Aufführungsbesprechung EA Leipzig: „Oberon“ von Carl Maria von Weber am 24. Dezember 1826 (Teil 2 von 3)

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(Fortsetzung.)

Das was diesem Werke dagegen bey den Deutschen im Wege steht, das trifft theils die ganze Gattung, die man Schauspiel mit Gesang nennen kann; eine Gattung, bey welcher es freylich im Einzelnen zufällig scheint, welche Theile und Situationen gerade musikalisch ausgeführt werden; theils die besondere Bearbeitung der Fabel und die Berücksichtigung der Verhältnisse der englischen Bühne, für welche das Werk zunächst bestimmt war. Hierher gehört folgendes: Obgleich man, im Ganzen genommen, die dramatische Behandlung der Fabel durch Planché nicht gerade ungeschickt nennen kann, so schadet es doch dem Eindrucke der herrlichen Musik, nach der man hier begierig ist, daß die Musikstücke durch langen prosaischen Dialog getrennt sind, so daß man den deutschen Theaterdirektionen rathen muß, denselben, wie hier geschehen, so viel als möglich zu kürzen, noch fehlerhafter ist, daß die Hauptpersonen nicht in Ensemblestücken handelnd zusammengebracht werden, sondern sich mehr lyrisch in Arien aussprechen, wodurch die höchste Wirkung dramatischer Charakteristik auf ähnliche Weise, wie im Freyschütz, entbehrt wird. Endlich ist es, in musikalischer Hinsicht, ein großer Uebelstand, daß unter den Hauptpartien kein eigentlicher Baß ist, was durch das Bühnenpersonal in London bestimmt wurde, und daß selbst die Partie des Oberon durch einen Tenor oder hohen Baß vorgetragen werden muß. Daß dadurch der Elfenkönig im leichten ätherischen Wesen verliert, ist keinem Zweifel unterworfen, und besser war es allerdings, wenn er in der alten Wranitzky’schen Oper zu einem Sopran gemacht und von einer Dame dargestellt wurde. In dem letzten Akt ist die Handlung gar zu sehr zusammengedrängt, alle Augenblicke wechselt die Scene; zwey neue Personen, die nicht entrathen werden konnten, werden eingeführt, und machen sich sehr breit als Episoden, der Emir von Tunis und Roschana; beyde singen nicht. Freylich nach vollbrachtem Zauber marschiert noch Carl der Große mit seinem Hofe während eines feyerlichen Marsches auf, sezt sich auf seinen Thron, und gibt das geprüfte Paar zusammen. Dieß Aufmarschiren macht sich nach dem verschwundenen Glanz der Feenwelt höchst prosaisch. Ich würde folgendes statt dessen vorschlagen. Nach den lezten Worten des Oberon, und während dieser langsam in die Luft verschwebt, müßte sich der Hintergrund verwandeln, und Carl der Große mit seinem Hofe sogleich sitzend erscheinen. So kann der prächtige Marsch, der für das Eintreten des Hofes bestimmt war, wenigstens ein Mal durchgespielt werden. Die Feenwelt kann aber im Vordergrund, das Bild im Hintergrunde noch einschließen; will man Karl den Großen dagegen ganz weglassen, so verliert man den genannten Marsch, und hat keinen musikalischen Schluß. Auf jeden Fall aber muß die Gestalt des an die Sage geknüpften Kaisers Karl auf eine imposante Weise dargestellt werden. – – Der Text ist hie und da seltsam, und der Gesang könnte sehr gewinnen, wenn man die deutsche Unterlegung geschmeidiger machen wollte. (Der Beschluß folgt.)

Apparat

Zusammenfassung

Aufführungsbesprechung Stadttheater Leipzig, „Oberon“ von Carl Maria von Weber am 24. Dezember 1826, Teil 2/3

Entstehung

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Schreiter, Solveig

Überlieferung

  • Textzeuge: Morgenblatt für gebildete Stände, Jg. 21, Nr. 9 (10. Januar 1827), S. 36

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