Friedrich August Schulze an August Apel
Dresden, Donnerstag, 24. Februar 1814

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Noch vorgestern, mein Theurerster, fragte ich den Doktor Volkmann*, den ich in der Harmonie traf, nach Ihrem Wohlseyn, doch konnte er mir nichts davon sagen, wenigstens nichts Bestimmtes; daher glaube ich denn daß es noch so gut seyn mag, als Ihr lezter lieber Brief vom vorigen Monat es, troz allem Ungemach, ankündet, gut.

Kind und ich sind neuerlich mehrere Mal mit einander gewesen, und da ist auch Ihrer allemal freundschaftlich gedacht worden.

Uebrigens haben wir Dresdener wahrlich nicht weniger gelitten, als die Einwohner von Leipzig. Nach allen Aussagen von Augenzeugen ist auch unsere Gegend in einem sehr weitem Umkreise viel mehr verwüstet als die Ihrige, was auch ziemlich natürlich ist, da der | Stand der französischen Armee weit länger hier aushielt als bei Ihnen, und die Irrfahrten Napoleons von Bauzen bis Pirna und weiter immer feurige Spuren zurückließen*. —

Das ist aber doch nicht halb recht, daß Sie Sich vor der Hand den Musen so ganz verläugnen wollen. Selbst bei Ihren, ich glaube es, sehr anhaltenden Geschäften, müßte es doch wohl schöne, freie Stunden für jene heiligen Damen geben. Leider mögen wohl die irdischen zu viel davon an sich ziehen. Wenigstens glaube ich, daß jede Fahnenabholung u dergleichen, Ihrem Herzen zu einigem Nachtheile gereichen mag.

Eine Metrik also auf Ostern?* | Da nehmen Sie Sich aber nur immer den Harnisch zur Hand. Denn Gottfried Herrmann, den Sie ohnfehlbar etwas dabei angreifen werden*, scheint mir ein kampflustiger Geselle zu seyn. Daß Sie ihn gebührend empfangen werden, ist indessen gewis.

Jezt eben lese ich ein Bändchen Erzählungen von Fouque das im J. 12 erschienen ist*. Die beiden ersten*, mit denen ich fertig bin, scheinen mir sehr ausgezeichnet. Vorigen Winter kommunizirte mir der Komponist einer von ihm (Fouque) nach der Undine bearbeiteten Oper diese im Mspt. die mir weit besser noch als die Erzählung gefallen hat. Wahrlich das muß eine treffliche Oper werden. Hofmann bei J. Sekonda komponirt sie.

Ich habe in diesem Augenblicke wie|der einmal großen Hang zu einer Gespenstergeschichte und werde, wenn das Glück wohl will, sie morgen früh anfangen.     Machen Sie doch, theurer Freund, auch etwas Aehnliches und lassen Sie uns dann wieder einmal das Publikum mit etwas Gemeinschaftlichem — — resp beschenken und heimsuchen.

Denken Sie übrigens recht bald mit einem Briefchen an mich. Von Herzen der Ihrige
Schulz.

Vom Gespensterbuche ist eine Art Uebersezung in Paris erschienen, die den Titel Fantasmagoriana führt*. Nur den ersten Theil habe ich gelesen, der Ihre Bilder der Ahnen, Musäus stumme Liebe und den Todenkopf von mir enthält*.

Apparat

Zusammenfassung

Redet ihm sehr zu, doch ja wieder etwas zu schreiben. „[…] Jetzt eben lese ich ein Bändchen Erzählungen von Fouque, das im J. 12 erschienen ist. Die beiden ersten, mit denen ich fertig bin, scheinen mir sehr ausgezeichnet. Vorigen Winter kommunizirte mir der Komponist einer von ihm (Fouqué) nach der Undine bearbeiteten Oper diese im Mscpt die mir weit besser noch als die Erzählung gefallen hat. Wahrlich das muß eine treffliche Oper werden. Hofmann bei J. Sekonda komponirt sie. […]“

Er hat wiederum Lust zu einer neuen Gespenstergeschichte und wird sie am folgenden Tag anfangen. Vom Gespensterbuch ist eine Art Uebersezung, in Paris erschienen, die den Titel Fantasmagoriana führt. Nur den ersten Theil habe ich gelesen, der Ihre Bilder der Ahnen, Musäus stumme Liebe u den Totenkopf von mir enthält.

Incipit

Noch vorgestern, mein Theurerster, fragte ich den Doktor Volkmann,

Überlieferung

  • Textzeuge: Ermlitz (D), Apelsche Kulturstiftung

    Quellenbeschreibung

    • 1 DBl. (4 b. S.)

    Provenienz

    • bis zur Rückübereignung 2003 in der Universitäts- und Landesbibliothek Halle, Ms 600 (716)
    • Ermlitz, Apelscher Familienbesitz (1945/46 im Rahmen der Bodenreform enteignet)

Textkonstitution

  • r„R“ überschrieben mit „r
  • den„die“ überschrieben mit „den
  • „… mit etwas Gemeinschaftlichem — —“gestrichenes Wortfragment

Einzelstellenerläuterung

  • „… fragte ich den Doktor Volkmann“Johann Wilhelm Volkmann (1772–1856), Doktor beider Rechte und Mitglied des Leipziger Rats.
  • „… weiter immer feurige Spuren zurückließen“Schulze bezieht sich auf die Gefechte der napoelonischen Armee gegen die alliierten Truppen 1813 nach der Schlacht bei Bautzen (21./22. Mai), vor allem den Herbstfeldzug mit der Schlacht bei Dresden (26./27. August) bis zur Völkerschlacht bei Leipzig (16. bis 19. Oktober).
  • „… Eine Metrik also auf Ostern?“August Apels zweibändige Metrik erschien 1814 bei Weygand in Leipzig. Die Vorrede von Bd. 1 ist mit 5. März 1814 datiert. Ostern fiel 1814 auf den 10./11. April.
  • „… ohnfehlbar etwas dabei angreifen werden“Der Leipziger Philologe Professor (Johann) Gottfried (Jakob) Hermann (1772–1848) hatte 1799 sein Handbuch der Metrik bei Gerhard Fleischer d. J. in Leipzig veröffentlicht.
  • „… im J. 12 erschienen ist“Fouqués Erzählungen waren 1812 bei Julius Eduard Hitzig in Berlin erschienen.
  • „… ist . Die beiden ersten“Die Güter in Valencia und Die vierzehn glücklichen Tage.
  • „… die den Titel Fantasmagoriana führt“Fantasmagoriana ou Recueil d’Histoires d’Apparitions du Spectres, Revenans, Fantômes, etc.; Traduit de l’allemand, par une Amateur [d. i. Jean-Baptiste Benoît Eyriès], 2 Bd., Paris: F. Schoell, 1812.
  • „… den Todenkopf von mir enthält“Nur Der Todtenkopf (La Tête de Mort) stammt aus dem Gespensterbuch (Bd. 1), Die Bilder der Ahnen (Portraits de Famille) von Apel aus den von Friedrich Kind herausgegebenen Malven (1805, Bd. 1; Wiederabdruck 1810 in Apels Cicaden, Bd. 1) und Stumme Liebe (L’Amour Muet) aus Musäus’ Volksmährchen der Deutschen (Bd. 4). Von den fünf in Bd. 2 publizierten Übersetzungen stammen allerdings vier Vorlagen (drei von Schulze, eine von Apel) aus den ersten beiden Bänden des Gespensterbuchs.

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