Carl Maria von Weber an Helmina von Chézy in Berlin
Dresden, Donnerstag, 28. November 1822

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Verehrte Freundin!

Sie haben mir viel Schönes geschikt. 1000 Dank dafür. ich habe nun Materialien in Menge. aber ganz wie es ist kann es nicht bleiben. ich bescheide mich gerne daß diejenigen deren Urtheil Sie es unterwarfen treffliche Dichter sein mögen, aber Musiker und Dramatiker sind sie wohl schwerlich.      Liebe Freundin ich wollte auch Sie auch recht dringend bitten, unser Werk nicht so Vielen mitzutheilen. Sie sind arglos. ich aber habe schon bittre Erfahrungen gemacht.      Man erlaubt sich Urtheile voraus, ohne ein Recht dazu zu haben, das nur aus dem Ganzen hervorgeht.      Sie haben meinen lezten Brief nicht recht gelesen oder meine Gründe nicht wichtig genug gefunden.      Adolar kann ja unmöglich die abgetretenen Unterthanen zu sich rufen. doch das sind Kleinigkeiten. ich werde nun Ihnen das Ganze schikken wie ich es am wirkendsten glaube.      Alles mit Gründen zu belegen würde mich Bücher schreiben machen.

Nun zur Beantwortung mancher Einzelnheit.

Ihre Nachgesendete Abkürzung der Szene zwischen Eury: und Adolar, hatte ich schon buchstäblich so vorgenommen. eben so hatte ich längst wieder das alte Gebet hergestellt; und freute mich sehr daß Sie nun Selbst auch es wollen. Lysiarts abführen zum Tode ist allerdings kalt. aber sein Fall durch Adolar, und Eglantines Selbstmord schnell darauf gewiß unangenehm wirkend. Lysiart muß Egl: tödten. und sich selbst noch dem Könige mit troz entgegen stellen, und allenfalls kämpfend sich durchschlagen wollend abgehen, damit wir ihn heldenmäßig bis zulezt halten, und doch seine Bestrafung hoffen können.      der Wahnsinn Eglantines war in der ersten Sendung trefflich, in der 2t schon viel zu breit und an Ophelien* errinnernd. mit dem Mondscheinlichte ist es auch nichts. haben Sie vergeßen daß der Akt so anfängt? das können wir nicht wiederholen. u: s: w:T

Mit großer Freude erfüllt mich die Hoffnung daß Sie bald wieder hieher kommen wollen.      Ich lege Ihnen hier eine Anweisung an den Musikhändler Schleßinger, auf die größere Hälfte der 75 rh: nehmlich auf 38 rh: bei. den Nahmen des Herrn dem ich die andere Hälfte zustellen soll kann ich nicht lesenT. Was ist Er? wo wohnt Er?* — Sie können glauben daß es mir jederzeit das größte Vergnügen sein wird, Ihnen Beweise meiner Achtung und wahrhaften Theilnahme zu geben, die ich beide als eine Pflicht ansehe.

Verzeihen Sie nur mein fragmentarisches Gekrazze, und den Tadel den ich mir erlaube, und der vielleicht gar unfreundlich aussieht, aber gewiß nicht so gemeint ist.      Gott gebe daß Gesundheit | der Ihrigen Sie bald wieder beruhige.      Mein Max leidet sehr am Zahnen. übrigens geht es mir beßer als ich erwarten konnte bei denen unglaublichen Fatiguen die ich habe. der arme Morlachi ist plözlich sehr erkrankt, und ich habe seine eigene Kantate dirigiren müßen*. Heute ist denn auch Roberts Festspiel mit meiner Musik im Theater.

Meine Frau und alle Freunde grüßen herzlichst, und und ich bin wie immer Ihr dankbarer Freund
CMvWeber.

Apparat

Zusammenfassung

die Urteile, die Chézy über die Euryanthe eingeholt habe, stammten von Dichtern, nicht Musikern oder Dramatikern; bittet sie, den Text vor Vollendung nicht zu sehr zu verbreiten; neue Kritik bestimmter Elemente (Adolars Rückkehr und Schluss der Oper betreffend); Freude über ihre bevorstehende Rückkehr nach Dresden; Finanzen und Privates

Incipit

Sie haben mir viel Schönes geschikt

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Überlieferung

  • Textzeuge: Krakau (PL), Uniwersytet Jagielloński. Biblioteka Jagiellońska (PL-Kj)
    Signatur: Slg. Varnhagen, MS. 273

    Quellenbeschreibung

    • 1 Bl. (2 b. S. o. Adr.)
    • am oberen Rand der Rectoseite von fremder Hand: „Carl Maria von Weber an Helmina von Chézy. Dresden 28. Nov. [1]822.“

    Dazugehörige Textwiedergaben

    • Chezy, H.v.: Carl Maria von Weber’s Euryanthe. Ein Beitrag zur Geschichte der deutschen Oper, in: NZfM 13.Jg., Nr. 10 (1. August 1840), S. 37–38
    • Anon.: Unveröffentlichte Briefe Carl Maria von Webers, in: Blätter der Staatsoper, Jg. 3, Heft 1 (Oktober 1922), S. 12–13
    • Worbs 1982, S. 98–99

Textkonstitution

  • „auch“durchgestrichen
  • „und“durchgestrichen

Einzelstellenerläuterung

  • „… zu breit und an Ophelien“Shakespeare: Hamlet.
  • „… ist Er? wo wohnt Er?“Zum gemeinten Herrn Richter vgl. den Brief an Helmina von Chézy vom 22. Dezember 1822.
  • „… seine eigene Kantate dirigiren müßen“Vgl. die Tagebuchnotizen vom 22. bis 25. November 1822.

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