Caroline von Weber an Friedrich Wilhelm Jähns in Berlin
Dresden, erhalten Donnerstag, 16. November 1837

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Dem Sohn Wilhelm

Fast, mein lieber Sohn, mögte ich ein wenig böse werden, dass Sie mich zwingen jeden, aber auch jeden Brief an Sie, mit Dank beginnen zu müssen – Wie soll ich es denn nur machen um ein wenig Abwechslung hinein zu bringen? ich muss es diesmal warlich machen wie jener herausgerufene Schauspieler, der sagte „Mein Dank hat keine Worte![] Mir geht es wirklich so! – Was soll ich sagen? wie soll ich danken für Ihre wahrhaft kindliche Liebe und Aufopferung? Ich bitte Euch lieben Leute, seit nicht gar so gut und lieb, sonst laufe ich nächstens aus Dresden fort, und komme zu Euch, und dann könnt Ihr sehen was Ihr mit Mutter Weber macht. — — Nein, im Ernst mein guter Jähns indem ich nun die Mühe übersehe die Sie für uns hatten, legt sich mir das Riesenwerk wie eine Last auf die Seele und ich sage mir des Tages 1000mal, der gute gute Jähns womit kannst du ihm das nur je vergelten? Gelingt das Werk, so sind eigendlich Sie der Schöpfer, denn ohne Sie wäre die Sache nie zu Tage gefördert worden, und ich hätte es dem M… auch kaum verdacht wenn er diese Mühe der Entzifferung gespart hätte. Mad. Beer, welche lange hier war, der ich die Partitur zeigte, konnte sich nicht wundern genug, wie aus den paar Läppchen*, ein so stattliches Werk hat werden können. Sie meinte auch, ihr Sohn werde nun gern ans Werk gehen. Gebe es Gott! Alles was Sie dazu geschrieben, Anmerkungen p. p. finde ich gar gut und zweckmässig und ich freue mich unendlich darauf einmal an Klavier die Sache wieder zu hören. Rothe hat mir versprochen in diesen Tagen zu kommen und es durch zu spielen. Der gute Mann war auch sehr sehr erfreut über Ihr Werk, und hat mir aufgetragen auch in seinen Namen Ihnen zu danken. Ja mein guter Sohn, wenn Ihnen das ein Lohn sein kann dass gute Menschen es herzlich anerkennen was Sie gethan, so bleibt gewiss Ihr Herz nicht ganz unbefriedigt, denn aus den beyliegenden Zeilen sehen Sie auch, dass unser guter Lichtenstein Sie täglich lieber gewinnt und es zu würdigen weiss was Sie geleistet. Wer den Beifall solcher Männer sich erringt den mögen immer die kleinen Recensenden Hunde ein bischen anbellen, das schadet gar nicht und möge Ihnen auch nicht einen trüben Augenblick machen. Bitte, bitte, guter Jähns legen Sie solchen Geschreibsel keine Wichtigkeit bei, denn kennten Sie immer die Quelle aus der dieser Schlamm fliesst, Sie würden sich schämen dass Sie sich darüber ärgern konnten. Ihr Weg ist gut, Ihr Weg ist der Rechte, also fort darauf! Die Guten erkennen es, die Bösen werfen Steine in den Weg, so muss es sein. Der soll noch geboren werden dem es besser ging. Dass es mit Ihrer Gesundheit besser geht freut mich sehr und ich glaube wirklich die Freude am kleinen Max, ist die Arzenei die da geholfen hat. Möge er Ihnen ferner alle Tage eine tüchtige Portion davon eingeben.

Aus unsern Geschäft mit Herrn Schlesinger scheint nicht viel werden zu wollen*, villeicht bin ich glücklicher mit dem Verkauf der Sachen. Es hat nehmlich vor Kurzem aus Hamburg Jemand angefragt ob nichts Ungestochenes mehr von Weber vorhanden sei*. Man wünscht es zu haben, und würde es gut bezahln. Ich bitte Sie daher Herrn S. ganz kurz zu fragen ob er die Sache kaufen will, wo nicht, sie mir zurück zu senden damit ich darüber verfügen kann.

Nun bitte ich aber auch noch mal guter Sohn mich wissen zu lassen was Sie für Auslagen bei den Pintos hatten*, denn wer seine Schulden bezahlt verbessert seinen Hausstandt. Nur bey Ihnen haüfen sich meine Schulden Täglich, und ich kann nur abzahlen mit inniger Liebe und herzlichen herzlichen Dank.

Ich umarme Euch und den kleinen Max 1000mal. Stets Eure
Treue Mutter Weber.

Editorial

Summary

dankt J. für die Anfertigung der Partitur aus den Pinto‑Skizzen, auch Mad. Beer war beeindruckt davon und meinte, dass ihr Sohn nun gern ans Werk gehen werde, schickt ihm ein Zitat aus einem Brief Lichtensteins an sie, in dem er sich ebenfalls lobend über die Arbeit von Jähns ausspricht; bedauert, dass aus dem Geschäft mit Schlesinger nichts zu werden scheint, sie hat ein Angebot aus Hamburg auf die noch ungestochenen Werke, J. möchte S. fragen, ob er sie kaufen möchte, wenn nicht, bittet sie um Rücksendung

Incipit

Fast, mein lieber Sohn, mögte ich ein wenig

Responsibilities

Übertragung
Frank Ziegler, Eveline Bartlitz

Tradition

  • Text Source: Dresden (D), Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek (D-Dl)
    Shelf mark: Mscr. Dresd. App. 2097, 28

    Physical Description

    • masch. Übertragung nach dem verschollenen Original (Nr. 29a des Konvoluts)
    • 3 S.
    • am Kopf die Notiz: “Empfangen den 16. Nov. 37.”

    Corresponding sources

    • MJ, S. 145 (Auszug)
    • Weberiana 27 (2017), S. 63-65 (Auszug)

    Commentary

    • “… wie aus den paar Läppchen”Gemeint sind Webers Entwürfe zur Oper Die drei Pintos.
    • “… nicht viel werden zu wollen”Die Publikation ungedruckter „Nachgelassener Werke“ Webers kam erst 1839/40 im Verlag Schlesinger zustande.
    • “… mehr von Weber vorhanden sei”Der Hamburger Vermittler des nicht zustande gekommenen Verlagsgeschäfts war Carl Gustav Rotter, der dort seine Lehre im Musikalienhandel absolvierte; vgl. den Brief Caroline von Webers vom 3. März 1838.
    • “… Auslagen bei den Pintos hatten”Ausgaben für die Anfertigung einer Kopie der Entwürfe Webers in Partiturform zum Ausfüllen der „Lücken“.

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