9 Uhr zurük. da gab es zu rennen und zu laufen. Mittag aß ich bei Siboni, und um 6 Uhr fuhren wir nach Frederiksberg, ins HofConcert.      Uebermorgen früh bin ich zum […] Hofmarschall bestellt, und du wirst also noch in diesem Brief erfahren was ich verdient habe. wahrscheinlich wieder eine Dose zu den vielen andern – Geld wäre mir fast lieber. am besten, das lezte in der ErsternT.      Sehr angenehm ist es mir daß ich einen Reise Compagnon bekommen werde, einen jungen Engländer. da ist doch gleich die Hälfte erspart.

Nun gute Nacht Schneefuß! die Augen falln mir zu. Gott schenke dir auch einen guten Schlaf, ohne dumme Träume, hörst du? Gute gute Nacht. + + + bu mich mal. auf mein Maul! [Kußsymbol]

Guten Morgen herzliebstes Mutterschweinchen*. wie geht Dirs? gut?

Gestern habe ich gar nicht dazu kommen können mit dir zu plaudern. es geht nun das Gelaufe wegen den Logen und Billetten an, doch könnte es ärger sein. um 2 Uhr fuhr ich zum rußischen Gesandten und fraß sehr gut, und spielte paßabel*. dann ging es wieder in Gesellschaft zu Garrigues da auch wieder gespielt. und um 1 Uhr erst in Bett. So geht das Tolle Leben in einem fort, nichts als Freßen und Kalvieren*. in Hamburg wird es wohl eben so toll hergehen, und ich am Ende froh sein wenn ich wieder in dem stillen Dresden sizze, wo man nicht fürchten darf so unmenschlich traktirt und fetirt zu werden.      ich erwarte nun alle Augenblikke den Wagen der mich nach Frederiksberg bringen soll, um mein Präsent zu holen. in einer Stunde also werde ich der Gebieterin melden können was ich mir vom Hofe erspielt habe.      Heute komt nun auch ein Brief von der Mukkin, und auf diesen kannst du mir hieher nicht mehr antworten, allenfalls nach Lübek durch Edmund. Nachgerade fängt die Ungeduld an mich zu verzehren. je näher die Zeit komt wo ich dich wieder an mein Herz drükken soll, je weniger glaube ich es erwarten zu können.      Mein Herr Reise Compagnon den ich Gestern Abend sprach, will auch umsatteln, und mit einem Lübekker Schiffe gehn. wir ste[llen] ihm zwar alle vor wie unbestimmt die Abfahrt eines Frachtschiffes sei, und daß es 14 Tage und länger unterwegs sein könne. in dieser Jahreszeit gewöhnlich wohl 8 Tage. Er will sichs nun noch überlegen*.      ich gehe auf jeden Fall zu Lande, troz dem | das es wohl 8 mal so viel kostet. aber ich will doch lieber mit einiger Gewißheit wenigstens bestimmen können und wißen, wie lange ich reise.      ade derweile, gute Mukkin, bin gar zu unruhig, habe keinen zusammen hängenden Gedanken, als den, Fort!! ade! ade!

d: 7t Richtig: eine goldne Dose, und damit Puntum. sie ist zwar sehr schön, aber was thue ich mit all denen DingernT. — — , da hat mir dein lieber No. 9 vom 3t andre Freude gemacht, denn er hat ein fröhliches Gesicht und das ist das liebste was mir in der Welt gezeigt werden kann.      Der Doktor hat ganz recht*, ich habe dirs ja auch verboten, der Weg ist gar zu schändlich.

Was du kochst selbst? bist du denn nicht oft eingeladen? Ja wenn du mir kochen willst da nimm dich in Acht, denn ich bin wirklich sehr verwöhnt, und es ist mir unbegreifflich daß mein Magerl nicht nur nicht dazu brummt, sondern sich im Gegentheile sehr wohl befindet. Es scheint also als ob das kräftige Eßen und die starken Weine mir zuträglich wären.

Gestern habe ich viele Zeit vertrödelt mit der Fahrt nach Frederiksberg. Mittag gab der Sächs. Chargès d’affaires ein großes Dinèr mir zu Ehren auf der Schießbahn. delizios!! dann fuhr ich ins Theater, wo sie auch für mich Weißes Schlaftrunk gaben. eine komische Oper mit sehr hübscher Musik. dann war ich bei Weiße der mir noch bis 12 Uhr Comp: von sich vorspielte*. Sehr geistvolle Sachen die mir große Freude machten.

Aber werther Muks, wo hast du denn deine Gedanken, du weißt ja daß ich noch Noth hatte mit dem Dampfboote überzukommen. das geht nicht mehr. leider! und wie ließt du denn meine Briefe? habe ich denn nicht ausdrüklich gebeten daß Freund Romberg nun den Tag meines Concertes bestimmen, den Saal dazu miethen, auf beliebte Gesangstükke denken, kurz alles so viel wie möglich anordnen möchte? Zeitungs Annonce pp durch Dr. Zimmermann, glaube ich. Nein Nein, das Wagerl muß gemacht werden, so bin ich ruhig und habe mir wenigstens nichts vorzuwerfenT. – das Tuch ist also abgeschikt. Nun gut. ich habe so von hier nichts mitzubringen. hätte dir gerne was gekauft, man bekömt aber in Hamburg alles eben so gut, und da kannst du dir es selbst aussuchen. mir scheint du hast schon was in petto. gelte? schönen ächten Chinesischen Crepp hätte ich bekommen können, aber was sollst du mit Ballkleidern. und dann das Stük 6 #.

Ja, was das Geld betrifft — — davon wollen wir nicht reden, daran wolln wir nicht denken, — mir scheint, mir scheint — nun wie Gott will.      3 Uhr . so eben komm ich aus der Probe. die Overture des Freyschützen geht vortrefflich. Du glaubst nicht mit welcher Lust die Kapelle spielt.      Jezt will ich noch viele Briefe schreiben. nach Braunschweig und nach Hause. Es ist doch ganz unbegreifflich daß von Dr. nichts komt; ich weiß nicht wie ich mit Vizth: dran bin.

An Freude in Hinsicht der Ehre und des Ruhmes hat es mir noch nicht gefehlt hier, und ich denke bei meinem Concert wird es auch gehen damit.

Gott sei Dank die Zeit vergeht, bald werde ich nicht nur die Tage sondern auch die Stunden zählen können, wo ich dich herzliebes Weib an mein Herz drükken kann. Gott segne dich, von Briefen wirst du wohl nicht viel mehr von mir zu sehen bekommen. Gottlob. der Himmel erhalte dich froh und Gesund + + + damit eine fette frische Mukkin findet dein dich über alles in der Welt liebender
Carl. |

Alles Erdenkliche an Rombergs, Reichard, Bruder Fritz pp

NB: Du wirst 3 ℔ Chinesischen Ingwer bekommen*. etwas herrliches für den Magen. das wollen wir nach Hause bringen, als kost es selbst aber gieb nichts davon weg. Er ist sehr theuer, und selten so ächt. doch habe ihn hier gekauft, und der Schwager des H: Courländer wird dir ihn zuschikken. ade. Millionen Bußen.

Noch was. ich habe jezt viel mit China zu thun, glaubst du wohl das es möglich ist? man singt in Canton Lützows Jagd. !!!!

Apparat

Zusammenfassung

Bericht über den Ausflug nach Sophienholm (3. Oktober), das Hofkonzert in Frederiksberg (4. Oktober), für das er mit einer goldenen Dose beschenkt wurde, die Vorbereitungen zum Kopenhagener Konzert, diverse gesellschaftliche Verpflichtungen, die Begegnung mit Weyse, dessen Kompositionen Weber sehr positiv beurteilt; gibt Anweisungen, sein bevorstehendes Hamburger Konzert betreffend; hat erfahren, dass man in Canton Lützows wilde Jagd singt

Incipit

Da kom ich aus dem Konzert gleich

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Überlieferung

  • Textzeuge: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Signatur: Weberiana Cl. II A, a 3, 4

    Quellenbeschreibung

    • 2 Bl. (4 b. S. einschl. Adr.)
    • Siegel
    • Bl. 1 abgeschnitten, war urspr. im WFN, aus inhaltlichen Gründen 1985 zusammengeführt
    • auf der Rectoseite von Bl.2 oben links Vermerk von F. W. Jähns mit Blei: „Schluß von No 13. 4. Oct. 1820. Kopenhagen.“
    • am unteren Blattrand Vermerk von F. W. Jähns: „Handschrift von C. M. v. Weber. Nachschrift des Briefes No 13. vom Jahr 1820. 4. Oct. Von Kopenhagen, an seine Gattin.“

    Provenienz

    • Bl. 2 vermutlich zu jenen 60 Weber-Briefen gehörig, die Max Maria von Weber Anfang 1854 an Friedrich Wilhelm Jähns verkaufte; vgl. Max Jähns, Friedrich Wilhelm Jähns und Max Jähns. Ein Familiengemälde für die Freunde, hg. von Karl Koetschau, Dresden 1906, S. 403

    Dazugehörige Textwiedergaben

    • MMW II, S. 262–263 (Auszüge)

Textkonstitution

  • „[…]“gelöschter Text nicht lesbar
  • „… kannst du mir hieher nicht“dreifach unterstrichen
  • „… Schiffe gehn. wir ste llen“Siegelverklebung
  • „… man singt in Canton“Canton dreifach unterstrichen

Einzelstellenerläuterung

  • „… um ½ 11 Uhr Probe“Für das Hofkonzert am 4. Oktober.
  • „… verlebten. Es wurde viel gesungen“Laut Tagebuch sangen Ch. Pauli und Weber selbst.
  • „… Guten Morgen herzliebstes Mutterschweinchen“Caroline von Weber war schwanger.
  • „… sehr gut, und spielte paßabel“Laut Tagebuch eine Phantasie über ein norwegisches Lied (Kommentar siehe dort).
  • „… nichts als Freßen und Kalvieren“Scherzhaft für Klavier spielen.
  • „… will sichs nun noch überlegen“Webers Tagebuchnotizen erwähnen im Rahmen der Rückfahrt von Kopenhagen keinen Reisebegleiter.
  • „… Der Doktor hat ganz recht“Es bemühten sich mehrere Ärzte in Hamburg um Caroline (vgl. den Brief vom 22. September), darunter war auch Dr. Chaufepié.
  • „… Uhr Comp: von sich vorspielte“Laut Tagebuch u. a. Ludlam’s hule und die Pintse-Cantate „Du throner i en evig Straalepragt“; demnach dauerte das Beisammensein bis 1 Uhr.
  • „… 3 ℔ Chinesischen Ingwer bekommen“Laut Tagebuch am 5. Oktober gekauft.

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