Carl Maria von Weber an Helmina von Chézy in Berlin
Dresden, nach 22. Oktober 1822 (Auszug)

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Verehrte Freundin!

Das Gequatsche in der Eleganten* habe ich gelesen, und mich in die Seele der Eltern M’s hinein betrübt, da ich fühlte, wie unangenehm es ihnen sein mußte. Uebrigens habe ich wirklich theils über das Zeug gelacht, theils gewünscht, daß es wahr sein möge, F. schriebe etwas besseres, als den Freischütz, was ich für so gar schwer nicht halte*. Hat meinen redlichen Willen die Welt über Gebühr als That hinausgepriesen, so mag dies Andern wenigstens ein Trost sein, daß die Welt weder so blind, noch so undankbar ist, als sie Viele gern schildern möchten; und daß ein ruhiges Fortschreiten auf der Bahn, die man für die rechte hält, sich gewiß belohnt.

Sehr danke ich Ihnen, verehrte Freundin, daß Sie nichts dagegen einschickten, denn lasse jedem seinen Glauben, und bewahre auch den eigenen. Sehen Sie das geachtete Haus M—, so sprechen Sie ihnen aus, wie ich über die Sache denke, obwohl ich voraussetze, daß sie mir nicht zutrauen, solche Aeußerungen könnten mich beunruhigen, oder gar in meiner Achtung für sie irre machen. Das ist ja eben das größste Unglück, daß man sich oft so schmählich muß loben lassen, und ich weiß auch fremdes Unglück zu würdigen, wie eigenes u. s. w.

Ihr
Weber.

Apparat

Zusammenfassung

(Auszug) W. habe den Artikel in der Eleganten Zeitung gelesen, der Mendelssohns Eltern betrüben müsse; dankt Chézy, dass sie keine Entgegnung eingeschickt habe

Incipit

Das Gequatsche in der Eleganten habe ich gelesen

Generalvermerk

Der Brief ist nur mit Jahresangabe 1822 datiert. Lt. Tagebuch erhielt Weber am 8. und 9. November Briefe von der Chézy, die er am 11. beantwortete, möglicherweise war der vorliegende Auszug aus diesem Brief entnommen. und wurde auch von Chézy in der NZfM nicht näher datiert. Dort findet sich noch folgende Bemerkung: „Nur diese Zeilen, ohne Datum von 1822 habe ich mir aus dem Original dieses Briefes von C. M. v. Weber ausgeschrieben, ich überließ es auf ihre Bitte der verehrten Familie M., die, wenn es ihr so gefallen sollte, den ganzen Brief veröffentlichen möge. Sie hatte mich ersucht, Weber’n in ihrem Namen über jenen Artikel zu schreiben, worauf diese Antwort erfolgte, die ich der Oeffentlichkeit nicht entziehen wollte, weil sie Weber’s Eigenthümlichkeit schön bezeichnet.“ Helmina von Chézy stand mit der Familie Mendelssohn in näherer Verbindung; vgl. dazu auch Waidelich, „Wer zog gleich aus der Manteltasche ein Opernsujet?“ Helmina von Chézys gescheiterte Libretto-Projekte für Felix Mendelssohn Bartholdy, in: Mendelssohn-Studien, Bd. 12 (2001), S. 149–177.

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Überlieferung

  • Textzeuge: Helmina von Chézy, Carl Maria von Weber's Euryanthe, in: Neue Zeitschrift für Musik, Jg. 13, Heft 10 (1. August 1840), S. 39

    Dazugehörige Textwiedergaben

    • Kopie von F. W. Jähns nach ED mit geringfügig abweichender Orthographie: D-B, Weberiana Cl. II B, 4. Nachtrag, Nr. 18, S. 957f.

Textkonstitution

  • „größste“sic!

Einzelstellenerläuterung

  • „… Das Gequatsche in der Eleganten“Vgl. Zeitung für die elegante Welt, Nr. 207, 22. Oktober 1822, Sp. 1655f.
  • „… so gar schwer nicht halte“Die Besprechung der Eleganten (s. o.) äußerte sich angesichts einer Aufführung des Händelschen Messias vom Frankfurter Cäcilienverein, bei welcher der 15-jährige Mendelssohn mitwirkte (er fantasierte während einer Pause auf dem Klavier), mit folgenden Worten: „Alte und kenntnißreiche Tonsetzer verstummten vor dieser Kunst und genialischen Schöpferkraft; allein dieses Verstummen ist eine Prophezeihung von des Knaben künftiger Größe. Kenner haben den ersten Akt einer Oper [d. i. Die beiden Neffen oder der Onkel aus Boston] vor sich gehabt, welche der junge Mendelsohn jetzt komponirt, und versichern, daß diese Alles hinter sich lasse, was die neuere Zeit in dieser Art erzeugt habe, in Hinsicht auf Charakteristik, Anlage, Ideenreichthum, wahre Empfindung und künstlerische Behandlung des Ganzen. Selbst der gepriesene Freischütz soll mit seinen Samielskugeln nicht zu dieser Sonne hinreichen.“

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