Friedrich August Schulze an August Apel
Montag, 25. bis Mittwoch, 27. Mai 1812

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Die eigentliche reine Faulheit, mein theuerster Freund, ist die Ursache daß ich diesmal noch nicht an Sie geschrieben habe, so gern ich es auch schon längst gethan hätte. Und doch auch nicht bloße Faulheit. Denn ob ich schon mehrere Tage her große Pausen im Arbeiten gemacht, so habe ich doch zuvor desto mehr Buchstaben aufs Papier geworfen, für das Kollegium sowohl als den Druck, und es ist auch hierin wie in allen andern Dingen, man bekommt einen Widerwillen gegen die Buchstabenwelt, wenn man sich in ihr zu sehr übernommen hat.

Zugleich erhalten Sie hierbei das fertig gewordene Bändchen erzählungen, von welchem zwei Stücke | bereits bekannt sind. Der Titel ist überfüllt und soll so vielleicht gewissermasen der Leerheit des Buches zur Ausgleichung dienen*.

Wir leben jezt hier bei ganz exzellentem Winterwetter. Dafür werden wir durch allerlei Feierlichkeiten entschädigt. Vorige Woche waren die hohen Gäste des Königs in der Oper*. Gestern war Conzert im großen Opernhause und gestern füh hielt der Erzbischof von Mecheln* im Beiseyn des Kaisers und der Kaiserin Hochamt. Es war ein Wunder bei der Volksmenge auf einen Plaz gekommen, wo man ihn sehen konnte. Ich besonders habe | bei dergl. Gelegenheiten entsezliches Unglück und bekomme das was alle andern Menschen gewöhnl. zu sehen kriegen gewöhnlich nicht zu sehen. Wider Vermuthen gelang es mir aber diesmal, was mir sehr erwünscht war. Auch habe ich mit Hülfe meiner Brille gesehen, daß der Kaiser sehr gesund und stark aussah.

Und nun, mein Theuerster, sagen Sie mir doch, ob Sie die übrigen Erzählungen bereits an Göschen geschickt haben, die zum Gespensterbuche 4n Thl. gehören. Wenn es noch nicht geschehen ist, so thun Sie’s doch nächstens, damit die Mannichfaltigkeit im Buche erhalten werden kann, u. G. | nicht gezwungen wird, das Publikum durch eine Reihe von meinen Sachen zu ermüden. Auf eine schlechte Erzählung von mir eine gute allezeit von Ihnen so macht sich die Sache besser. —

Troz der in der That ganz trostlosen Zeit für den Buchhandel arbeite ich jezt sehr fleißig an einem kleinen Romane*, der vermuthlich bei Hinrichs* erscheinen wird. Dann werde ich ernstlichst auf die künftigen Erzählungen denken, die wir miteinander verabredet haben, und weiß auch schon ein Paar recht gute Sujets, wovon das eine, meine Diplomatische Laufbahn heißen soll*.

Ich bitte Sie mich Ihrer Frau Gemahlin zu empfehlen und mich ein wenig lieb zu behalten. Herzlichstder Ihrige
Schulze

d. 27. Gestern Vormittags ist auch noch der König von Preußen hier eingetroffen*.

Die Beilage ersuche ich Sie, baldigst abgeben zu lassen.

Apparat

Zusammenfassung

entschuldigt sein langes Schweigen mit Faulheit und doch auch wieder nicht mit bloßer Faulheit; schickt ihm ein Bändchen Erzählungen, von denen Apel schon zwei bekannt sind; berichtet vom Besuch des französischen Kaiserpaars in Dresden; fragt ihn, ob seine für den 4. Teil des Gespensterbuchs bestimmten Erzählungen inzwischen beim Verlag seien; er arbeite z. Zt. an einem kleinen Roman, der bei Hinrichs erscheinen soll; danach wird er sich ihrem neuen Projekt widmen

Incipit

Die eigentliche, reine Faulheit, mein theuerster Freund, ist die Ursache

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Eveline Bartlitz

Überlieferung

  • Textzeuge: Ermlitz (D), Apelsche Kulturstiftung

    Quellenbeschreibung

    • 1 DBl. (4 b. S.)

    Provenienz

    • bis zur Rückübereignung 2003 in der Universitäts- und Landesbibliothek Halle, Ms 600 (706)
    • Ermlitz, Apelscher Familienbesitz (1945/46 im Rahmen der Bodenreform enteignet)

Textkonstitution

  • „gekommen,“sic!
  • V„v“ überschrieben mit „V
  • unleserliche Stelle
  • „… von Preußen hier eingetroffen .“Text am Rand Bl. 1r unten
  • „… Sie, baldigst abgeben zu lassen.“Text quer zur Schriftrichtung am linken Rand von Bl. 2v.

Einzelstellenerläuterung

  • „… des Buches zur Ausgleichung dienen“Offenbar handelt es sich um das Bändchen Der | Polizeidirektor, | das | geheimnißvolle Verhängniß | und | das Abentheuer des Barons v. ***. | Drey Geschichten | erzählt | von | Friedrich Laun, Leipzig: Hinrichs, 1812, dessen langer Titel tatsächlich das komplette Titelblatt ausfüllt.
  • „… des Königs in der Oper“Laut Hoftagebuch am 20. Mai; gegeben wurde Sargino.
  • „… hielt der Erzbischof von Mecheln“Erzbischof von Mecheln war von 1808/09 bis 1815 Dominique Dufour de Pradt (1759–1837).
  • „… fleißig an einem kleinen Romane“Friedrich Laun, Freierei und Drangsale des Doctors Schwefelleber nebst einem Anhange von den Brautbetten und von der Pastete, Leipzig: Hinrichs, 1813.
  • „… , der vermuthlich bei Hinrichs“Johann Conrad Hinrichs (1763–1813) Buchhändler und Verleger in Leipzig.
  • „… meine Diplomatische Laufbahn heißen soll“Abgedruckt in: Morgenblatt für gebildete Stände, Jg. 7, Nr. 3 (4. Januar 1813), S. 9–11, Nr. 4 (5. Januar 1813), S. 13f., Nr. 5 (6. Januar 1813), S. 18f., Nr. 6 (7. Januar 1813), S. 21f. und Nr. 7 (8. Januar 1813), S. 26–28 sowie in Der Sammler. Ein Unterhaltungsblatt, Jg. 5, Nr. 35 (2. März 1813), S. 137–139, Nr. 36 (4. März 1813), S. 141–143, Nr. 37 (6. März 1813), S. 145–147 und Nr. 38 (7. März 1813), S. 149–151.
  • „… König von Preußen hier eingetroffen“Laut Hoftagebuch traf der preußische König am Dienstag, den 26. Mai 1812, „Vormittags 11 Uhr […] in der hiesigen Residenz ein“ und erhielt Zimmer im Taschenbergpalais.

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