Ignaz Lachner an Friedrich Wilhelm Jähns in Berlin
Frankfurt am Main, Freitag, 17. Februar 1865

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Sehr geehrter Herr Musikdirektor!

Ihrem Wunsche gemäß übersende ich Ihnen hiemit die Partitur zu Carl Maria v: Webers Comischer Oper „Peter Schmoll und seine Nachbaren“. Ich habe dieselbe im Jahre 34 od: 35 von einem Antiquar in Stuttgart als untrügliches Manuskript käuflich an mich gebracht, und war somit bis zur jetzigen Stunde als der alleinige Besitzer der wirklichen Original Partitur zu glauben berechtigt. Der Umstand, daß Weber einige Jahre in Stuttgart verlebte, und die Bestättigung der dazumal noch lebenden einiger Musiker, welche Webers Handschrift genau kannten, daß diese Partitur, wenn auch nicht alle Nummern, doch der größere Theil derselben von seiner Hand geschrieben sei, mußten bei mir natürlich jeden Zweifel über deren Aechtheit benehmen. Nun höre ich, daß C. M. v: Webers Sohn in Dresden ebenfals im Besitz der Originalpartitur sei! Ist eine von den beiden falsch? oder soll sie Weber etwa zweimal geschrieben haben? Daß meine Partitur nicht von einem Copisten geschrieben sein konnte, überzeugt der erste Blick in dieselbe; die vielen coregirten Stellen sprechen dafür; der zweite Ackt ist allerdings sorgfältiger geschrieben, kann aber doch von keinem Copisten herrühren; unzweifelhaft ist, daß der darunter gelegte Text nur von einer und derselben Hand geschrieben sein konnte, und wie ich höre, soll der in der Dresdner Partitur fehlen!

Es ist zu bedauern, daß der Antiquar, von dem ich die Partitur gekauft habe, nicht mehr am Leben sein kann, da er dazumal schon ein sehr bejahrter Mann war; noch mehr bedauere ich aber, daß ich mich auf dessen Nahmen, trotz aller Anstrengung meines Gedächtnisses, nicht mehr erinnern kann; eine dunkle Ahnung sagt mir, daß er etwa Meyer hieße. Es wäre vielleicht der Mühe werth, nachzuforschen, ob dazumal /: von 31 bis zum Jahr 40 :/ ein solcher in Stuttgart existirte; vielleicht wäre unter dessen Nachlaß auch noch der Klavierauszug zu finden, ebenfals von Webers Hand geschrieben, den er mir auch zum Kauf angeboten hat.

Es ist sehr leicht denkbar, daß Weber bei seiner sehr eiligen Abreise von Stuttgart nur die nothwendigsten Gegenstände mit sich nehmen wollte, und diese Partitur mit mehreren ihn lästig scheinenden Sachen auf irgend einer Weise sich entledigen wollte, und vielleicht durch Zufall in die Hände des Antiquars gerathen sein mochte, von dem ich sie erstand; eine Vermuthung, die noch mehr an Wahrscheinlichkeit gewinnt, wenn W: die Partitur etwa zweimal geschrieben hätte, und die eine, als überflüßig, sich auf irgend einer Art entledigt hätte. Ein Vergleich mit der Dresdener Partitur wird wohl den Zweifel lüften, ob beide ächt, oder nur die eine.

Ich stelle Ihnen die Partitur zu Ihrer Disposition so lange Sie deren bedürfen, Sie haben auf keinen Zeitraum Rücksicht zu nehmen; kann aber nicht läugnen, daß ich auf das Ergebniß Ihrer Forschung fieberhaft gespannt bin, um dessen Mittheilung nach geschehener Untersuchung Sie freundlichst bittet Hochachtungsvoll
Ihr ganz ergebenster
IgLachner

Apparat

Zusammenfassung

übersendet die Partitur zu Peter Schmoll; an den Namen des Antiquars in Stuttgart, bei dem er sie vor 30 Jahren gekauft hat, erinnert er sich nicht mehr

Incipit

Ihrem Wunsche gemäß übersende ich Ihnen

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Überlieferung

  • Textzeuge: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Signatur: Mus. ep. I. Lachner 14

    Quellenbeschreibung

    • 1 DBl. (3 b. S. o. Adr.)

    Dazugehörige Textwiedergaben

    • Müller, Harald, Studien zu Leben und Werk Ignaz Lachners, Celle 1977, S. 13f.;
    • Schreiter, Solveig, „Geben Sie mir nur öfters Auftrege, dieselben werden jederzeit gern und prompt besorgt werden“. Der Briefwechsel zwischen Friedrich Wilhelm Jähns und Georg Eduard Goltermann, in: Weberiana 15 (2005), S. 66 (Auszug)

Textkonstitution

  • „hätte“durchgestrichen

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